The Hollow
jeden Tag nach der Schule, nickte während des Abendessens ein und schlief in der Nacht wie eine Tote. Ich hatte keine Zeit, an irgendetwas anderes zu denken, weil ich praktisch rund um die Uhr schlief.
Es machte die Dinge nicht besser, dass ich allmählich genauso erschöpft aussah, wie ich mich fühlte. Unter meinen Augen bildeten sich tiefe dunkle Ringe und meine Augenlider fühlten sich an, als wären sie die ganze Zeit über halb geschlossen. Meine Haare sahen stumpf und leblos aus und es war mir völlig egal, was ich anzog.
Als ich mich am Mittwoch in der Schule im Spiegel sah, hätte ich ihn beinah aus der Spindtür herausgerissen. Ich sah furchtbar aus. Dann rief jemand meinen Namen, und als ich mich umdrehte, sah ich Ben, der mir winkte. Ich stöhnte innerlich auf und erwog einen kurzen Moment lang, meinen Kopf aus schierem Frust immer wieder gegen die Spindtür zu schlagen. Die lila Beule, die ich dadurch bekäme, würde prima zu den Ringen unter meinen Augen passen.
Aber ich hatte nicht genügend Zeit, meinen Plan in die Tat umzusetzen, er war schon fast bei mir.
Das Lächeln auf seinem Gesicht machte einem besorgten Ausdruck Platz, als er schließlich vor meinem Spind stand. »Hey, Abbey. Wie geht’s dir? Bist du okay?«
Ich erwiderte sein Lächeln nicht. »Völlig okay.«
»Du siehst aus, als wärst du erkältet oder so was in der Art«, sagte er vorsichtig.
»Genau, so was in der Art«, entgegnete ich trocken.
»Okay«, sagte er achselzuckend. Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck, so als wüsste er nicht, ob er weitersprechen sollte oder nicht.
»Hör mal, Abbey«, sagte er ganz ernsthaft. »Ich weiß, du machst jetzt eine schlimme Zeit durch, mit der Abschlussfeier und wegen der Sache mit Kristen. Mir fehlt sie auch, aber für dich muss es eine Million Mal schlimmer sein. Und wenn du Nein sagst, verstehe ich das, aber hast du vielleicht Lust, mit mir zum Abschlussball zu gehen? Ich weiß, das kommt sehr plötzlich, und wir müssen es auch nicht als Date betrachten. Es kann rein freundschaftlich sein. Was meinst du? Du könntest versuchen, in all diesem Chaos einen Abend lang Spaß zu haben. Natürlich nur, wenn du Lust darauf hast.«
Ben schien es so ehrlich und ernst zu meinen, dass ich nicht automatisch Nein sagte. Seine großen braunen Augen sahen mich erwartungsvoll an, wie ein niedlicher kleiner Hund, der auf seine Belohnung wartet. Es war echt süß von ihm, dass er mich aufheitern wollte, aber irgendetwas nagte an mir …
»Hat dich jemand gebeten, das zu tun?«
Er sah verlegen aus. »Na ja, gebeten nicht direkt …« Er bemerkte meine Abwehr und ahnte, dass ich ihm gleich einen Korb geben würde. Er versuchte zurückzurudern. »Ich meine … Shana hat gesagt, dass einige Mädchen aus dem Cheerleaderteam mit ein paar Jungs darüber sprechen wollten, dass du ein Date brauchst. Aber sie hat es nicht speziell zu mir gesagt – ehrlich. Ich hab’s nur zufällig gehört. Ich wollte dich schon lange vorher fragen, lange bevor ich gehört habe, wie sie darüber sprachen.«
Ich spürte, wie mein Gesicht ganz heiß wurde. Tiefer konnte ich jetzt nicht mehr gedemütigt werden. Peinlicherweise fingen meine Augen vor ungeweinten Tränen an zu brennen.
»Und warum hast du mich nicht gefragt, bevor du sie darüber hast sprechen hören?«, fragte ich leise und starrte weiter auf die Spindtür.
»Ich … ich …«, stammelte er.
»Tut mir leid, Ben, aber ich glaube dir einfach nicht. Die Antwort ist Nein.«
»Aber Abbey, ich … ich hab mich nicht getraut«, sagte er verlegen.
Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, deshalb machte ich meine Spindtür zu und ging. Er rief hinter mir her, aber ich drehte mich nicht um. Ich versuchte, die Tränen zurückzuhalten … jedenfalls so lange, bis ich sicher und ungestört in der Mädchentoilette angekommen war.
Kapitel neun – Die Abschlussfeier
»Sie trug das Geschmeide aus purem gelbem Gold, das ihre Urururgroßmutter aus Saardam herübergebracht hatte, einen verführerischen Brustlatz aus der alten Zeit und obendrein einen auffallend kurzen Rock, um den hübschesten Fuß und Knöchel der ganzen Gegend sehen zu lassen. «
Sleepy Hollow von Washington Irving
Für den Rest der Woche ging ich Ben aus dem Weg; ich erfuhr, dass eins der älteren Mädchen ihn im letzten Moment zum Abschlussball eingeladen hatte. Ich wünschte ihm von Herzen, dass er sich mit ihr amüsieren würde. Es tat mir leid, dass wir jetzt wahrscheinlich nicht mehr
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