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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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war ein großer, alter Bau aus Holz, ungefähr doppelt so hoch wie das Farmhaus, fensterlos, mit Lehmfußboden und einem zweiflügeligen Tor. Sonnenlicht drang durch die Risse zwischen den Holzbalken und beleuchtete Wolken von Strohstaub, die kühle Stille im Innern brachte die Luft zur Ruhe. Es war eine Art von Stille, die man fast riechen konnte. Der ganze Bau war schwarz gestrichen, innen wie außen. Abgesehen von weiterem Unrat – den Resten eines alten Fordson-Treckers, einigen Säcken Saatgut, ein paar Ballen moderigem Stroh – war die Scheune leer. Eine Leiter führte durch eine Luke zu etwas hinauf, das ich für einen Zwischenboden hielt. Ich überlegte, ob ich mich dort umschauen sollte, doch die Leiter wirkte nicht allzu stabil und wahrscheinlich gab es da oben sowieso nichts, also beschloss ich, mich nicht drum zu kümmern.
    Ich trat wieder hinaus auf den Hof und ging hinüber zu den Nebengebäuden. Es war kaum auszumachen, wie viele Gebäude es gab, denn alles war mit Wellplastik, Holzresten und Schnur zu einem einzigen großen Schuppen zusammengeflickt worden. Ich konnte jedoch nur zwei Türen finden, deshalb nahm ich an, dass es ursprünglich einmal zwei Gebäude gewesen waren. Beide Türen waren mit Vorhängeschlössern und Ketten verbarrikadiert und die Fenster waren alle vernagelt. Wobei die Schlösser kein Problem darstellten – ich hätte sie mit geschlossenen Augen aufgekriegt. Aber es war helllichter Tag und ich spürte, dass mich jemand beobachtete.
    Während ich mich von den wuchernden Schuppen entfernte und über den Hof Richtung Weg schlenderte, warf ich einen Blick |132| zurück auf das Farmhaus. Ich konnte nicht sehen, ob Abbie mich beobachtete – ich konnte
überhaupt
nichts sehen. Die Spiegelung der Sonne loderte in den Fenstern wie ein leuchtend roter Feuerball und verdeckte alles, was hinter dem Glas war. Doch als ich meine Augen abschirmte, wegsah und ein Nachbild auf meiner Netzhaut brannte, nahm ich plötzlich eine samtig gerahmte orangefarbene Scheibe mit stahlblauem Rand wahr und irgendwo dahinter, im All schwebend, ein flackerndes Gesicht im Fenster.
     
    Der Weg führte bergauf, fort von dem Farmhaus, und schlängelte sich in engen Windungen durch das Moor. Schafe grasten als blasse Flecken in der Ferne; ganz hinten rechts entdeckte ich auch dunklere Flecken von Kühen und Ponys, die über die offenen Moorflächen verstreut waren. Doch sonst war das Moor leer, bis auf gelegentliche schwarze Bewegungen vorüberfliegender Krähen.
    Ich wusste nicht, wohin ich ging. Ich ging einfach – ging vor mich hin, dachte nach, ließ mich schweigend treiben. Meine Augen waren zwar offen, doch die äußeren Sinne verschlossen. Ich versuchte mit Cole Verbindung zu bekommen – wollte erspüren, wo er war, was er machte, worüber er nachdachte. Ich rechnete nicht wirklich damit, dass es mir gelänge, denn so läuft das nicht. Ich kann diese Empfindungen nicht willentlich herbeiführen, sie sind einfach da oder eben nicht. Wenn ich mich anstrenge, etwas zu empfinden, ist das ein bisschen wie der Versuch, etwas zu hören. Wenn nichts da ist, hörst du auch nichts – egal wie sehr du dich bemühst. Aber das heißt ja nicht, dass man es nicht versuchen kann, oder?
    Also versuchte ich es immer wieder, während ich den Weg hinaufging, |133| ich hielt Herz und Sinne offen – für alle Fälle   –, doch nichts erreichte mich. Ich machte mir keine großen Sorgen. Wenn ich nichts wahrnahm, hieß das zwar nicht notwendigerweise, dass alles in Ordnung war, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich spüren würde, wenn Cole in Schwierigkeiten wäre.
    Ich trieb weiter, tief in Gedanken, ohne mir so ganz bewusst zu sein, wo ich mich eigentlich befand und was ich tat. Ich spürte die warme Luft auf meiner Haut. Ich spürte die Höhe des Himmels über mir und die Festigkeit der Erde unter meinen Füßen. Ich fühlte mich wieder klein, so klein wie die Wesen unter der Erde, die Bakterien und Einzeller, die Käfer und Würmer   … aber all das war weit weg und der Boden war fest und beruhigend, und das wiederum gab mir das Gefühl, unglaublich
groß
zu sein. Es vermittelte mir – für einen kurzen Moment – sogar die Vorstellung, ich könnte alles.
    Ich wusste es: In dieser winzigen Sekunde konnte ich
wirklich alles
.
    »Hey.«
    Die Stimme kam aus dem Nichts.
    Ich verschloss mein Inneres, konzentrierte mich wieder auf die Realität und sah, dass ich fast oben am Ende des Wegs angekommen war. Vor mir

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