The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Seite. Mein Blick schien getrübt, die Welt um mich herum von Schatten bedeckt. Durch diese Schatten konnte ich das Tageslicht erkennen, konnte durch das Fenster des Pick-ups sehen, wo ich war. Die Welt da draußen wirkte sehr weit entfernt. Ich hatte das Gefühl, sie habe nichts mit mir zu tun.
Doch da waren sie wieder. Diese Männer mit Gewehren, die mich verfolgten, die kamen, um mich auf dieses Gelände zurückzubringen, wieder an den Stuhl zu fesseln, mir Gift zu spritzen und zuzusehen, wie ich so lange schrie, bis ich tot war.
Da waren sie. Mit jeder Sekunde kamen sie näher.
Und ich war zu müde, zu benommen und zu geschunden, um weiterzurennen.
9
E IN BESONDERES M ITTAGESSEN
Als ich vollkommen entmutigt und benommen in dem Pickup lag, blitzte die Vergangenheit erneut in meinem Gedächtnis auf, und mein Herz wanderte nach Hause. Bilder schossen in schneller Abfolge durch meinen Kopf. Dieser letzte Morgen … meine Karate-Vorführung … Beth … Alex …
Es kam mir jetzt vor wie eine schöne, einfache Zeit: der letzte gute Tag. Es kam mir vor, als sei mein Leben damals perfekt gewesen. Ich hatte genug zu essen, ein Haus, in dem ich wohnte, Eltern, die sich um mich kümmerten. Ich lebte in einem wunderbaren, freien Land, in dem ich tun und sagen konnte, was ich wollte und alles sein konnte, wozu ich Talent hatte. Niemand schrie mich an, schlug mich zusammen oder fesselte mich an Stühle und versuchte, mir Säure zu spritzen. Ich hätte jeden Morgen aufwachen und Gott für diese Segnungen danken sollen, hätte jeden Morgen auf dem Weg zur Schule eine fröhliche Melodie pfeifen sollen.
Aber damals sah es ganz und gar nicht danach aus. Zu der Zeit glaubte ich, dass es vieles gäbe, sehr vieles, worüber ich mir Sorgen machen musste. Zunächst einmal war ich auf der Highschool. Was hätte besorgniserregender sein können als das? Zum anderen war es das Schuljahr, in dem ich Differenzial- und Integralrechnung belegen musste. Es war wahnsinnig schwer, und ich machte mir Sorgen, dass ich mir meinen Notendurchschnitt versauen würde. Und dann war da Mr Sherman, mein Geschichtslehrer, der mir zusetzte. Ich glaube, er hatte es auf mich abgesehen, weil ich andauernd mit ihm diskutierte und sehr oft die besseren Argumente hatte. Einmal hatte er zum Beispiel im Unterricht Amerika unglaublich scharf kritisiert. Er behauptete, Amerika sei rassistisch, gewalttätig und gierig. Also war ich aufgestanden und hatte ihm gesagt, er irre sich und die Tatsachen würden ihn widerlegen. Ich sagte ihm, dass die Menschen in Amerika natürlich Fehler machten, weil Menschen überall Fehler machen. Aber letzten Endes gab es kein Land auf der Erde, in dem die Menschen in Freiheit und Würde lebten und in dem Menschenrechte galten, dem Amerika nicht dazu verholfen oder dafür gesorgt hatte, dass es so blieb. Ich forderte ihn auf, ein Land, ein einziges Land auf der Erde zu nennen, auf das dies nicht zutraf. Aber das konnte er nicht, weil es keins gibt. Seitdem bekam ich von ihm schlechtere Noten für meine Hausarbeiten.
Daher war ich besorgt, vielleicht nicht auf ein anständiges College gehen zu können. Und das wiederum beunruhigte mich, weil ich dann nicht mein heimliches Ziel im Leben erreichen würde, von dem ich noch niemandem erzählt hatte.Weil ich fürchtete, es würde den Kopf meiner Mutter vor Angst zum Explodieren bringen. Und weil ich nicht einmal sicher war, ob es überhaupt realistisch war. Also machte ich mir auch deswegen Sorgen.
Am allermeisten war ich wahrscheinlich besorgt wegen Beth Summers, an die ich die ganze Zeit denken musste und die irgendwie in einer ganz anderen Liga zu spielen schien. Jedes Mal, wenn sie auch nur in meine Nähe kam, redete ich plötzlich, als sei mein IQ um vierzig Punkte gefallen und jemand habe mir die Zunge mit Sekundenkleber am Gaumen festgeklebt. »Haddo Bet, tsön, di tsu tsehn.« Außerdem kursierte das Gerücht, sie habe eine Vorliebe für jemand anderen und dieser Jemand habe eine Vorliebe für sie. Und bei diesem Jemand handelte es sich zufällig um Alex Hauser, der im Prinzip noch immer mein bester Freund war.
Josh Lerner hatte mir diese Geschichte in Gestalt des oberlästigen GalaxyMasters über den Instant Messenger verklickert. Er meinte, im vergangenen Sommer, als sowohl Alex als auch Beth stundenweise bei Blender Benders auf der Main Street gearbeitet hatten, seien sie gute Freunde geworden. Sie waren jeden Tag nach der Arbeit zusammen nach Hause gegangen. Alex hatte
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