The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
Ich kenne den Weg.«
»Natürlich tust du das.« Oliver hustete, doch er folgte ihrer Anweisung.
Azrael, der Engel des Todes, war nach Hause zurückgekehrt.
6
Die Einladung
A llegra kam spät auf der Party an. Sie war nervös, hatte zu lange vor dem Spiegel gestanden und sich gefragt, was sie anziehen sollte. Nichts, was sie aus New York mitgebracht hatte, schien passend zu sein. Sie hasste ihre Klamotten.
Charles war wie geplant zu der Ausstellungseröffnung gegangen. Allegra hatte ihn davon überzeugen können, dass ihr an diesem Abend nicht nach geselligem Geplauder zumute war und sie lieber hierbleiben und lesen wollte. Glücklicherweise war er zu begeistert darüber, dass er die bemerkenswerte Sammlung der antiken südamerikanischen Kunst zu sehen bekommen würde, um darauf zu bestehen, dass sie ihn begleitete. Charles genoss den gesellschaftlichen Rummel, er liebte es, sich in der Aufmerksamkeit seiner Verehrer zu sonnen, und sie wusste, dass er sie nicht vermissen würde.
Sowie sich die Tür hinter Charles geschlossen hatte, stürmte Allegra zu ihrem Wandschrank. Als Ben sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie sechzehn Jahre alt und voller Lebenslust gewesen. Und obwohl fünf Jahre keine besonders lange Zeit waren, fühlte sie sich sehr viel älter und war sich ihrer Schönheit und der Reaktion, die sie beim anderen Geschlecht auslöste, noch stärker bewusst.
Sie trug ihr Haar inzwischen kurz, fast jungenhaft, und Charles hasste es. Er hatte ihre langen goldenen Locken immer bewundert und es geliebt, seine Finger darin zu vergraben. Er war sehr enttäuscht gewesen, als sie mit ihrem neuen Haarschnitt vom Friseur gekommen war.
Allegra hingegen sah darin einen Befreiungsschlag: Sie hatte nicht mehr diese Wolle im Nacken, der Verkehr kam nicht mehr quietschend zum Stehen, wenn sie die Straße überquerte, und es drehten sich keine Köpfe mehr nach ihr um, wenn ihr goldenes Haar wie ein Segel hinter ihr herwehte. Sie genoss es, etwas unauffälliger, unscheinbarer und gewöhnlicher auszusehen – fast als wäre sie zur Abwechslung mal jemand anders.
Doch jetzt, als sie über die stumpfen Spitzen ihres Kurzhaarschnitts fuhr, fragte sie sich, ob Charles vielleicht doch Recht hatte, dass sie ohne ihr langes Haar nicht wie sie selbst aussah, sondern nur langweilig und unattraktiv.
Sie entschied sich schließlich für eine weiße Seidenbluse, eine Levis-Jeans für Männer, einen breiten Ledergürtel und abgewetzte Cowboystiefel.
Die Party fand in einem höher gelegenen Herrenhaus in Pacific Heigths statt, einem wohlhabenden Stadtviertel von San Francisco.
Allegra schlüpfte durch die vergoldeten Türen und nahm ein langstieliges Champagnerglas von einem Kellner, der ein silbernes Tablett trug. Sie bahnte sich einen Weg durch die gut aussehenden und gut betuchten Anwesenden – Frauen in Samt und Pelz gehüllt, Männer in maßgeschneiderten Jacketts.
Die Party fand hauptsächlich im Wohnzimmer statt, einem gemütlichen Raum mit hohen Bücherwänden, einem atemberaubenden Blick auf die Golden Gate Bridge und einem echten Monet über dem Kamin. Trotz der seltenen Antiquitäten und auffallenden Kunstobjekte wirkte es gleichzeitig warm und einladend.
»Sie kommen mir so vertraut vor. Ich bin Decca Chase. Willkommen in unserem Haus.« Eine der einflussreichsten Damen San Franciscos, die zufällig Bens Mutter war, lächelte Allegra an. »Sie sind das Mädchen auf den Gemälden, nicht wahr?«
Es gab noch mehr davon?, fragte sich Allegra. In der Galerie hatte sie nur eins entdeckt.
»Mrs Chase«, sagte sie, »es ist so schön, sie wiederzusehen.«
»Also sind wir uns schon einmal begegnet«, erwiderte Bens Mutter erfreut. Sie war groß und attraktiv, genau wie ihr Sohn, und in einen Hauch aus weißem Kaschmir gehüllt. Allegra fiel wieder ein, dass ihre Mitbewohnerin an der Endicott erzählt hatte, dass Bens Mutter Erbin eines enormen Vermögens war und sein Zweitname aus der Familie seiner Mutter stammte.
»Ich war mit Ben auf der Endicott-Akademie«, erklärte Allegra, die sich von Decca Chases Freundlichkeit ein bisschen eingeschüchtert fühlte.
»Natürlich! Er wird sich sehr freuen, eine alte Freundin zu treffen.«
Decca drängte sich durch die Partygäste und zog Allegra an der Hand hinter sich her. Schließlich hielt sie vor einem groß gewachsenen jungen Mann in einer abgetragenen blauen Jacke, der eine ihn bewundernde Menge mit einer fesselnden Geschichte erfreute.
»Sieh mal, wen ich dir
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