The Rigger - Fesseln der Lust (Teil 2 & 3 Rosen ...) (German Edition)
Ermittlungsakten wurden bereits an eine Wand geworfen. Russel war kurz stehen geblieben, sondierte die Lage, hatte Peel zugenickt und war gleich auf die Bilder der toten Frauen zugegangen.
Peel wanderte weiter durch den Raum, warf jetzt nur ab und an einen Blick auf Linney, der nachdenklich vor den Bildern stand, immer wieder den Kopf schüttelte, während ich mich an die Fensterfront lehnte und die Szene von dort aus beobachtete.
Irgendjemand hatte mir einen Plastikbecher mit einer heißen Flüssigkeit darin, in die Hand gedrückt. Noch rätselte ich, um was es sich bei dem Getränk handeln konnte. Für Tee zu dunkel, für Kaffee eindeutig zu dünn.
„Kann ich die Bilder bitte in Originalgröße sehen?“ Linney hatte sich plötzlich herumgedreht und war zum Laptop gegangen.
Ein Beamter stürzte aus einer Ecke des Raumes herbei und holte die Bilder einzeln auf den Laptop.
Linney dankte, zog sich einen Stuhl heran und versank erneut in die Betrachtung der Bilder.
Peel war neben mir stehen geblieben. „Sie sehen Scheiße aus, Sinclair.“ Ich nickte.
„Sie gewinnen mit ihrem Aussehen aber auch keinen Blumentopf“, konterte ich und er grinste.
„Das ist mein kleines Mädchen. Also: Was hältst du von ihm?“ Ich musste schlucken.
Peel wechselte selten genug auf das private Du. Wir hatten eine Vereinbarung, quasi ein Geheimnis und so schwer es mir fiel: In 99% der Fälle konnte ich mich daran halten. Dass er jetzt selbst diese Vereinbarung missachtete, war ein Zeichen. Dass er es heute bereits zum zweiten Mal auch.
Es waren Zeichen dafür, dass er sich Sorgen machte.
Müde fuhr ich mir über die Augen, ließ die Hände durch meine Haare gleiten und band mir einen lockeren Zopf. Ich ließ Russel nicht aus den Augen. „Ich weiß es nicht. Er ist ein Genussmensch der besonderen Art. Ein Feingeist. Ein Exzentriker. Jemand, dem man in die Augen sieht und weiß, dass er kein Mörder ist.“
„Und du bist bis über beide Ohren in den Mann verknallt“, stellte Peel lapidar fest. Ich stimmte ihm zu. „Wenigstens hast du Geschmack, Kind.“ Er tätschelte mir die Schulter und ging hinüber zu Linney. „Und?“
Russel sah auf, dachte kurz nach und stützte dann den Kopf auf die Hände. „Zumindest kann ich sagen, dass die Rose tatsächlich aus der Zucht meiner Familie ist und dass Ihr Mörder jemand ist, der sein Handwerk bezüglich Bondage versteht. Das ist die japanische Variante, die mehr mit Stegen arbeitet.“ Peel zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Kennen Sie die Opfer?“ Russel schüttelte den Kopf.
„Würden Sie mich aber fragen, ob ich einen Rigger kenne, der genau auf diesen Typus Frau steht und der das Shibari mit mehreren Seilen beherrscht, könnte ich Ihnen auf Anhieb – schätzungsweise – 5 Personen nennen. Inklusive meiner Wenigkeit.“
Russel lehnte sich zurück. Das erste Mal, seitdem ich ihn kannte, konnte ich so etwas wie Müdigkeit in seinem Blick und seinen Bewegungen erkennen. Peel ließ sich auf seinem Stuhl zurückfallen. „Ich werde Ihnen die Adresse der Gärtnerin geben, die die Zucht der Rose fortführt. Eigentlich ist diese Sorte unverkäuflich, da sie nur für das Grundstück meiner Familie vorgesehen war. Aber wer weiß: Eine hohe Summe kann aus einem integren Menschen ein faules Ei machen.“
Peel nickte. „Danke für Ihre Unterstützung“, sagte er und das, was er danach sagte, konnte ich nicht verstehen, denn er hatte seine Stimme gesenkt. Dass Russel jedoch einen Moment danach zu mir herüber sah und mich prüfend ansah, um dann zu nicken, machte mich stutzig.
Verdammt, ich wollte nach Hause. Wollte dass diese verdammte, verfluchte Nacht endlich ein Ende hatte. Ich hatte mal ein Leben, dachte ich, ein gutes, ruhiges, wie ein großer Fluss dahinplätscherndes Leben. Und was hatte ich jetzt?
Die Niagara- und die Victoria-Falls auf einmal. Ich fühlte mich in den Strudeln unter den Fällen gefangen, bekam kaum Luft, und wenn ich die Chance hatte, den Kopf kurz über Wasser zu halten, kam die nächste Welle und ich verschluckte mich.
„Sinclair“, rief Peel nach mir und winkte, dass ich zu ihm und Russel hinüber kam. Widerstrebend setzte ich mich in Bewegung. Nachdem wir aus dem Wagen ausgestiegen waren, hatte ich mich in einiger Entfernung von Russel aufgehalten. Ich hatte seiner möglichen Wut auf mich, seiner zu erwartenden Enttäuschung über mein Verhalten, aus dem Weg gehen wollen. Jetzt musste ich mich den Tatsachen stellen. Er hatte sich
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