The Hunter - Die komplette erste Staffel
wohl mit einer kleinen Runde zufrieden geben müssen. Rasch trat sie ins Bad, das ans Schlafzimmer grenzte, und prüfte das Gesicht im Spiegel. Ekelhaft. Es war verschmiert, verdreckt und verkrustet und ihre Augen wirkten ängstlich. Sie griff in ihr Haar, ließ die verklebten Strähnen aber schnell wieder los, als ihr Blick auf das Blut an den Händen fiel.
Ihr Partner Matt und sie waren zu einem Tatort in ein alleinstehendes Haus gerufen worden. Dort war Alice in einer Blutlache ausgerutscht. Ihr Steiß schmerzte immer noch und würde morgen vermutlich blau schillern. Alice drehte den Wasserhahn auf, wusch sich kurz mit einem Lappen den Dreck aus dem Gesicht und das Blut von den Händen. Schnell entledigte sie sich ihrer Kleidung, schlüpfte in eine Joggingshorts und ein Oberteil, löschte das Licht. Dann nahm sie die Leine und rief Dany mit einem kurzen „Gassi“.
Als sie die Tür öffnete, kam es ihr vor, als liefe sie gegen eine wabernde Wand aus Hitze. Die Luftfeuchtigkeit war auf mindestens 80% angestiegen und trieb ihr, nach der klimatisierten Kühle ihrer Wohnung, sofort wieder den Schweiß auf die Stirn.
Dany stürmte wie immer voraus. Die Leine trug Alice meist nur bei sich, zur Anwendung kam sie nur selten. Sie ließ ihn meist frei laufen, da er die dumme Angewohnheit hatte, an der Leine zu zerren. Nun hatte er sein zehntes Lebensjahr vollendet und Alice würde es wohl nicht mehr schaffen, ihm das abzutrainieren. Wenn sie ehrlich war, wollte sie das auch gar nicht. Das bedeutete Stress und Disziplin, und darauf hatte sie privat keine Lust.
Alice konnte kaum sehen, wo Dany hinrannte. Die Straße, in der sie wohnte, war normalerweise gut beleuchtet. Doch aus einem ihr unerfindlichen Grund waren heute Nacht mehrere Laternen ausgefallen. Sie zuckte erschrocken zusammen, als auch der Lichtkegel, unter dem sie sich gerade befand, mit einem Zischen erstarb, wie eine Kerze, deren Docht man mit nassen Fingern erstickt. Unbehaglich sah sie sich um. Trotz der Hitze wurde ihr plötzlich kalt. Sie fröstelte. Langsam schlug sie den Weg zum Park ein, auf den Dany zugestürmt war. Ein Rascheln, in einem Busch zu ihrer Seite, ließ sie erneut zusammenzucken. Verdammt, was war nur los mit ihr? Sie war doch sonst nicht so schreckhaft. Plötzlich hörte sie ein gequältes Winseln. Dany? Mit großen Schritten hastete sie über den Gehsteig, entlang der Umzäunung, rannte auf den Parkeingang zu. Und dann sah sie ihn, ein paar Meter vor dem Eingang, dessen Tor nachts verschlossen war, exponiert im Schein der einzigen noch brennenden Laterne. Ihre Augen weiteten sich, sie stieß einen Laut des Entsetzens aus, während sich ein Bild des Grauens unauslöschlich in ihr Gedächtnis einbrannte; Danys Kopf hing schlaff aus dem Maschendrahtgeflecht, das die Parkfläche umzäunte. Jemand hatte es aufgerissen, um Dany hindurch zu quetschen. Die Zunge quoll ihm aus dem Maul, seine Pfoten waren durch kleinere Gitteröffnungen gezerrt worden. Blut troff aus seinem Fell.
„Dany!“, schrie Alice und ihre Stimme überschlug sich. Sie beugte sich hinab zu dem kleinen Körper, versuchte ihn auf dem Drahtgeflecht zu lösen. Zu spät! Ihr Hund war bereits tot, die Schlingen hatten ihm die Luft abgeschnürt. „Nein!“ Hilflos sackte sie zu Boden. Völlig außer sich rief sie immer wieder seinen Namen, ihre Tränen strömten, während ihr Herz hämmerte, als wolle es ihre Brust sprengen. Dann erst, viel zu spät, wurde sie sich der Gefahr bewusst, in der sie selbst schwebte. Als sie aufsprang, um sich angstvoll umzusehen, wurde sie grob am Genick gepackt und aus dem Licht heraus gezogen. Sie strampelte, wehrte sich, doch der eiserne Griff lockerte sich nicht. Alice’ Angst, man würde ihr ebenfalls brutal das Genick brechen, wuchs ins Unermessliche. Ein Chuck wurde durch die Reibung von ihrem Fuß gerissen, die nackte Ferse schrammte über den Asphalt des Gehwegs; schürfte die empfindliche Haut auf. Eine weitere, vermummte Gestalt, kaum mehr als ein dunkler Schatten in der Nacht, löste sich aus der Dunkelheit und packte sie an den Fußgelenken. Demnach drangsalierten sie mehrere Personen. Derjenige, der sie hinterrücks überfallen hatte, ließ nun ihren Nacken los, seine Hände griffen unter ihre Achseln. Dann schleuderten die beiden Gestalten Alice über das Tor des Parks.
Als sie rücklings auf den Boden krachte, spürte sie einen schmerzhaften Stich in der Brustgegend und zog zischend Luft ein. Scheiße! Eine Rippe! Bevor sie
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