The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Fernsehen verfolgt haben. Dann hatte er mich gesehen und gewusst, wer ich war. Zuerst versuchte ich, mir einzureden, es sei egal. Er würde nicht zur Polizei gehen und versuchen, die Belohnung zu kassieren, die vielleicht ausgesetzt worden war. Ich war so unendlich müde, und ich war es leid, wegzulaufen und Angst zu haben. Ich wollte nicht weg aus dem Asyl, weg von der Wärme, dem Licht und der Freundlichkeit der Menschen hinter der Theke. Und ich wollte nicht weg von dem Fernseher. Ich wollte hier sitzen bleiben und warten, ob vielleicht noch eine Nachrichtensendung kam, in der Beth und meine Eltern zu sehen waren. Ich wollte nicht hinaus auf diese kalten Straßen, wo Detective Rose und andere Polizisten nach mir suchten. Also versuchte ich, mir zu sagen, es sei in Ordnung und ich könne bleiben.
Aber es nutzte nichts. Der alte Mann beobachtete mich weiter. Ich konnte förmlich hören, wie sein Gehirn hinter den ausdruckslosen grauen Augen arbeitete. So bald wie möglich würde er den Leuten vom Asyl von mir erzählen oder vielleicht sogar ein Telefon suchen und selbst die Polizei anrufen.
In diesem Moment musste ich an Alex denken, an Alex Hauser. Ich erinnerte mich an diesen Abend, als wir zusammen im Wagen meiner Mutter gesessen und geredet hatten, an diesen Abend, an dem ich ihm angeblich in den Park gefolgt war und ihn getötet hatte. Er war so traurig gewesen und so wütend. Er hatte seinen Glauben und seine Orientierung verloren. Mir fiel wieder ein, was ich damals zu ihm sagte – Dinge, die ich von Sensei Mike gelernt hatte. Alex war wütend auf mich und sagte, ich würde nicht verstehen, wie schwer es sei. Und es stimmte. Er hatte recht, damals hatte ich es nur nicht verstanden.
Aber jetzt verstand ich es. Es kann wahnsinnig schwer sein, den Glauben nicht zu verlieren und weiterzumachen. Es kann viel schwerer sein, als ich es mir je vorgestellt hätte. Manchmal passieren dir Dinge, wirklich schlimme Dinge, die einfach nicht fair sind, und du fühlst dich so schrecklich, dass du nicht mehr weißt, wer du bist. Ob du recht hast oder nicht, ob du gut bist oder schlecht. Manchmal hast du das Gefühl, dass es niemanden gibt, an den du dich wenden kannst. Du fühlst dich vollkommen allein und hast solche Angst, dass du dich kaum bewegen kannst, bist so müde, dass du dich am liebsten zusammenrollen und für immer schlafen würdest. Ungefähr so musste sich Alex an dem Abend gefühlt haben, als ich ihn das letzte Mal sah.
Und so fühlte ich mich jetzt auch.
Aber ich hatte Alex gegenüber einen Vorteil. Ich glaube, irgendwie hatte ich mein ganzes Leben lang für das, was ich gerade erlebte, trainiert. Ich hatte jeden Tag trainiert, selbst in den einfachen, kleinen Dingen. Wenn ich in die Schule ging, trainierte ich meinen Geist, beim Karate trainierte ich, um meinen Körper und meine Sinne zu stärken. Selbst wenn ich in die Kirche ging oder für mich allein betete, war es eine Art Training: Ich trainierte, mich daran zu erinnern, dass ich nicht allein war.
Ich war nie allein.
Aber jetzt war das Training vorbei. Das hier war der Ernstfall. Ich wollte nicht aufstehen, wollte die Wärme des Asyls nicht verlassen, wollte nicht wieder hinaus in die Nacht und die Kälte.
Aber ich musste.
Ich nahm ein Brötchen von meinem Teller und steckte es in die Tasche, damit ich später noch etwas zu essen hatte. Dann stand ich auf.
Es war Zeit zu gehen.
25
E IN S CHREI IN DER N ACHT
Ich ging einfach drauflos, ging immer weiter. Am liebsten wäre ich in der Stadt und in der Dunkelheit untergetaucht. Ich wusste, dass ich so weit wie möglich von hier verschwinden musste, bevor die Polizei mich weiter verfolgte. Aber ohne Geld und ohne jegliche Hilfe hatte ich keine Ahnung, was ich tun oder wohin ich gehen sollte. Kurz dachte ich daran, eine Telefonzelle zu suchen und einen meiner Freunde anzurufen – Josh, Miler oder Rick. Es täte so gut, ihre Stimmen zu hören! Vielleicht konnte ich sogar Beth anrufen, und vielleicht würde sie das zu mir sagen, was sie auch im Fernsehen gesagt hatte.
Ich glaube noch immer an dich. Ich liebe dich noch immer.
Ausgeschlossen! Ich war ein entflohener Häftling, ein verurteilter Mörder. Wenn sie mir halfen, würden sie selbst Ärger mit dem Gesetz bekommen und zu meinen Komplizen werden. Das konnte ich ihnen nicht antun. Ich musste mir selbst helfen, musste einen anderen Weg finden, um von hier zu entkommen. Um meinen Namen reinzuwaschen, Waterman zu finden und Minister Yarrow vor
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