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The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

Titel: The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Klavan
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…«
    Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Es war der Wärter hinter mir. »Sag ›Frohe Weihnachten‹, Junge, und dann mach Schluss. Die Zeit ist um«, teilte er mir mit.
    »Frohe Weihnachten, Mike«, wünschte ich ihm und hob langsam die Hand, um den Hörer wieder in die Gabel zu hängen. Mike sprach noch immer und schüttelte den Kopf. Seine Lippen formten wieder und wieder das Wort Nein .
    Der Wärter trat hinter ihn und sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Mike knallte den Hörer an die Wand und stand auf. Wir starrten einander an.
    Noch einmal schüttelte er den Kopf. Nein .
    Dann führte der Wärter mich ab.

 14 

F ROHE W EIHNACHTEN
    Ich bekam das Messer am Ersten Weihnachtstag – das Messer, mit dem ich Dunbar umbringen sollte. Blade schob es mir während der Messe in der Kapelle in die Hand.
    Die Kapelle war lediglich ein weiterer nichtssagender, fensterloser Raum im Gefängnis. Allerdings waren die Ziegelwände hier gelb statt grün angestrichen, und wenn Messe war, wurde ein Kreuz an die Wand gehängt. Heute, an Weihnachten, war der Tisch, der dem Kaplan als Altar diente, mit einem Kranz und einer kleinen Holzkrippe dekoriert, und für Abingdon sah der Raum fast fröhlich aus.
    Kaplan Adams war ein betagter Schwarzer mit einem langen, betrübten Gesicht und sah aus, als trauere er um die Welt. Ich hatte nur einmal Gelegenheit gehabt, mich mit ihm zu unterhalten, aber er schien mir das einzige halbwegs anständige menschliche Wesen im ganzen Gefängnis zu sein. Vielleicht sah er deswegen immer so traurig aus.
    Seine große Bibel mit Ledereinband lag aufgeschlagen auf dem Tisch neben der Krippe. Er las aus dem Weihnachtsevangelium nach Lukas, mit einer Stimme, die nicht minder traurig war als sein Gesicht.
    »Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird …«
    Kaplan Adams brachte es fertig, dass selbst diese Worte schwermütig klangen.
    In dem Raum waren eine Menge Klappstühle aufgestellt, und sie waren alle besetzt. Gefangene jeder Hautfarbe, die alle möglichen Verbrechen begangen hatten, waren gekommen, um zu beten. Die meisten von ihnen wohl aufrichtig, weil sie die schlimme Vergangenheit hinter sich lassen wollten und auf einen Weg in ein besseres Leben hofften.
    Zumindest ich war aufrichtig. Ich saß im hinteren Teil des Raums, rechts von der Mitte, den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Inständig bat ich um Hilfe und betete, Mike möge Rose verständigen und Rose möge seine Bosse in Washington überzeugen, damit sie alle Hebel in Bewegung setzten, um Prince zu finden. Und ich betete, jemand anders möge sich um das alles kümmern, damit ich nicht mit einem Haufen durchgeknallter Nazis aus dem Gefängnis ausbrechen musste.
    Dein Wille geschehe , fügte ich am Ende meines Gebets hinzu. Aber ich muss gestehen, dass ich es nicht wirklich ernst meinte. Eigentlich wollte ich, dass mein Wille geschah und Gott mich aus diesem Schlamassel befreite, und zwar schnell!
    Ich war so im Gebet versunken und hatte die Augen geschlossen, dass ich gar nicht mitbekam, wie der Häftling neben mir aufstand und wegging. Ich bemerkte erst etwas, als ein glattes Plastikstück in meine Hand geschoben wurde.
    Schnell hob ich den Kopf und riss die Augen auf. Plötzlich saß Blade neben mir und fixierte mich mit seinen verträumten, mordlüsternen Augen.
    Er hatte das selbst gemachte Messer in meine Hand geschoben. Keine Ahnung, was es ursprünglich einmal gewesen war. Vielleicht ein Teil eines Betts oder eines Stuhls. Jetzt war es nur ein röhrenförmiges, dickes Stück Plastik, dessen eines Ende fest mit Kordel umwickelt war und einen rutschfesten Griff bildete. Das andere Ende war zu einer langen, tödlich scharfen Spitze gefeilt.
    Als ich wieder zu Blade aufschaute, grinste er breit. Dann führte er langsam den Zeigefinger an seine Kehle. Mit einem schnellen Rundumblick vergewisserte er sich, dass niemand zu uns hinübersah, und schob das Messer vorsichtig in meinen Ärmel.
    »Das bringt dir der Weihnachtsmann«, flüsterte er.
    Dann senkte er den Kopf, schloss die Augen und tat so, als würde er beten. Auch ich senkte den Kopf und schloss die Augen. Aber ich betete wirklich.
    »Und die Hirten kehrten wieder um«, las Kaplan Adams mit trauriger Stimme, »priesen und lobten Gott um alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.«

 15 

W IEDERSEHEN MIT D UNBAR
    »Hofgang!«
    Schneeflocken

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