The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
schwindelerregende Szene vor dem Cockpitfenster erinnerte mich an Sequenzen in einem Videospiel, wo man sich zwischen Hindernissen hindurchschlängeln muss. Aber anders als inVideospielen hat man in der Realität nur ein Leben. Das macht einen großen Unterschied.
Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Menschen unten auf der Straße. Wir flogen so dicht über dem Boden, dass ich sogar den entsetzten Ausdruck auf ihren Gesichtern sah, als sie stehen blieben und uns mit offenem Mund nachschauten.
Panisch riss ich am Steuer und verhinderte im letzten Moment, dass die Cessna in hohem Bogen in eines der Gebäude krachte. Die Maschine flog schwankend die Straße hinunter. Ich gab Gas und wir stiegen auf, über die Dächer der Hochhäuser hinweg.
Für einen Moment verspürte ich ein Gefühl von Freiheit. Wir waren entkommen und flogen hinauf in den weiten, offenen Himmel.
Dann drückte der Schütze wieder ab.
Aber dieses Mal sah ich weder den Hubschrauber noch den Mann mit dem Gewehr. Dafür spürte ich einen entsetzlichen, stotternden Ruck, als die Kugeln in den Rumpf des Flugzeugs eindrangen. Zuerst glaubte ich, ich würde die Kontrolle über die Maschine verlieren, aber dann schien das Steuer zu funktionieren. Ich tauchte ab, Richtung Straße, und flog gleichzeitig eine Kurve, um einer weiteren Gewehrsalve auszuweichen.
Ich sah den Hubschrauber, als er sich auf die Seite neigte, um die Verfolgung aufzunehmen. Wir stürzten auf eine Straße mit kleineren Gebäuden zu: niedrige alte Geschäfts- und Wohnhäuser aus Holz und Backstein, gesäumt von hölzernen Telefonmasten.
Der Gehsteig kam immer näher. Dicht über dem Bodentarierte ich die Maschine aus und wir sausten über den Asphalt. Funken stoben von der rechten Tragfläche auf. Der Hubschrauber hatte aufgeschlossen und der Schütze feuerte jetzt von hinten.
Fast wahnsinnig vor Angst steuerte ich die Maschine dicht über der Straße geradeaus. Passanten brachten sich in Sicherheit, Autos hielten mit quietschenden Reifen am Bordstein, und die Fahrer sprangen heraus, suchten Deckung in Geschäften und Hauseingängen. Jetzt war die Straße vor mir leer. Die Dämmerung senkte sich herab, eine blaugraue Dunkelheit, die das letzte Licht des Tages erstickte.
Plötzlich hatte ich eine Idee. Halbfertige Bilder und Gedanken blitzten in meinem Kopf auf. Ich hatte keine Zeit, sie zu sortieren und auszuwerten, aber die Telefonleitungen … Sie waren von Mast zu Mast gespannt und konnten niedrig fliegenden Flugzeugen schnell zum Verhängnis werden. Man sah sie erst in allerletzter Minute – in diesem Zwielicht fast überhaupt nicht. Wenn sich eine Maschine darin verfing, kam sie nicht mehr frei und wurde zu Boden gerissen.
An der nächsten Straßenecke musste es solche Leitungen geben.
Und so entstand mein verrückter Plan. Ich ließ die Maschine immer tiefer und tiefer sinken, bis sogar die Fenster dreistöckiger Häuser an mir vorbeirasten. Jeden Moment würden wir die Ecke erreichen – und steuerten direkt auf die unsichtbaren Telefonleitungen zu …
Ich wartete bis zum letzten Moment.
Dann zog ich die Nase der Cessna gerade so weit nach oben, dass die Maschine langsam ein wenig höher stieg. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass ich rechtzeitig genügendan Höhe gewann und nicht mit dem Fahrgestell hängenblieb.
Dann sah ich sie, direkt über der Straße. Parallele schwarze Linien, wie auf einem Notenblatt. Ein letztes Mal korrigierte ich den Kurs und gab Vollgas. Wir stiegen noch ein winziges Stück – und glitten über die Telefonleitungen hinweg!
Sofort brachte ich die Cessna in Schräglage und wir schnellten in einem scharfen Halbkreis dicht über die Dächer der Häuser. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, was als Nächstes passierte.
Mein Plan ging auf. Wie ich vermutet hatte, war uns der Hubschrauber gefolgt.
Aber der Pilot hatte nicht an die Leitungen gedacht.
Aus dem Seitenfenster beobachtete ich, wie der Heli ebenfalls aufsteigen und uns verfolgen wollte. Plötzlich schien er in der Luft stehen zu bleiben, als sei er von der Hand eines unsichtbaren Riesen gepackt worden. Er war direkt in die Telefonleitungen hineingeflogen, hatte sich mit seinen Rotoren darin verfangen und drehte sich jetzt durch die Wucht des Aufpralls auf den Kopf.
Der Schütze wurde aus der offenen Tür geschleudert. Seine schwarze Gestalt stürzte auf die leere Straße hinunter, während die Cessna weiter aufstieg. In der nächsten Sekunde landete er so hart auf dem
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