The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Blätter raschelten, wenn Eidechsen über sie hinwegliefen.
Ich lag da und lauschte. Es waren gute Geräusche, sie waren fröhlich und friedlich. Erschöpft, wie ich war, und fast wahnsinnig vor Durst, beruhigten sie mich. Sie sorgten dafür, dass ich mich leichter fühlte, entspannter, und ich begann zu glauben, es könne vielleicht doch noch Hoffnung geben, ich könne diesem Wahnsinn vielleicht doch entkommen und in das Leben zurückkehren, das ich kannte. Vielleicht würde mich jemand hier finden, dachte ich schläfrig. Vielleicht würde ich auch genug Kraft aufbringen, um aufzustehen, ein paar Schritte weiterzutaumeln und ein Dorf, eine Straße oder einen Wanderer finden – oder, noch besser, Jäger mit Gewehren, die mich beschützen würden. Vielleicht würde ich auch einfach nur einschlafen und in meinem eigenen Bett wieder aufwachen, genauso wie ich in meinem eigenen Bett eingeschlafen und in diesem Wahnsinn aufgewacht war.
Noch immer lag ich einfach nur da, um mich herum die Geräusche des Waldes – Vogelgezwitscher, Grillen, Bienen. Und ohne groß nachzudenken, schaute ich auf meine Hand, die direkt vor mir auf dem Boden lag. Das ist seltsam, dachte ich, irgendwie entrückt und wie im Traum. Wo ist die Nummer von Beth? Das war doch die Hand, auf die Beth gestern mit ihrem Marker geschrieben hatte. Und auch wenn sie zerkratzt und blutig und mit einer hässlichen Brandwunde bedeckt war, konnte ich es deutlich sehen: Die Nummer war nicht mehr da. Es war nicht die geringste Spur von ihr zu erkennen. Das war doch wirklich seltsam, oder? Gestern Abend, kurz vor dem Einschlafen, kurz bevor ich das Licht ausgemacht hatte, war sie noch da gewesen. Ganz sicher.
Während ich dalag, wanderten Gedanken durch meinen Kopf, die nicht alle einen Sinn ergaben, weil ich immer wieder das Bewusstsein verlor. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, aber ich weiß, dass ich inmitten all dieses Gezwitschers und der Geräusche plötzlich etwas anderes wahrnahm: ein tiefes, lautes, seltsames Rülpsgeräusch. Ein Frosch, und zwar ein großer, der Lautstärke nach zu urteilen. Ein großer alter Ochsenfrosch, der ganz in meiner Nähe sein Konzert gab.
Der Frosch rülpste wieder, und ich musste tatsächlich lächeln. Gejagt, mit dem Gesicht im Dreck, einen Arm im dornigen Gestrüpp verfangen, musste ich über das Geräusch lächeln, das der Frosch machte … aber dann hörte ich auf zu lächeln.
Ein Gedanke stieg in mir auf.
Ich lauschte aufmerksamer, anders. Ich versuchte, Geräusche wahrzunehmen, die sich anders anhörten. Ich lauschte jetzt auf das Geräusch des Windes in den Baumwipfeln. Ich hörte das Knarren und Knacken von Holz, das sich bog, wenn die Bäume hin und her wogten, hörte das leise Rauschen der Stille – und dann war es plötzlich da, fast verborgen unter diesem Geräuschteppich: das Murmeln fließenden Wassers.
Als der Frosch ein weiteres rülpsendes Quaken von sich gab, musste ich nicht nur lächeln, ich hätte fast laut gelacht. Denn es war, als würde er mit mir reden, mich rufen und sagen: »Hier bin ich – rülps – ein Frosch – rülps – und was mögen Frösche? – Rülps! – Entschuldigung, muss wohl was Falsches gegessen haben. Sie mögen Wasser!«
Ich weiß nicht, ob irgendetwas anderes mich wieder auf die Beine gebracht hätte, nicht einmal Winston Churchill. Aber Wasser – oh ja, dafür würde ich aufstehen. Ich fuhr mit der Zunge über meine ausgedörrten Lippen und versuchte, sie ein wenig zu befeuchten. Dann stützte ich mich im Dreck auf und drückte mich langsam nach oben. Doch die Büsche und Dornen, zwischen denen ich lag, hielten mich fest, als wollten sie sagen: Nicht so schnell, Harley-Charlie. Warum hast du es so eilig, Alter? Immer mit der Ruhe. Du brauchst kein Wasser! Du musst einfach nur hier liegen und schlafen, schlafen, schlafen!
Ich gab ein knurrendes Geräusch des Widerstands von mir, spürte, wie sich die Zweige in mein Fleisch bohrten, als ich meinen Arm herauszog. Ich hievte mich auf die Knie, kam auf die Beine und wankte leicht nach vorn. Ich lauschte erneut auf das Geräusch des Wassers. Woher kam es?
Wieder quakte der Frosch, aber er war keine Hilfe. Man kann einen Frosch nicht finden, wenn man sich an seinem Quaken orientiert. Jeder, der es einmal versucht hat, weiß das. Es hört sich immer so an, als würde es von da kommen, wo es gar nicht ist. Sobald man darauf zugeht, kommt es wieder aus einer anderen Richtung.
Aber das Wasser – ich konnte es noch
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