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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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John Coffey an, der auf der Pritsche saß und seine gewaltigen Hände auf die baumstumpfartigen Knie stützte. John Coffey erwiderte meinen Blick. Er musste den Kopf ein wenig anheben, aber nicht viel.
    »Was hast du gemacht, großer Junge?«, fragte ich leise. »Was hast du mit mir gemacht?«
    »Geholfen«, sagte er. »Ich habe dabei geholfen, nicht wahr?«
    »Klar, schätze schon,, aber wie? Wie hast du mir geholfen?«
    Er schüttelte den Kopf auf seine typische Art nach rechts, nach links und zurück zur Mitte. Er wusste nicht, wie er mir geholfen hatte (wie er mich geheilt hatte), und seine gelassene Miene ließ darauf schließen, dass es ihm auch völlig egal war – so egal, wie mir die Mechanik des Laufens war, wenn ich bei einem Zwei-Meilen-Lauf am 4. Juli auf den letzten fünfzig Yards in Führung lag. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn zu fragen, woher er überhaupt gewusst hatte, dass ich krank gewesen war, doch er hätte zweifellos mit dem gleichen Kopfschütteln geantwortet. Es gibt eine Redewendung, die ich irgendwo gelesen und nie vergessen habe, etwas über »ein Rätsel, das in einem Geheimnis verborgen ist«. Das traf auf John Coffey zu, und ich nehme an, er konnte nachts nur deshalb schlafen, weil es ihm egal war. Percy bezeichnete ihn als Idioten, was hart, aber nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt war. Coffey, unser großer Junge, kannte seinen Namen und wusste, dass er anders geschrieben wurde als das Getränk, und das war so ziemlich alles, was ihn interessierte.
    Als wollte er mir das bestätigen, schüttelte er ein weiteres Mal auf diese bedächtige Art den Kopf und legte sich dann mit dem Gesicht zur Wand, die Hände wie ein Kissen unter seiner linken Wange, auf die Pritsche. Seine Beine hingen vom Schienbein an über die Pritsche hinaus, aber das störte ihn anscheinend nicht. Sein Hemd war am Rücken hoch gerutscht, und ich konnte die Narben sehen, die seine Haut überzogen.
    Ich verließ die Zelle, schloss die Tür wieder ab und wandte mich Delacroix zu, der schräg gegenüber auf der anderen Seite des Gangs stand, die Hände um die Gitterstäbe seiner Zelle klammerte und mich erwartungsvoll anschaute. Vielleicht sogar furchtsam. Mr. Jingles kauerte auf seiner Schulter, und seine feinen Barthaare zuckten. »Was hat diese schwarze Mann mit Ihnen getan?«, fragte Delacroix. »War es Gris-Gris-Zauber?’at er Gris-Gris auf Boss geworfen?« Bei seinem Cajun-Akzent reimte sich Gris-Gris auf Pipi.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, Del.«
    »Ach, zum Teufel! Sehen Sie sich an! Alles verändert. Sogar gehen anders, Boss!«
    Ich ging vermutlich tatsächlich anders. Es herrschte ein wunderschönes Gefühl der Ruhe in meinem Unterleib, ein so bemerkenswertes Gefühl des Friedens, dass es an Verzückung grenzte – jeder, der sich schon mal von derartig schlimmen Schmerzen erholt hat, wird wissen, wovon ich rede.
    »Es ist alles in Ordnung, Del«, beteuerte ich. »John Coffey hatte einen Albtraum, das ist alles.«
    »Er ist Gris-Gris-Mann!«, sagte Delacroix heftig. Schweißperlen standen auf seiner Oberlippe. Er hatte nicht viel gesehen, gerade genug, um sich zu Tode zu erschrecken. »Er ist Hoodoo-Voodoo-Mann!«
    »Wie kommst du darauf?«
    Delacroix griff auf die Schulter und nahm die Maus in die Hand. Er hielt sie in der Handfläche und hob sie an sein Gesicht. Mit der freien Hand nahm Delacroix etwas Kleines, Rosafarbenes aus der Hosentasche – eines dieser Pfefferminzbonbons. Er hielt es hoch, doch zuerst ignorierte es die Maus, streckte stattdessen den Kopf zu dem Mann hin und schnüffelte an seinem Atem, wie ein Mensch vielleicht an einem Blumenstrauß riecht. Seine kleinen schwarzen Augen schlossen sich fast mit einem Ausdruck der Verzückung. Delacroix küsste die Nase der Maus, und die Maus ließ zu, dass ihre Nase geküsst wurde. Dann nahm sie das angebotene Pfefferminzbonbon und begann zu mampfen. Delacroix sah der Maus noch einen Augenblick lang zu und schaute dann mich an. Und plötzlich kapierte ich es.
    »Mr. Jingles hat es dir geflüstert«, sagte ich. »Ist das richtig?«
    »Oui.«
    »Wie er dir seinen Namen geflüstert hat.«
    »Oui, in meine Ohr geflüstert.«
    »Leg dich hin, Del«, sagte ich. »Ruh dich ein bisschen aus. All diese Flüsterei muss dich erschöpft haben.«
    Er murmelte noch etwas – beschuldigte mich, ihm nicht zu glauben, nehme ich an. Seine Stimme klang wieder wie aus weiter Ferne. Und als ich zum Wachpult zurückging, hatte ich das Gefühl, überhaupt

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