The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
müssen, zögerte ich kurz. Aber dann beruhigte sich mein Magen und ich schlug meine Zähne in diese Hühnerkeule wie Godzilla, der einen Touristen verschlingt. Zuerst die Keule, dann die Brust und dann den Donut …
»Du kleckerst«, sagte Angeline, die mich von der anderen Seite des Tisches beobachtete.
Ich zwinkerte ihr zu. »Hunger« war alles, was ich herausbrachte. Dann spülte ich das Glas Milch, ohne abzusetzen, hinunter. Kurz darauf kam Mrs Simmons wieder in die Küche. Mein Teller war inzwischen fast blitzblank. Ich fuhr mit dem Finger darüber, um auch noch die kleinsten Krümel des Donuts aufzunehmen.
Mrs Simmons ging mit dem Telefon zur Ladestation und stellte es hinein. Sie hatte mir den Rücken zugewandt und blieb noch ein paar Sekunden so stehen. Dann drehte sie sich um und lächelte mich an. Aber es war nicht mehr das gleiche Lächeln wie vorher. Mir fiel sofort auf, dass sie anders aussah. Aus ihren Wangen war die Farbe und aus ihren Augen die Sanftheit verschwunden. Sie wirkte blass und verwirrt, ihr Lächeln war aufgesetzt.
»So … Charlie«, sagte sie schließlich. »Möchtest du dich ein bisschen frisch machen? Vielleicht duschen? Du hast ungefähr die gleiche Größe wie mein Mann. Ich kann dir ein paar saubere Sachen geben.«
Ich dachte darüber nach. Eine Dusche wäre einfach wunderbar. Dann würde ich auch nicht mehr so übel riechen, wenn meine Leute kamen, um mich abzuholen. »Klar. Ist alles in Ordnung? Haben Sie den Sheriff erreicht?«
»Was? Oh ja. Ja, alles in Ordnung.« Ich sah, wie ihre Augen hin und her wanderten, als suche sie nach den richtigen Worten. »Die Deputys sind unterwegs. Von der Stadt ist es ein gutes Stück zu fahren, aber sie werden bald hier sein.«
»Super«, sagte ich. »Meinen Sie, ich sollte mit dem Duschen noch warten, falls sie …«
»Nein, nein«, beeilte sie sich zu antworten. Dann tat sie etwas Seltsames. Sie ging zum Tisch, nahm Angeline auf den Arm und hielt sie schützend fest, als habe sie wieder Angst vor mir und fürchte, ich könne ihnen etwas antun.
»Nein, geh nur unter die Dusche. Das Bad ist da hinten. Ich lege im Hinterzimmer ein paar Sachen für dich aufs Sofa, in Ordnung?«
Ihr Verhalten verwirrte mich, trotzdem sagte ich: »Klar.«
Das Hinterzimmer war im Erdgeschoss, am anderen Ende des Hauses. Ein heller Raum mit Blumentapete und einem Sofa, einem kleinen Holztisch mit einer Nähmaschine darauf und einem Schaukelstuhl, auf dem eine Zeitung lag. Ich konnte die Schlagzeile lesen: »Minister für Heimatschutz trifft den Präsidenten zu Gesprächen über Terrorgefahr.«
Mrs Simmons, die noch immer Angeline auf dem Arm hielt, zeigte auf die Tür zum Badezimmer an der hinteren Wand.
»Direkt da vorn«, sagte sie. »Geh nur. Da sind Handtücher und alles, was du brauchst. Ich hole dir ein paar Sachen.«
Dann ging sie hinaus – eilte fast hinaus – und machte die Tür hinter sich zu.
Ihr ganzes Verhalten kam mir seltsam vor, aber schließlich war die ganze Situation seltsam. Ich schüttelte den Gedanken ab und ging ins Bad. Es war freundlich und gemütlich, wie der Rest des Hauses. Große flauschige Handtücher hingen an Haken, es gab einen Duschvorhang mit Blumen darauf und an den Wänden waren weiße Fliesen mit blauem Muster.
Ich drehte das Wasser in der Dusche an und knöpfte mein Hemd auf. Es würde eine Wohltat sein, aus diesen nassen, schmutzigen und blutverklebten Klamotten rauszukommen. Während ich noch die Hemdknöpfe aufmachte, drehte ich mich ohne nachzudenken zu dem Spiegel über dem Waschbecken um.
Wie erstarrt blieb ich stehen: Mein Gesicht! Dieses Gesicht, das mich da aus dem Spiegel anschaute! Ich erkannte mich zwar wieder, aber … aber ich hatte mich verändert, unglaublich verändert. Mein Gesicht war schmaler, die Züge schärfer und stärker ausgeprägt. Und mein Bart … Ich sah aus, als hätte ich mich seit ein paar Tagen nicht mehr rasiert, aber statt der üblichen flaumigen Stellen hatte ich einen gleichmäßigen, kräftigen Bartwuchs.
Als ich dastand und mein Spiegelbild anstarrte, kam mir plötzlich dieser unmögliche Gedanke in den Kopf: Ich war älter! Zumindest sah ich so aus. Ich sah älter aus als gestern Abend, als ich zu Hause ins Bett gegangen war.
Das Wasser in der Dusche lief die ganze Zeit weiter, während ich vor dem Spiegel stand. Dampf quoll hinter dem Duschvorhang hervor. Langsam beschlug der Spiegel, und der weiße Nebel zog sich von den Ecken zur Mitte hin. Ich beobachtete, wie
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