The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
noch austauschen würden. »Ich dachte gerade, dass wir es noch einmal tun sollten.«
Also taten sie es.
39
Der Preis für die Liebe
D ie Gemeinschaft zu verlassen, war keine belanglose Angelegenheit. Auch wenn Allegra nicht daran zweifelte, dass sie das Richtige tat, gab es Momente, in denen sie sich fragte, wie es Charles wohl ging. Sie hoffte, dass er sich wieder fangen und seinen Frieden finden würde. Sie hatte gedacht, ihr würde eine Last von den Schultern fallen, wenn sie sich erst von dem Bund befreit hatte, doch stattdessen war ihr schwer ums Herz. Sie konnte zwar ihre Liebe ausleben, aber sie hatte alles andere verloren, was ihr etwas bedeutet hatte, eingeschlossen ihrer geschichtsträchtigen, bedeutenden Vergangenheit, die ein unauslöschlicher Teil ihrer Identität war.
Ben liebte sie über alles und dachte, er würde sie kennen, aber es gab so vieles, was er niemals erfahren würde, niemals verstehen würde. Doch dafür liebte sie ihn ja auch: dass er eine Seite an ihr sah, die niemand sonst jemals wahrgenommen hatte – die menschliche Seite, das verletzliche Mädchen hinter der Vampirfassade.
Eines Morgens, ihre Gefangennahme lag noch nicht lange zurück, kam ein Telegramm auf dem Weingut an. Es war eine Vorladung. Ich bin im Fairmont. Ich warte um vier Uhr im Teezimmer auf dich.
»Wer schickt denn heutzutage noch Telegramme?«, fragte Ben, der Allegra dabei zusah, wie sie die maschinengeschriebene Nachricht las.
»Meine Mutter.« Allegra zerriss das Blatt und warf es in den Papierkorb. Sie hatte nicht mehr mit ihrer Mutter gesprochen, seit sie New York verlassen hatte, und Cordelia hatte bis jetzt noch nicht versucht, Kontakt mit ihr aufzunehmen.
»Wann werde ich sie kennenlernen?«
»Nicht in absehbarer Zeit. Tut mir leid, sie ist nur … keine Person, die du im Augenblick treffen solltest.«
Ben nickte, aber er wirkte verletzt und sie sprachen für den Rest des Tages nicht mehr darüber.
Als Allegra in der großen Empfangshalle des Hotels ankam, saß ihre Mutter steif, makellos und unnahbar wie immer auf einem Diwan. Allegra beugte sich zu ihr hinunter, um Cordelias papierartige Wange zu küssen, die nach Talkumpuder und Chanel No. 5 roch. Abgesehen von ein paar feinen Linien um ihre vogelblauen Augen schien Cordelia unverändert.
Für einen kurzen Augenblick hatte Allegra ein Bild von einer etwas älteren Cordelia vor Augen, die mit einem Mädchen sprach, das nur ein paar Jahre jünger als Allegra war. Das Mädchen blickte Cordelia in derselben Weise an, wie Allegra es immer tat. Mit einer Mischung aus Angst und Liebe.
Wer ist dieses Mädchen?, fragte sich Allegra. War es die Tochter, die sie mit Ben haben würde? Das Baby, das sie in der Vision gesehen hatte? Warum war das Mädchen bei Cordelia? Aber natürlich – Allegra erinnerte sich wieder –, weil sie nicht in der Lage war, ihr Kind selbst großzuziehen, denn ihr fiel wieder ein, wie sie sich im Koma in einem Krankenbett hatte liegen sehen. Gab es irgendeine Möglichkeit, das zu ändern? Die Zukunft zu ändern? Ben hatte gesagt, sie solle keine Angst haben, doch er hatte keine Ahnung, womit sie es zu tun hatten.
»Gebäck?«, fragte Cordelia und unterbrach Allegras Gedanken.
»Nein danke.«
»Schade, die sind ziemlich gut.«
Allegra beobachtete ihre Mutter dabei, wie sie mit kleinen, präzisen Bewegungen aß, und nahm demonstrativ einen großen, lauten Schluck aus ihrem Wasserglas.
»Ich weiß, warum du hier bist«, sagte sie schließlich.
»Wirklich?« Cordelia legte das angebissene Gebäckstück auf ihren Teller.
Allegra nickte. »Du wirst mich nicht davon überzeugen, meine Meinung zu ändern. Charles und ich haben es beendet. Er hat mich gehen lassen«, sagte sie, obwohl sie es selbst kaum glauben konnte.
»Ja, ich weiß. Die ganze Gemeinschaft weiß es, Allegra.« Cordelias Stimme wurde kalt. »Ich will nicht über deine Wahl diskutieren. Du wirst schon noch begreifen, was du dafür aufgegeben hast … für die Beziehung mit deinem menschlichen Vertrauten. Und da du ja bereits weißt, warum ich hier bin, und noch nichts unternommen hast, fürchte ich, dass wir beide nur unseren Nachmittag verschwenden.«
»Ja«, sagte Allegra, »es tut mit leid, dass ich dir deine kostbare Zeit stehle.«
Cordelia seufzte. »Ich habe mehr von dir erwartet. Ich dachte, du würdest dir Sorgen machen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du so herzlos bist. So warst du noch nie.«
»Ich mache mir Sorgen um Charles – das werde
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