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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Fenchelsamen, eine Tüte Lorbeerblätter und eine Dose Tomaten in den Wagen. Thymian, Weißwein und Olivenöl hatte er noch zu Hause. Er wollte eine Bouillabaisse zubereiten. Er war ein guter Koch, ja sogar besser als Evelyn damals. Das Kochen half ihm, sich die Zeit zu vertreiben, seit er im Ruhestand war.
    Er bezahlte die Einkäufe und brachte sie zum Wagen.
    Und all die Leute, denen er heute begegnet war, kannte er. Die meisten sogar mit Namen.
    Die Frau in der Reinigung, das Mädchen, bei dem er die Geburtstagskarte bezahlt hatte, den Schalterbeamten in der Bank, den Mann im weißen Kittel hinter der Meeresfrüchte-Theke, die Kassiererin im Supermarkt.
    Er kannte sie alle. Und sie kannten ihn.
    Er meinte zu spüren, wie das Alltägliche und Normale sich im Laufe weniger Stunden in etwas Unnatürliches verwandelt hatte. Als wäre sein Leben auf einmal ein offenes Buch. Als wäre er jetzt auf irgendeine Weise gebrandmarkt. Wie Hester Prynne in Der scharlachrote Buchstabe.
    So fühlt sich also Paranoia an, dachte er.
    Willkommen in der Klapse.
    Zu Hause räumte er die Lebensmittel ein, dann packte er die Hemden aus und hängte sie in den Schrank; er überlegte, ob er es nochmal bei Sally versuchen sollte, aber er ließ es bleiben. Er wollte nicht wieder ihre Mutter am Apparat haben. Ein zweiter Anrufer, der einfach auflegte, würde ihr Misstrauen wecken. Er fand es ebenso interessant wie beunruhigend, dass er sich plötzlich Sorgen machte, er könnte das Misstrauen anderer Leute wecken. Nachher würde er Sally sowieso sehen. Sie kam um halb acht zum Abendessen.
    Er fragte sich, wie sie ihren Eltern zwei- bis dreimal in der Woche – wenn sie bei ihm zu Abend aß – ihren fehlenden Appetit erklärte.
    Dann fragte er sich, warum er erst jetzt darüber nachdachte.
    Die Happy Hour im Panik’s um halb fünf ließ er heute aus. Er hatte keine Lust darauf. Stattdessen trank er ein paar Bierchen aus dem Kühlschrank und versuchte zu lesen. Aber Mailers Heere aus der Nacht konnte ihn nicht bei der Stange halten, so sehr er das Buch auch wegen einiger darin vertretener politischer Ansichten mochte. Um kurz nach sechs schlief er ein, das zweite halbleere Bier neben ihm auf dem Boden.
    Als er um halb sieben aufwachte, thronte die noch namenlose Katze auf seinem Bauch und versetzte ihm einen sanften Tritt mit der Pfote. Sie wollte ihr Abendessen. Allmählich gewöhnte sie sich an das bequeme, süße Leben. Er goss das schale warme Bier in die Spüle und machte sich ein neues auf, gab der Katze die zweite Hälfte der Friskies-Dose und schnitt das Gemüse für das Abendessen.
    Er nahm Evelyns großen Kessel aus dem Spülschrank, stellte ihn auf den Herd und dünstete das Gemüse fünf Minuten in Olivenöl zusammen mit dem Thymian und den Lorbeerblättern, dann gab er den Muschelsud, Wein, Tomaten und die restlichen Gewürze dazu und ließ das Ganze eine weitere Viertelstunde köcheln, während er die Garnelen schälte und im Sieb abspülte. Dann kochte er den Hummer, schnitt den rohen Dorsch in Stücke und putzte die Miesmuscheln. Als der Hummer fertig war, hielt er ihn unter kaltes Wasser, brach ihn auf, säuberte und viertelte ihn. Er wollte warten, bis Sally eintraf, bevor er den Fisch für die letzten fünfzehn Minuten der Garzeit dazugab. Unterdessen schnitt er das Brot auf. Er schaltete die Flamme aus, legte den Deckel auf den Kessel und stellte den Fisch in den Kühlschrank.
    Weder das Nickerchen noch das Kochen hatten seinen Gemütszustand verbessert, also mixte er sich einen sehr trockenen Martini und fügte drei mit Nelkenpfeffer gefüllte Oliven hinzu. Als er hörte, wie Sallys Volkswagen ums Haus bog, mixte er sich gerade einen weiteren Drink. Diesmal ohne Oliven. Nur Gin und Wermut.
    Mit einem breiten Grinsen betrat sie das Haus. Sie trug ein rückenfreies Oberteil, eine abgeschnittene Jeans und hielt eine Pepsiflasche und eine Papiertüte mit einem Baguette in den Händen. Also verstaute er das Brot, das er gekauft hatte, im Gefrierschrank. Ihres war frischer. Sie gab ihm einen Kuss, und er erkundigte sich, wie ihr Tag gewesen sei. Doch sie antwortete nicht, sah ihn nur an, während er die Meeresfrüchte aus dem Kühlschrank holte, sie in den Kessel warf und umrührte und gleichzeitig die Flamme entzündete und einstellte.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    Unglaublich. Sie konnte in sein Inneres blicken. Und das in ihrem Alter, es war wirklich erstaunlich. Aber es wäre sinnlos, sie anzulügen oder das Thema zu

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