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The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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hatten praktisch die Nacht miteinander verbracht und er konnte trotzdem so cool bleiben? Manchmal waren Jungs wirklich kaum zu verstehen.
    Eine Bewegung auf dem Pfad links von mir weckte meine Aufmerksamkeit, ich schaute hinüber und sah einen Mann. Einen Mann mit einer kleinen Drahtbürste und einem Müllsack, der aus seiner Gesäßtasche herausschaute. Einen Mann mit grauem Haar, einem verwaschenen blauen Hemd und einem geflickten Overall. Nikolas.
    Jetzt entdeckte er mich auch und hielt inne. Ich ging zu ihm und schloss ihn in die Arme. Nikolas klopfte mir auf seine unbeholfene Art auf die Schulter und erwiderte meine Umarmung zögerlich.
    Ich drückte ihn fest und merkte plötzlich, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Es war, als würde ich meinen lange vermissten Großvater wiedersehen.
    »Ein wenig bin ich ja schon sauer auf Sie«, sagte ich, als ich ihn losließ. »Aber ich habe Sie wirklich vermisst, Nikolas.«
    Ich sah, dass er etwas feuchte Augen hatte, und er fuhr sich mit seiner rauen Hand über das Gesicht. »Verzeih einem alten Mann, dem das Wasser aus den Augen läuft«, sagte er. »Ich habe dich auch vermisst, Abbey. Wir dachten, du hättest dich entschlossen, diesen Ort zu meiden.«
    Ein paar Schuld- und Schamgefühle meldeten sich bei mir. Ich hatte tatsächlich vorgehabt, sie alle zu vergessen. »Ich musste mit vielem fertig werden, Nikolas. Und ich glaube, ich habe immer noch daran zu knabbern. Aber ich konnte nicht für immer wegbleiben. Das heißt, ich wollte schon längst wiederkommen und euch besuchen. Wie geht es Katy?«
    »Der geht es ganz gut. Ihr Garten hat in den vergangenen paar Wochen schön geblüht und sie ist glücklich, in ihrem Element zu sein und Blumen pflücken zu können.«
    Ich lachte. »Darauf möchte ich wetten. Stellt sie immer noch das ganze Haus damit voll?«
    Nikolas nickte. »Ich kann keinen Schritt tun oder mich hinsetzen, ohne Angst haben zu müssen, dass ich ein zartes Pflänzchen zertrete.« Seine Miene wurde sehr liebevoll. »Aber das gefällt ihr nun mal, also bewege ich mich vorsichtig.«
    Mir wurde ganz warm ums Herz. Es war schön zu hören, dass sie noch immer so glücklich miteinander waren. Mittlerweile nahm das Tageslicht rasch zu. Der Himmel verfärbte sich schon leicht rosa und war mit blassgelben Streifen durchzogen. Ich musste schnellstens nach Hause.
    »Ist es okay, wenn ich heute irgendwann später vorbeikomme?«, fragte ich ihn. »Ich habe eine Menge Fragen an euch beide.«
    Er folgte meinem Blick in Richtung der Sonne. »Warum kommst du nicht jetzt gleich mit? Katy ist zu Hause und ich bin sicher, sie macht uns gerne einen Tee. Wir haben Pfefferminz.« Er sah mich erwartungsvoll an und ich wollte seinen Vorschlag nicht ablehnen, aber ich würde ernsthafte Probleme bekommen, wenn Mom oder Dad herausfanden, dass ich mich aus dem Haus geschlichen hatte.
    Ich versuchte, rasch zu überlegen. Mom konnte ich ja sagen, ich hätte frühmorgens schon einen Spaziergang gemacht. Genau genommen war es ja frühmorgens gewesen, als ich zu Caspian gegangen war. Ich wandte mich wieder Nikolas zu. »Ich denke, ein bisschen Zeit hätte ich schon.«
    »Gut! Dann gehen wir doch gleich!«
    Er machte kehrt und ich folgte ihm auf die andere Seite des Friedhofs. Wir erreichten den Wald und gingen auf dem überwachsenen Pfad weiter, der zu ihrem Haus führte. Ein ärgerliches Eichhörnchen beschimpfte uns, weil wir gefährlich nahe an seinem Baum vorbeikamen. Ich lächelte über diese Absurdität. Die Eichhörnchen hatten es leicht. Ein paar Nüsse sammeln, sich auf einem Baum heimisch einrichten und mit dem buschigen Schwanz den gigantischen Menschen »drohen«, die ins Eichhörnchen-Reich eindrangen …
    Der Pfad wurde breiter und eine kleine Brücke kam in Sicht. Auf der anderen Seite stand das Haus von Nikolas und Katy. Ich hielt den Atem an. Würde es noch immer aussehen wie das verwunschene Märchenhaus, das ich einmal aufgesucht hatte? Oder würde es mir heute irgendwie anders vorkommen?
    Aber das Strohdach war noch immer dasselbe und auch die riesigen runden Steine in den Außenwänden hatten sich nicht verändert. Sogar die Glyzinie, die an dem steinernen Kamin wuchs, sah noch genauso farbenprächtig und kraftvoll aus wie damals. Ich seufzte erleichtert auf.
    Nikolas führte mich hinter das Haus, wo Katy in einem Garten zwischen Margeriten und Lupinen kniete. Sie hatte einen breitkrempigen Strohhut auf und trug ein altmodisches gelbliches Sommerkleid. Ich hielt einen

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