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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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eine Welt erschaffen konnte, in der das Ausscheiden von einem bisschen Flüssigkeit solche schrecklichen Schmerzen hervorrief.
    Ich sagte mir, dass ich mich krankmelden und doch zu Dr. Sadler gehen würde. Ich konnte den Geruch und die Nebenwirkungen – zum Beispiel Übelkeit – von Dr. Sadlers Sulfonamidtabletten nicht ausstehen, aber alles würde besser sein, als neben einem Holzstapel zu knien und Schreie zu unterdrücken, während mein Penis meldete, dass er offenbar mit Petroleum überschüttet und angezündet worden war.
    Als ich dann in unserer Küche Aspirin schluckte und Jan leise im Schlafzimmer schnarchen hörte, fiel mir ein, dass an diesem Tag William Wharton in Block E eintreffen und Brutal nicht da sein würde. Brutal arbeitete laut Dienstplan in einem anderen Teil des Gefängnisses, half beim Umzug der Bücherei und übrig gebliebener Einrichtung der Krankenstation in das neue Gebäude. Trotz meiner Schmerzen wollte ich Wharton nicht Dean und Harry überlassen. Sie waren gute Männer, aber in Curtis Andersons Bericht stand, dass William Wharton außergewöhnlich gefährlich war. Diesem Mann ist einfach alles egal, hatte er geschrieben und dick unterstrichen.
    Aber der Schmerz hatte etwas nachgelassen, und ich konnte denken. Ich hielt es für die beste Idee, früh zum Gefängnis zu fahren. Ich konnte um sechs dort sein, zu der Zeit, in der Direktor Moores für gewöhnlich eintraf. Er konnte Brutus Howell lange genug für Whartons Empfang zum Block E zurückbeordern, und ich wollte danach meinen lange überfälligen Besuch beim Arzt machen. Cold Mountain lag praktisch auf meinem Weg.
    Auf der zwanzig Meilen langen Fahrt zum Gefängnis überkam mich zwei Mal ein plötzlicher Harndrang. Beide Male konnte ich am Straßenrand stoppen und das Problem lösen, ohne dass es peinlich für mich wurde (wenigstens herrschte zu dieser frühen Stunde auf der Landstraße so gut wie kein Verkehr). Keine dieser beiden Entleerungen war so schmerzhaft wie die auf dem Weg zum Klo, die mich von den Beinen geholt hatte, aber beide Male musste ich mich an den Türgriff meines kleinen Ford Coupes klammern, um nicht auf die Knie zu gehen, und ich spürte, wie Schweiß über mein heißes Gesicht rann. Ich war krank, ja, so richtig krank.
    Ich schaffte es jedoch, durch das Südtor in den Gefängniskomplex zu fahren und an meinem üblichen Platz zu parken, und dann machte ich mich sofort auf den Weg zum Direktor. Es ging auf sechs Uhr zu. Miss Hannahs Büro war verwaist – sie würde erst zu einer relativ zivilisierten Zeit, so gegen sieben, eintreffen -, aber in Moores’ Büro brannte Licht; ich sah es durch die Milchglasscheibe. Ich klopfte flüchtig an und öffnete die Tür. Moores blickte auf, erschreckt, jemanden zu dieser ungewöhnlichen Stunde zu sehen, und ich hätte viel darum gegeben, nicht derjenige zu sein, der ihn mit einem so schutzlosen und nackten Gesicht ertappt hatte. Sein weißes Haar, normalerweise sorgfältig gekämmt, stand wirr ab, und er strich sich gerade mit den Fingern durch es hindurch, als ich eintrat. Seine Augen waren gerötet, das Gesicht war geschwollen. Seine Schüttellähmung war schlimmer, als ich sie jemals gesehen hatte; er sah aus wie ein Mann, der soeben von einem langen Spaziergang durch eine schrecklich kalte Nacht zurückgekehrt war.
    »Hal, entschuldige, ich komme später …«, begann ich.
    »Nein«, unterbrach er mich. »Bitte, Paul, komm rein. Kommen rein, und schließ die Tür. Ich brauche jetzt jemanden. Wenn ich jemals in meinem ganzen Leben jemanden gebraucht habe, dann jetzt. Komm rein, und schließ die Tür.«
    Ich tat, was er von mir verlangte, und vergaß zum ersten Mal nach dem Erwachen an diesem Morgen meine Schmerzen.
    »Es ist ein Gehirntumor«, begann Moores. »Die Arzte haben Röntgenaufnahmen davon. Sie waren anscheinend sehr zufrieden mit den Bildern. Einer von ihnen sagte, es seien die besten, die sie jemals gehabt hätten, jedenfalls bis jetzt; er sagte, sie werden sie in einer großen ärztlichen Fachzeitschrift in Neuengland veröffentlichen. Der Tumor ist so groß wie eine Zitrone, sagten sie, und geht tief nach innen, wo sie nicht operieren können. Sie sagten, dass sie bis Weihnachten tot sein wird. Ich habe es ihr nicht erzählt. Ich wüsste nicht, wie. Ich weiß es beim besten Willen nicht.« Dann begann er zu weinen, und sein Schluchzen und Heulen erfüllte mich mit Mitleid und einer Art Entsetzen – wenn ein Mann, der sich stets so sehr beherrscht wie

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