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The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)

Titel: The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Klavan
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fand und dessen gewundenem Verlauf folgte. Als die Wintersonne unterging und das helle Blau des Himmels allmählich dunkler wurde, erschienen unter uns kleine funkelnde Städte, die bald in dichte Wälder oder leere Felder übergingen.
    Schon mündeten weitere Highways in den, dem wir folgten, flankiert von Tankstellen und Einkaufszentren, und unter uns entstand ein Gewirr aus Städten und Straßen inmitten grüner Vegetation. Allmählich dämmerte es und die Welt wurde grau.
    Wieder saß ich vorn neben Patel. Ich schaute zum Seitenfenster hinaus auf das schimmernde Licht und die wechselnde Szenerie unten am Boden.
    »Da ist der Fluss«, sagte Patel schließlich. Wegen des dröhnenden Motors knisterte seine Stimme im Kopfhörer.
    Ich schaute nach vorn durch die Windschutzscheibe und sah, wo die grau werdende Landschaft auf den ersten Blick abrupte endete. Dann wurde das dunklere Grau des Flusses als lange, breite Linie sichtbar. Kurz darauf konnte ich Wasser erkennen, das in der niedrig stehenden Dezembersonne funkelte.
    »Und sieh mal da.« Patel zeigte nach rechts.
    Weit in der Ferne, am blauen Horizont, entdeckte ich die gezackte Skyline von Manhattan. Hinter einigen Fenstern gingen offenbar gerade die Lichter an.
    »Schön, nicht?«, befand Patel fast wehmütig.
    »Beeindruckend«, entgegnete ich. Und das war sie: eine beeindruckende, erstaunliche Stadt.
    »Ich bin dort aufgewachsen«, verriet mir Patel. »In Brooklyn, drüben auf der anderen Seite.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Und ich vermisse es wahnsinnig.«
    »Klar. Ist ja auch Ihr Zuhause.«
    »Ja, genau. Mein Zuhause.«
    »Ich vermisse meins auch«, gab ich zu – und empfand dieses Heimweh fast schmerzlich. So weit ich auch weg gewesen war und so viel ich auch durchgemacht hatte, noch nie hatte ich solche Angst gehabt, meine Familie und meine Freunde vielleicht nie mehr wiederzusehen.
    »New York ist eine einmalige Stadt«, schwärmte Patel. Er hatte eine Hand am Steuerhorn und die andere lag entspannt auf seinem Oberschenkel – wie es Piloten tun, um ihre Maschine nicht zu übersteuern. Er lächelte mir zu und versuchte, entspannt und cool zu wirken. Aber ich merkte, dass auch er den Druck spürte. Genauso wie wir alle. »Eine Stadt wie New York geht dir irgendwie ins Blut.«
    »Echt?«, fragte ich skeptisch.
    »Gefällt es dir nicht?«
    »New York?« Ich zuckte die Achseln. »Doch, doch.«
    »Du bist eher der Kleinstadt-Typ, oder?«
    »Ja, kann schon sein. New York ist so laut und voll und … ich weiß auch nicht … überwältigend.«
    Patel lachte, aber es hörte sich traurig an. Er dachte wohl an zu Hause. »Ja, das sagen viele. Ich habe es nie so empfunden.«
    »In New York rennen alle immer so hektisch rum und schauen so ernst. Warum bloß?«
    Wieder lachte er, dieses Mal jedoch belustigt. »Weil sich alle für sehr wichtig halten und meinen, sie hätten unheimlich wichtige Dinge zu tun. Das ist typisch für New York.«
    Ich nickte und lächelte, aber ich dachte nicht an New York, sondern an meine Heimatstadt Spring Hill. Mir fielen die Szenen ein, die letzte Nacht in dem rasenden Sturz während meiner Erinnerungsattacke kurz aufgeblitzt waren. Szenen aus meinem Leben zu Hause, aus meiner Kindheit. Meine Mom, die mich zum Karatetraining in die Mall fuhr; das Baseballfeld im Oak Street Park, wo ich mit Alex gespielt hatte, als wir noch gute Freunde waren; der Weg am Fluss, wo ich mit Beth spazieren gegangen war, als wir uns gerade kennenlernten … Dort rannte niemand hektisch herum, schaute ernst und kam sich wichtig vor.
    »Ich glaube, es hat damit zu tun, was wir gewöhnt sind«, überlegte ich.
    »Ja, glaub ich auch«, stimmte Patel mir zu.
    Inzwischen hatten wir den Fluss erreicht. Patel steuerte die Maschine nach rechts und folgte seinem Verlauf. Das schwache Licht der untergehenden Sonne fiel durch das Fenster auf meiner Seite, und ich spürte ihre Wärme auf meiner Wange. In der herannahenden Skyline leuchteten immer mehr Fenster auf. Auch unter uns und auf der linken Seite waren jetzt Straßen entlang des Flussufers zu erkennen,Kaufhäuser und Apartmentblocks, in denen die Lichter angingen. Rechts ragten steile braune Klippen vom Ufer auf. Ein weiteres kleines Flugzeug kam uns entgegen und flog dann ganz knapp über uns hinweg.
    »Wir sind fast da«, bemerkte Patel nach einer Weile. Und dann, als habe er die ganze Zeit darüber nachgedacht, meinte er: »Egal wo ich bin, New York ist immer mein Zuhause. Wenn ich keine Gehsteige und hohen

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