The Hunter - Die komplette erste Staffel
Angst, ihren Bruder erneut zu verlieren. Fast erwartete sie, dass er um sie schwirren, ihre Arme in eiskalte Luft tauchen würde, aber es geschah nicht. Die schwüle Luft im Zimmer raubte ihr fast den Atem, Schweiß lief ihr an den Brüsten hinab, als sie sich zum Wasserhahn an der Badewanne beugte, aufdrehte und den Stöpsel auf den Abfluss drückte. Ohne sich umzudrehen, wusste sie, dass Alex das Bad betreten hatte, denn der Schokoladenduft intensivierte sich, erfüllte den Raum, als hätte jemand Duftstäbchen entzündet. Sie drehte sich zu ihm um und hockte sich halb auf den Badewannenrand.
„Kann ich auf euch zählen?“
Alex nickte langsam.
„Dann bring mir bitte Eis, ein Glas und ein Messer, damit ich das Pulver anrühren kann.“ Leise stöhnend wischte sie sich eine klebrige Haarsträhne aus dem Gesicht. Schweißperlen liefen ihr von der Stirn langsam in die Augen. Unwirsch rieb sie sie mit dem Unterarm weg und blinzelte, ehe sie genervt die Brauen zusammenzog. „Was ist, Alex? Worauf wartest du noch?“ Medina wusste, sie war unfair, aber es blieb keine Zeit, untätig rumzusitzen. Ohne ein weiteres Wort verließ Alex das Bad. Dabei wich er Leony aus, die gerade eintreten wollte. Überrascht blickte sie hinter ihm her und sah zu Medina, die noch immer auf dem Badewannenrand saß.
„Hab ich irgendwas nicht mitgekriegt? Stör ich?“ Ihre blauen Augen blitzten unter dem schwarzen, geradegeschnittenen Pony hervor. Wieder einmal war Medina fasziniert von dieser Farbe und diesem Mädchen, das eine Halbhexe war und mit ihrem Wesen einer Märchenfigur glich. Im Moment hatte sie das schwarze hüftlange Haar zu einem Zopf gebunden.
Medina entkleidete sich und stieg in die viertelvolle Wanne. Die Luft aus ihren Lungen entwich zischend durch die Zähne, die sie wegen der Eiseskälte unwillkürlich zusammengebissen hatte. Gänsehaut überzog ihren Körper, die Brustwarzen härteten sich schmerzhaft. „Fuck ist das kalt.“ Sie stieg aus dem Wasser, fummelte das Papiertütchen aus ihrer verkrumpelten Jeans und legte es auf den Wannenrand.
„Darf ich wissen, um was es hier gerade geht, oder soll ich euch nicht stören?“ Immer noch beobachtete Leony jeden ihrer Schritte. Medina starrte sie an.
„Alex wird es dir gleich erklären, wenn ich weg bin.“ Sie hüllte sich in einen Bademantel und setzte sich auf den Klodeckel.
„Wenn du weg bist? Naja, ist mir auch egal. Ich helfe einfach und frage nicht mehr so nervig, okay?“ Ihre Stimme klang sarkastisch, aber Medina hörte auch Trauer heraus. Trauer darüber, dass sie sich nirgends mehr zu Hause fühlen konnte. So wie sie selbst auch, aber sie wollte ihr Herz nicht öffnen. Darum schwieg sie, starrte auf den Wasserhahn, der unendlich kostbares Nass in die Wanne spuckte, und versuchte, nicht mehr an Leonys Gefühle zu denken.
Alex unterbrach die Stille, indem er über einen von Medinas Boots stolperte und fast hingefallen wäre. Augenrollend stand sie auf, nahm ihm das Glas mit dem Messer aus der Hand und griff sich das Tütchen vom Rand der Badewanne. Sie hielt das Glas unter den Wasserhahn, füllte es auf und stellte es auf das Waschbecken.
„Alex, ich lege mich jetzt in die Wanne. Häufe die Eiswürfel am besten so auf mich, dass ich ganz bedeckt von ihnen bin.“ Schnell gab sie zwei Messerspitzen des Pulvers in das Glas, verrührte es und ging zur Badewanne. Sie stellte es ab, ließ den Bademantel hinabgleiten und stieg in das eiskalte Wasser. Es verschlug ihr erneut den Atem, als sie sich setzte. Trotzdem streckte sie den Rücken auf den Untergrund und tauchte einmal kurz ab, so dass ihre Haare nass wurden. Bald darauf spürte sie die Eiswürfel, die Alex aus einer Wäschewanne auf sie kippte. Medina klapperte mit den Zähnen, so kalt war es. Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Glas, das sie am Wannenrand abgestellt hatte, setzte es an den Mund und trank es leer. Dann ließ sie den Kopf sinken. Sie bemerkte noch, dass Alex den Hahn abdrehte, dumpf lauschte sie den Geräuschen, die das Wasser in ihren Ohren verursachte. Ihre Augenlider wurden schwer, langsam verschwamm die Umgebung. So sehr sie sich auch anstrengte, sie schaffte es nicht, den Kopf wieder aus dem Wasser zu heben oder ihn zu drehen, um die vertrauten Gesichter von Alex und Leony zu sehen. Auch die Augen aufzubehalten schaffte sie nicht mehr, sie klappten zu. Sie fühlte sich, als würde sie in einen Strudel gerissen, und fuhr innerlich Karussell. Okay, lass dich darauf ein, lass
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