The Rigger - Fesseln der Lust (Teil 2 & 3 Rosen ...) (German Edition)
versuchte mir die Frage zu stellen, ob ich auch hier wäre, wenn diese Morde nicht im Hintergrund stehen würden. Ob ich freiwillig zu ihm – Sir Russel – gehen würde, um mich von seiner seltsamen Art mir gegenüber - vor den Kopf stoßen zu lassen. Die erschreckende Antwort war: Ja! Ich würde es tun. Immer und immer wieder.
Ich würde mich vertrauensvoll in seine Hände geben, weil ich wusste, dass er niemals etwas anderes als mich im Sinn haben würde. Und ich wusste, dass meine Wünsche und Erwartungen irgendwann von selbst erfüllt werden würden. Es war keine Frage der Zeit. Nein. Ich war die Frage. Und ich war die Antwort. Ich legte mich auf das Bett, rückte mir das Kissen zurecht, damit ich aufrecht sitzen konnte, und betrachtete das verworrene Interieur erneut. Und je länger ich dort lag und mich auf die einzelnen Gegenstände konzentrierte, desto klarer sah ich es. Das, was mir noch vor einer Stunde einen Schreck fürs Leben eingejagt hatte, war ich selbst. Es waren meine Vorstellungen, die mir Angst gemacht hatten. Meine eigenen Fesseln, die mich dort hielten, wo ich nicht hinwollte, die mir zwar ein bequemes Leben bescherten, die mich aber nicht frei sein ließen. Wieder fühlte ich diesen Moment des Schreckens, aber dieses Mal war er nicht mehr mit Furcht belastet.
Nein: Endlich verstand ich, warum mich Sir Russel in diesen Raum geführt hatte. Er wusste, wo meine Fesseln lagen. In meinem Kleingeist, der mir sagte, dass das hier scheußlich, grausam und unbarmherzig mit meinen Sinnen umgehen würde. Er hatte mich allein gelassen, damit ich die Schönheit jedes einzelnen Stückes erkennen konnte. Warum war ich nicht schon früher darauf gekommen? Warum war ich nicht schon in diesem Augenblick auf seine Intention gestoßen, als ich erkannte, dass jedes Stück in einem anderen Zimmer seine Schönheit frei entfalten konnte? Weil dem nicht so war. Hier war der Raum zwar mit diesen schönen Dingen überfüllt, aber sie waren trotzdem schön, liebenswert und hatten ihre eigene Geschichte zu erzählen.
Meine Geschichte war, dass ich zu bequem war, diese erfahren zu wollen. Meine Fessel war in erster Linie eine Geistige. Und diese löste sich gerade. Ich verstand.
Erleichtert über mich und meine Fähigkeit, wenn auch langsam, aber immerhin doch irgendwann, Zusammenhänge erkennen zu können, schloss ich für ein paar Minuten die Augen. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. In allem, was sie zu bieten hatten und so war es nicht verwunderlich, dass ich einschlief. Ich träumte davon, was mich an diesem Abend erwarten würde. Aber hatte mir die Ankündigung, von einigen Knoten und der Nicht-Befriedigung meiner sexuellen Bedürfnisse, noch vor einigen Stunden Unbehagen verursacht, wusste ich jetzt, dass dies Unfug war und ich mich darauf einlassen konnte.
Ich hatte nur eine Stunde geschlafen, fühlte mich aber erfrischt und erholt, als ich den Mantel in den Händen hielt und ihn betrachtete. Der changierende Stoff floss über meine Hände und es war wie ein Hauch auf meiner Haut. Die Pantöffelchen – Schuhe waren das nicht, dazu waren sie zu filigran gearbeitet – waren so leicht, dass ich fürchtete, ich würde sie beim Laufen womöglich verlieren. Gerade als ich mir die Haare zu einem Zopf band, öffnete sich die Tür und Miss Samantha trat ein. Sie lächelte mich an, trat hinter mich und half mir bei der Frisur. „Beneidenswertes Haar.“ Sie teilte den Zopf in zwei, knüpfte um einen ein Band, um den freien Teil darum zu binden. Miss Samantha legte den Zopf an meine Schultern und fasste mich an den Schultern. Sie hatte warme Hände, die mir zusätzlich das Gefühl von Vertrauen vermittelten. Ich drehte mich, besah meinen Zopf und nickte. „Lassen Sie uns gehen“, sagte Samantha, hielt mir ihre Hand hin, die ich ergriff und mich von ihr führen ließ.
Im Halbdunkel des Flures blieb sie kurz stehen, sah mich an und ich spürte, dass sie nach Worten suchte. „Ich wollte mich noch dafür bedanken, dass Sie diese Aufgabe Ihrer Prüfung durchführen.“ Erstaunt sah ich sie an. „Ich dachte, das wäre eine Bedingung.“
„Ist es auch“, entgegnete sie. „Aber viele der Damen, die wir in den letzten Wochen und Monaten in Betracht gezogen haben, Mitglied in unserer Bruderschaft zu werden, weigerten sich, diesen Teil der Prüfung zu vollziehen.“ Es zog etwas in diesem Flur und ich wickelte den leichten Mantel fester um mich. „Warum?“ Miss Samantha lachte tonlos. „Sie hatten Angst
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