The Homelanders, Band 2: The Homelanders - Auf der Flucht (Bd. 2) (German Edition)
noch erreichen konnte.
Es war meine einzige Chance, und ich musste sie nutzen.
Was dann geschah, dauerte nur einen kurzen Augenblick, aber mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Um mich herum war nichts als Lärm, Licht und Durcheinander: Das schrille Sirenengeheul, das sich anhörte wie Schreie in einem Urwald, in dem alle Tiere verrücktspielen. Die grellen weißen Scheinwerfer, die mich blendeten. Das wirbelnde Licht der Warnleuchten, das von Bäumen, Autos, Gehsteigen und der Dunkelheitdes Abends abprallte und in wilder Ausgelassenheit hin und her sprang. Während ich durch das heranstürmende Chaos lief, schaute ich über die Schulter zurück und sah die schemenhaften Gestalten der Terroristen. Sie liefen davon, flüchteten sich in die dunklen Schatten, um der Polizei zu entkommen. Keiner von ihnen blieb stehen, um hinter mir her zu schreien, eine Pistole zu ziehen und auf mich zu zielen. Sie wagten es nicht, denn die Polizisten kam immer näher und ihre Rufe wurden mit jeder Sekunde lauter. Den Homelanders blieb nichts anderes übrig, als die Flucht zu ergreifen und zu hoffen, mich ein anderes Mal zu erwischen.
Also hatte ich es für den Augenblick nur mit der Polizei zu tun. Und mit der Bedrohung, wieder verhaftet, wieder wegen Mordes ins Gefängnis gesteckt zu werden und die nächsten 25 Jahre in einer Zelle zu verbringen.
Ich drehte mich nach vorn und rannte, so schnell ich konnte. Noch drei, zwei Schritte, dann hatte ich das Motorrad erreicht. Ich sah das orange-weiße Logo: eine Harley! Aber war es auch die richtige?
Ich streckte eine Hand nach dem Lenker aus und griff mit der anderen in meine Hosentasche, suchte den Schlüssel. Noch während ich den Lenker packte, zog ich den Zündschlüssel aus der Tasche und sprang auf den Sitz des Motorrads. Im gleichen Augenblick hörte ich kreischende Bremsgeräusche, als die Streifenwagen direkt neben mir zum Stehen kamen und die Straße in beide Richtungen blockierten. Ich rammte den Schlüssel in die Zündung des Motorrads. Die Sirenen verstummten, die Türen der Streifenwagen wurden aufgestoßen, und ich hörte die Rufe in der Nacht.
»Stehen bleiben, West!«
»Sofort stehen bleiben!«
»Keine Bewegung!«
Für eine Sekunde hob ich den Kopf und schaute mich um: Die Gesichter der Polizisten färbten sich abwechselnd blutrot und tiefblau, als das Licht der Warnleuchten auf ihnen spielte. Ich sah ihre nach vorn gebeugten Gestalten, wie sie die Hände zum Holster führten, ihre Pistolen zogen und auf mich zielten.
Hatte ich das richtige Motorrad? Ich betete darum!
Dann drehte ich den Schlüssel in der Zündung.
7
H ARLEY -J AGD
Die Harley erzitterte, als der Motor mit einem Röhren ansprang – und von meinem Herzen sprang ein Dankesgebet gen Himmel. Über das kehlige Motorengeräusch und die wirbelnden bunten Lichter der Streifenwagen hinweg hörte ich noch immer die Rufe der Polizisten.
»Steig ab, West!«
»Gib auf!«
»Lass es sein!«
All diese Rufe in den Ohren, trat ich den Ständer des Motorrads mit der Hacke weg, legte den Gang ein und riss das Vorderrad herum.
»Stopp!«
Das Motorrad machte einen Satz nach vorn und holperte über den Bordstein auf den Gehsteig. Mit Vollgas raste ich über das Gras in den Park, hinein in die dunklen Schatten unter den überhängenden Ästen der Eichen.
Ich weiß nicht, ob einer der Polizisten auf mich schoss. So schnell, wie ich auf dem kleinen Platz durch die Dunkelheit fuhr, gab ich sicher kein gutes Ziel ab. Eine scheinbar endlose, quälend lange Zeit nahm ich nur das Rattern des Motors wahr, den schwindelerregenden Nervenkitzel der Geschwindigkeit und den schneidenden Fahrtwind auf meinem Gesicht.
Dann, im Schein einer Straßenlampe, sah ich das weißePflaster des Gehwegs, der über den Platz führte, und hielt darauf zu. Die Maschine geriet auf dem weichen Untergrund ins Schlingern, aber sobald die Räder auf dem Pflaster aufsetzten, richtete sie sich auf und gewann an Zugkraft. Sie drängte nach vorn, bretterte über den Gehweg und fuhr noch schneller als vorher.
Ich hob den Kopf und schaute geradeaus: Unter einer weiteren Reihe von Eichen am Rand des Platzes sah ich dunkle Schatten, direkt dahinter den Schein einer Straßenlampe und den nächsten Gehsteig – und die nächste Straße, wo die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos aufleuchteten!
Ich drehte um und hielt auf den Gehsteig zu, spürte, wie die Räder unter mir wegrutschten, als sie vom Pflaster auf den Rasen fuhren. Das filigrane
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