The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Schon hörte ich wieder stampfende Schritte aus dem Gebäude hinter mir. Und jemand rief: »Lasst ihn nicht entkommen! Los, hinterher!«
Völlig benommen und verrückt vor Angst kniete ich mich auf den harten Boden und schaute mich um. Ich befand mich auf einem ausgedehnten Gelände und sah barackenartige Gebäude, einen Zaun mit Stacheldraht und Wachtürme. Sie ragten vor einem Waldstück empor, und in ihnen standen Männer mit Gewehren.
Irgendwo ging eine Alarmglocke los. Aus dem Augenwinkel sah ich rote Lampen aufflackern und hörte die Wachen schreien: »Schnappt ihn euch!«
Donnernde Schritte, das Dröhnen eines Motors …
Ein Motor? Wo? Die Augen vor Angst weit aufgerissen, drehte ich mich in Richtung des Dröhnens. Ganz in der Nähe sah ich einen großen alten Pick-up über das unebene Gelände rumpeln und erkannte einen Mann am Steuer. Er schien von der Aufregung um ihn herum nichts zu merken. Der Alarm, die Schreie und die wirbelnden Lichter waren offensichtlich noch nicht bis zu seinem Gehirn vorgedrungen. Noch war er entspannt, lenkte den Kleinlaster mit einer Hand und hatte den Arm lässig auf den Rahmen des geöffneten Fensters gelegt. Der Kleinlaster fuhr auf ein Tor im Zaun zu. Der Ausgang des Geländes. Die Wachen dort öffneten das Tor, um ihn herauszulassen. In diesem Moment hielten sie inne und versuchten herauszufinden, was all der Lärm und die Aufregung zu bedeuten hatten.
All das registrierte ich in einer einzigen Sekunde. In der nächsten Sekunde musste ich handeln, ohne nachzudenken.
Ich rannte auf den Kleinlaster zu, und in dem Moment, als er an mir vorbeifuhr, sprang ich zum Fenster hinauf. Ich bekam den Fensterrahmen zu packen und hielt mich daran fest. Der Fahrer, ein vielleicht vierzigjähriger Weißer mit kantigem Kinn, drehte sich völlig verblüfft zu mir um. Sein Unterkiefer klappte herunter, und sein Mund formte sich zu einem O.
Es gab kein Trittbrett, nichts, worauf ich meine Füße abstützen konnte. Ich konnte mich nur am Rahmen des offenen Fensters festhalten und versuchen, mich in den Wagen hineinzuziehen. Mit all der wilden Kraft meiner panischen Angst wuchtete ich mich halb durch das Fenster. Der Fahrer fluchte und riss das Steuer herum. Ich spürte, wie der Laster ausbrach und auf einer Seite vom Boden abhob. Ich kämpfte mich über den Mann hinweg in die Fahrerkabine.
Wieder brach der Laster aus, und wieder fluchte der Fahrer, als ich hastig über ihn kletterte. Er versuchte, mich zu schlagen, aber ich war direkt auf ihm. Sein Schlag war kraftlos, denn wir waren zu sehr ineinander verkeilt, und seine Faust hämmerte nur schwach gegen meine Schulter. Wahrscheinlich hätte ich es gar nicht gespürt, wäre ich nicht schon so verwundet, verbrannt und zerschlagen gewesen, hätte mir nicht ohnehin schon alles wehgetan.
Aber das hielt mich nicht auf. Ich war jetzt in dem Pick-up, rutschte über den Fahrer und fiel auf den Beifahrersitz. Dabei nahm ich kurz die Szene wahr, die draußen am Fenster vorbeiraste: Wachen mit Kalaschnikows stürmten aus der Gefängnisbaracke heraus, in der ich festgehalten worden war, und schrien sich gegenseitig an. Einer von ihnen zeigte dahin und dorthin, gab Befehle, in Stellung zu gehen. Ein anderer hob sein Gewehr und richtete es auf den Laster. Doch er konnte nicht auf mich schießen, jedenfalls nicht, ohne den Fahrer zu töten.
Aber der Fahrer … er hatte selbst eine Waffe! Eine Pistole in einem Holster an seinem Gürtel. Er lenkte jetzt mit der linken Hand und griff mit der rechten nach der Pistole, öffnete den Verschluss des Holsters, um sie herauszuholen.
Er hatte den Fuß nicht vom Gas genommen und fuhr mit vollem Tempo weiter. Jetzt riss er das Steuer herum, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, während er seine Pistole zog.
Es funktionierte. Ich wurde vom Beifahrersitz aus gegen das Armaturenbrett und wieder zurückgeschleudert. Ich streckte die Hand aus, um mich am Armaturenbrett festzuhalten. Unterdessen hatte der Fahrer es geschafft, sein Holster zu öffnen. Seine Hand schloss sich um den Griff der Pistole, dann holte er sie heraus.
Gleichzeitig zog ich die Knie an die Brust und ließ meine Beine nach vorn schnellen, um ihm mit beiden Füßen einen kräftigen Tritt an die Schläfe zu verpassen.
Er gab ein lautes Ächzen von sich, untermalt vom Dröhnen des Motors. Wieder brach der Laster aus. Diesmal stieg er so stark an einer Seite hoch, dass ich sicher war, er würde umkippen. Die Hand, in der der Fahrer die
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