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The Innovator's Dilemma

The Innovator's Dilemma

Titel: The Innovator's Dilemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clayton M. Christensen
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in seinem Hauptmarkt für allgemeine Aushubarbeiten ein. Obwohl einige Hersteller die Hydrauliktechnologie in bescheidenem Ausmaß verwendeten, fehlte es ihnen an Expertise im Produktdesign und an volumenbasierten Kostenvorteilen in der Produktion. So konnten sie mit den Hydraulikbaggern, die schließlich im Hauptmarkt eingeführt wurden, nicht mehr mithalten. Bis [93] Anfang der 1970er Jahre waren diese Unternehmen durch die Neueinsteiger mit Hydrauliktechnologie, die allesamt ihre technologischen Kompetenzen in den kleinen Segmenten erworben und weiterentwickelt hatten, aus ihren Märkten vertrieben worden ‍ ‍ ‍ 128 .

    Diese Unterschiede in den Strategien und in der Nutzbarmachung von Innovationen kennzeichnen die Ansätze der etablierten und neueintretenden Unternehmen in vielen anderen – von disruptiven Innovationen betroffenen – Branchen, allen voran in der Branche der Computerlaufwerke, der Stahl- und Computerbranche und vielen mehr.

Die Entscheidung zwischen Seil- und Hydrauliktechnologie

    Sobald die Hydrauliktechnologie so weit entwickelt war, dass sie auch die erforderliche Schaufelkapazität für Kanal- und Leitungssystemgrabungen erreicht hatte, änderte sich die Wettbewerbsdynamik . (siehe Abbildung 3.3). Die etablierten Unternehmen in diesen Märkten änderten ihre Kaufkriterien. Auch heute noch haben Seilbagger eine größere Reichweite und mehr Hub- als Hydraulikbagger ‍ 129 : Sie haben nahezu parallele Entwicklungspfade. Aber sobald beide Technologien die Bedürfnisse im Mainstream-Markt zufriedenstellten, konnten Baufirmen ihre Bagger nicht mehr auf Basis der Reichweite und Löffelkapazität auswählen. Beide Technologien waren gut genug. Die Tatsache, dass Seilbagger prinzipiell besser waren, war nicht mehr wettbewerbsentscheidend.

    Die Kunden erkannten, dass Hydraulikbagger weniger störanfällig sind. Vor allem, wer den lebensgefährlichen Riss eines Seils einmal miterlebt hatte, war sofort von der Hydrauliktechnologie überzeugt. Sobald beide Technologien – die Seil- und die Hydrauliktechnologie – die Mindestanforderungen erfüllten, veränderten sich die Kaufkriterien hin zur Zuverlässigkeit. Kanal- und Leitungssystembauer begannen Anfang der 1960er Jahre relativ schnell auf die Hydraulikbagger umzusteigen. Für allgemeine Aushubarbeiten stieg man auf diese ein paar Jahre später um.

Können wir ein ähnliches Muster auch in Deutschland erkennen?

    In ihrem Buch . „Bagger. Die große Chronik aller deutschen Hersteller“ liefern Ulf Böge und Stefan Heintzsch eine hervorragende Darstellung der geschichtlichen Entwicklung vom Anbeginn der Baggerproduktion bis zu Beginn dieses Jahrtausends. Darin und in einigen anderen Quellen finden sich zahlreiche Bestätigungen für die Prinzipien der disruptiven Innovation. Ähnlich wie in den USA verlief auch die Entwicklung in Deutschland. Allerdings hatten deutsche Baggerhersteller ganz andere Voraussetzungen. Viele von ihnen produzierten während des Zweiten Weltkriegs Rüstungsgüter [94] und waren daher Ziel amerikanischer und britischer Bombenangriffe. Die Bilanz der Zerstörungen war verheerend. Nach dem Krieg verzögerte das von den Alliierten verhängte Produktionsverbot für den Maschinenbau bei vielen Baggerherstellern die Wiederaufnahme der Produktion, da sie vorher in der Rüstungsindustrie tätig gewesen waren und erst nachweisen mussten, dass sie ausschließlich zivile Produkte fertigten. Vom Wiederaufbau und vom Marschallplan profitierten dann einige deutsche Hersteller, darunter vor allem Bünger, Demag, Dolberg, Gottwald, Menck & Hambrock, Orenstein & Koppel sowie Weserhütte ‍ ‍ ‍ 130 . Von den zahlreichen deutschen Baggerherstellern des 20. ‍ Jahrhunderts betrachten wir diese etwas genauer.

    Mit Ausnahme von Orenstein & Koppel schaffte keiner dieser etablierten Hersteller von Seilbaggern erfolgreich den Übergang zum Hydraulikbagger. Liebherr und Sennebogen, beides neu gegründete Unternehmen, waren nicht der Herstellung von großen Seilbaggern verpflichtet und konnten sich daher als Branchenneulinge unbelastet auf die Entwicklung von Hydraulikbaggern konzentrieren.

    Die 1950er Jahre galten aufgrund der ungeheuren Hersteller- und Typenvielfalt als die Blütezeit der Seilbagger ‍ ‍ ‍ 131 . Die Hydraulikbagger, von vielen zunächst nicht ernst genommen, traten in den 1960er Jahren ihren Siegeszug an ‍ ‍ ‍ 132 . Sie machten dem Seilbagger fast alle Arbeitsgebiete streitig. Viele deutsche

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