The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
Himmel und tauchte die kahlen Äste der Bäume rund um den Friedhof in ein friedliches, goldenes Licht. Ich trug meine Fleecejacke und darüber eine dicke Windjacke. Beth hatte sie aus einer Kiste mit Klamotten geholt, die ihre Mutter in die Altkleidersammlung geben wollte. Trotzdem ließ die Luft, die durch das zerbrochene Fenster hereinkam, schon die Nacht erahnen. Ich spürte die Kälte.
Ich sah mich im Zimmer um. Ich hatte reichlich zu essen: abgepacktes Fleisch, Brot, Äpfel und Käse – ein wahres Festessen. Alles in Plastikdosen verpackt, damit die Mäuse sich nicht darüber hermachen konnten. Außerdem hatte ich Bargeld, um alles zu kaufen, was ich sonst noch brauchte, hatte Wasser, Schlafsäcke und den Computer.
»Sieht aus wie die Bat-Höhle«, meinte Rick. »Wie Supermans Festung der Einsamkeit. Charlies Hauptquartier.«
Wir standen zusammen im Salon, die Hände in den Taschen vergraben und die Schultern hochgezogen, weil es so kalt war. Unsere Unterhaltung war schleppend und unbeholfen geworden. Allmählich war es Zeit, sich zu verabschieden.
Am Ende sagten wir kaum noch etwas.
»Na gut …«, druckste Rick herum.
»Ja dann«, meinte Miler.
Ich spürte, wie sich Traurigkeit auf uns herabsenkte, stellte mir vor, wie sie von der Decke schwebte wie ein schweres Samttuch. »Hey«, rief ich schließlich und versuchte, fröhlich zu klingen. »Bleibt online. Ich werde öfter auf euren Computern auftauchen als ein zweitklassiges Filmsternchen.«
»Ja«, erwiderte Rick. »Aber lass deine Unterwäsche an, okay? Ich habe einen schwachen Magen.«
Ich trat auf ihn zu. Wir drückten uns kurz, aber kräftig die Hand und schlugen einander auf die Schulter. Dann ging ich zu Miler und anschließend zu Josh, mit denen ich es genauso machte.
»Das war stark heute«, sagte ich zu Josh. »Du warst monstermäßig.«
»Ja«, entgegnete er. »Ich war monstermäßig. Danke, Charlie.«
Ich sah ihnen hinterher, wie sie nacheinander aus dem Salon gingen, hörte ihre Schritte auf der Treppe. Unten wurde die Tür geöffnet und fiel wieder zu. Ich wusste, was sie damit gemeint hatten, dass ein Teil von ihnen mit mir unterwegs sein würde, denn jetzt fühlte es sich so an, als würde ein Teil von mir mit ihnen weggehen.
Plötzlich war es still im Haus, und ich war mit Beth allein.
Wir unterhielten uns noch eine Weile, sprachen darüber, dass wir uns über Joshs Webcams sehen würden. Sie würde mir den Rest über uns erzählen, und irgendwann würde ich mich an alles erinnern. Wir würden wieder zusammen sein, und alles wäre in Ordnung. Trotzdem war es irgendwie unbeholfen, stockend und seltsam. Ich wusste, dass wir ineinander verliebt gewesen waren, und fühlte, wie diese Liebe in mir zurückkehrte. Aber im Gegensatz zu ihr konnte ich mich nicht daran erinnern. Sie war mir noch immer ein gutes Stück voraus und musste es langsam angehen, damit ich sie einholen konnte.
»Ich glaube, irgendwie habe ich auch Glück«, sagte ich zu ihr. »Ich kann mich ein zweites Mal in dich verlieben.«
»Charlie …«, sagte sie mit brüchiger Stimme.
»Nicht, Beth. Gott hat einen Plan, um uns wieder zusammenzubringen. Ich bin ganz sicher.«
»Ich auch. Ich hoffe nur, es ist einer seiner kurzfristigeren Pläne …«
Dann musste auch sie gehen.
Ich stand oben an der Treppe und sah ihr nach, eine schattenhafte Figur in den tiefen Schatten des Hauses. Als sie die Eingangstür öffnete, fielen die goldenen Strahlen der untergehenden Sonne auf sie. Sie blieb stehen und schaute über die Schulter zurück, hob ihr Gesicht. Das goldene Licht schimmerte auf ihren Wangen, wo die Tränen herunterliefen. Es tat mir im Herzen weh, und ich wusste in diesem Moment, dass sie für immer ein Teil von mir sein würde.
Dann fiel die Tür mit einem dumpfen Schlag zu, und sie war weg.
Ich ging zurück in den Salon, trat ans Fenster und schaute hinunter auf den Friedhof. Noch einen Augenblick hatte das Sonnenlicht diesen Glanz, der selbst den Friedhof auf seltsame, traurige Art schön aussehen ließ. Dann verschwand der Farbton aus dem Licht und das Bild wurde nüchtern und trist. Dunkles Blau zog auf, die ersten Anzeichen der Nacht.
Lange stand ich einfach nur da und wartete, wartete darauf, dass ich hinaus in die Dunkelheit gehen und beginnen konnte, nach Antworten zu suchen.
TEIL DREI
23
S ENSEI M IKE
Es gab eine Zeit, als ich noch klein war und gerade anfing, Karate zu lernen, da kam mir Sensei Mikes Karatestudio sehr beeindruckend vor. Mehr
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