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The Longest Way: 4646 Kilometer zu Fuß durch China (German Edition)

The Longest Way: 4646 Kilometer zu Fuß durch China (German Edition)

Titel: The Longest Way: 4646 Kilometer zu Fuß durch China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Rehage
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Kilometer Luftlinie, und ich bin jetzt schon müde.
    Ich umfasse die Griffe der Kabutze fester, dann setze ich mich in Bewegung.
    Als ich die Stelle erreicht habe, ab der ich noch neun Kilometer laufen muss, kann ich nicht mehr. Ich lasse mich auf einen der Hocker fallen und setze eine Wasserflasche an die Lippen. Die Straße ist lang und gerade, und sie geht steil bergauf.
    Ich blicke in die Wüste hinein. In der braunen Ferne, die von der Abenddämmerung und dem Staub in der Luft unscharf gemacht wird, sehe ich Kamele. Sie laufen hintereinanderher, eines nach dem anderen in gleichmäßigen Abständen, und sie sehen tatsächlich genauso aus wie das Denkmal der Seidenstraßenkarawane, das ich vor so vielen Monaten in Xi’an gesehen habe.
    Onkel Shen hat gesagt, wenn Kamele in einen Sandsturm geraten, legen sie sich auf den Boden, die Köpfe vom Wind abgewandt, und warten ab. Danach gehen sie weiter.
    Ich hole ein paar Äpfel, Kekse und Wasserflaschen aus der Kabutze und lege sie zu den Kameras in den Außenkorb. Dann krame ich den Ersatzakku des Handys hervor, stecke die Kopfhörer in die Ohren und gehe die Playlist durch. Bei »Ratamahatta« von Sepultura verharre ich. Ich blicke die Straße entlang. Autos, klein wie Ameisen, quälen sich im Abendlicht die Steigung empor. Sie sieht endlos aus.
    Sepultura .
    Ich drücke auf Play und auf Repeat.

XINJIANG SEHEN UND GEHEN
    Ich sitze an einem Tisch in einem schmutzigen Imbiss, nippe an einer Cola und höre, wie über mich geredet wird.
    Eigentlich geht es gar nicht nicht um mich selbst, sondern um meine Essstäbchen. Sie glänzen, weil sie aus Metall sind.
    Ich habe sie mir in einem Supermarkt in Hami gekauft. Nach fast drei Jahren in China dämmerte es mir, dass Einwegstäbchen umweltschädlich sein könnten.
    Aber das wissen die drei Männer am Nebentisch nicht. Sie schielen zu mir herüber und vertiefen sich in Spekulationen darüber, warum ich bitte schön Essstäbchen aus Silber bei mir führe. Irgendwann haut sich einer an den Kopf, denn die Lösung ist ebenso genial wie einfach: Ich habe Angst, vergiftet zu werden! Wenn ich Gift in meiner Speise hätte, dann würde ich das sofort merken, denn meine Silberstäbchen würden sich beim Kontakt mit dem Essen verfärben!
    Die Frage, wer mich wohl vergiften wollen könnte, blenden sie aus.
    An einem anderen Tisch sitzt der Chef des Lokals mit Freunden und einer Menge Bierflaschen. Er redet so laut, dass es durch den ganzen Raum schallt, und er verkündet, dass er schon zweimal in Deutschland war. Die Menschen dort würden drei oder vier Sprachen sprechen, und sie sähen gelber aus als die anderen Europäer.
    »Oh!«, sagen die anderen, und er lacht zufrieden in sich hinein.
    Ich sage kein Wort, ich bin zu erschöpft.
    Der Anstieg gestern Abend war schlimmer als alles andere. Ich musste ihn in Abschnitte zu je tausend Metern unterteilen, und es war kein Gehen, sondern ein Taumeln. Ich kämpfte mich die Steigung hoch, die Arme vom Gewicht der Kabutze nach hinten gezogen, immer dasselbe Lied im Ohr, und ich behielt das GPS im Auge und zählte stur die Meter runter. Wenn ich tausend geschafft hatte, ließ ich mich auf den Hocker fallen, lehnte mich an die Kabutze, aß einen Apfel oder einen Keks und trank einen Schluck Wasser. Dann taumelte ich weiter, die nächsten tausend Meter.
    Einmal hielt ein Autofahrer und fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Er könne mich mitnehmen, meinen Karren auch. Ich sah ihn wie durch einen Nebel.
    »Das geht nicht«, hörte ich mich sagen, und ich schüttelte tatsächlich den Kopf.
    Die Gaststätten von Hongshankou waren widerlich, aber ich war schon zu müde, um enttäuscht sein zu können. Ich schaute mir zwei Löcher an, die einander an Schäbigkeit überboten, dann fand ich ein Zimmer mit einem Bettgestell und einer Tür, wischte ein paar Spinnweben beiseite und rollte meine Isomatte aus. Eine wohlmeinende Hand reichte mir noch ein Verlängerungskabel, dann ging das Licht aus.
    Die Morgensonne scheint schräg durch die Fenster herein.
    Eine der Frauen aus der Gruppe des Chefs steht vor mir. Ihre Kleidung ist ihr ein bisschen zu eng, ihr Gesicht sieht aus, als wäre es früher vielleicht einmal attraktiv gewesen. Jetzt ist es nur noch hart.
    »Hör nicht auf den«, sagt sie, zeigt auf den Chef und setzt sich mir gegenüber, »alle wissen, dass der noch nie außerhalb von Xinjiang war!«
    »Hey!«, die Stimme des Chefs tönt entrüstet herüber, und die anderen lachen und schenken ihm noch ein

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