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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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stand auf, verkniff das Gesicht und versuchte mich zu recken, um etwas Leben in den Rücken zu bekommen. Ich spielte mit dem Gedanken, in die Küche zu gehen, mir etwas Toast zu holen und meinen morgendlichen Spaziergang zu machen. Dann schaute ich auf die vollgekritzelten Seiten, die auf dem Schreibtisch verstreut waren. Plötzlich entschied ich mich, den Spaziergang zu verschieben. Ich hatte eine Aufgabe, ja, aber sie konnte warten, und ich fühlte mich an diesem Morgen nicht danach, mit Brad Dolan Verstecken zu spielen.
    Statt zu spazieren, wollte ich meine Geschichte beenden. Manchmal ist es besser, man zwingt sich, ganz gleich, wie sehr Verstand und Körper protestieren mögen. Manchmal ist das die einzige Möglichkeit, etwas durchzuziehen. Und ich erinnere mich, dass ich an diesem Morgen verzweifelt wünschte, mich von John Coffeys hartnäckigem Geist befreien zu können.
    »Okay«, sagte ich. »Noch eine Meile. Aber zuerst …«
    Ich ging runter zur Toilette am Ende des Flurs im ersten Stock. Als ich auf dem Klo Wasser ließ, blickte ich zufällig zum Rauchmelder an der Decke. Das ließ mich an Elaine denken und wie sie Dolan gestern abgelenkt hatte, damit ich spazieren gehen und meine kleine Aufgabe erledigen konnte. Ich beendete das Pinkeln mit einem Grinsen.
    Dann kehrte ich in den Wintergarten zurück und fühlte mich besser (und viel behaglicher in meinen unteren Regionen). Jemand – zweifellos Elaine – hatte eine Kanne Tee neben meine Seiten gestellt. Ich trank gierig zwei Tassen Tee, bevor ich mich hinsetzte. Dann nahm ich meinen Platz wieder ein, schraubte den Füllfederhalter auf und begann wieder zu schreiben.
    Ich hatte mich gerade ganz in die Geschichte vertieft, als ein Schatten auf mich fiel. Ich blickte auf und hatte ein flaues Gefühl im Magen. Brad Dolan stand zwischen mir und den Fenstern. Er grinste.
    »Ich habe deinen morgendlichen Spaziergang vermisst, Paulie«, sagte er. »Da dachte ich mir, geh mal zu ihm und sieh nach, was los ist. Er wird doch nicht, du weißt schon, krank sein.«
    »Du hast ein großes Herz«, sagte ich. Meine Stimme klang in Ordnung – bis jetzt jedenfalls -, aber mein Herz klopfte schnell. Ich hatte Angst vor ihm, und das nicht erst jetzt. Er erinnerte mich an Percy Wetmore, und vor dem hatte ich nie Angst … aber als ich Percy kennenlernte, war ich jung gewesen.
    Brads Lächeln wurde breiter, aber noch unangenehmer.
    »Die Leute sagen mir, du warst die ganze Nacht hier, Paulie, und hast an deinem kleinen Aufsatz geschrieben. Nun, das ist einfach nicht gut. Alte Fürze wie du brauchen ihren Schönheitsschlaf.«
    »Percy …«, begann ich, dann sah ich sein Stirnrunzeln und erkannte meinen Fehler. Ich atmete tief durch und begann von Neuem. »Brad, was hast du gegen mich?«
    Er blickte einen Moment lang verwundert drein, vielleicht ein bisschen verstört. Dann grinste er wieder. »Alterchen, es könnte sein, dass mir deine Visage einfach nicht gefällt. Was schreibst du überhaupt? Dein Testament? Deinen Letzten Willen und Testikel?«
    Brad kam näher, verrenkte den Hals. Ich schlug die Hand auf die Seite, an der ich gearbeitet hatte. Die restlichen Seiten raffte ich mit der freien Hand zusammen und verkrumpelte einige in meiner Hast, sie unter den Arm und in Deckung zu bringen.
    »Nun«, sagte Brad, als spräche er mit einem Kleinkind, »das wird nicht klappen, du altes Herzchen. Wenn Brad gucken will, dann guckt Brad auch. Darauf kannst du verdammt noch mal wetten.«
    Seine Hand, jung und scheußlich stark, umschloss mein Handgelenk und drückte es. Schmerz grub sich wie Zähne in meine Hand, und ich stöhnte.
    »Lass mich los«, krächzte ich.
    »Sobald ich es mir ansehen darf«, erwiderte Brad, und er lächelte nicht mehr. Sein Gesicht war jedoch heiter, die Art Heiterkeit, die man nur auf Gesichtern von Leuten sieht, denen es Spaß macht, gemein zu sein. »Lass sehen, Paulie. Ich will wissen, was du schreibst.« Er zog meine Hand von der obersten Seite weg. Von unserem Ausfug mit John Coffey zurück durch den Tunnel unter der Straße. »Ich will sehen, ob es etwas mit deinen Spaziergängen zu tun hat …«
    »Lassen Sie diesen Mann in Frieden!«
    Die Stimme klang wie ein Peitschenknall an einem trockenen, heißen Tag … und Brad Dolan zuckte zusammen, als hätte die Peitsche seinen Hintern getroffen. Er ließ meine Hand los, die sofort auf meine Seiten fiel, und wir blickten beide zur Tür.
    Dort stand Elaine Connelly und sah frischer und kräftiger aus

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