The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
Wir bestellten unser Essen und die Jungs laberten die ganze Zeit über Spots und Trannies. Ich schenkte ihnen keinerlei Beachtung.
Angeblich musste man sich um so gut wie nichts Sorgen machen auf dieser Welt – zumindest behauptete das der Regierungsrat. Kein Hunger, keine Arbeitslosigkeit, jeder hatte ein Dach über dem Kopf … na ja, zumindest jeder, der eins wollte. Und warum musste ich dann eigentlich ständig Angst haben und wachsam sein?
Seit Jahren hatte ich versucht, zu ignorieren, wie schändlich Ginnie behandelt wurde, ich war Ed aus dem Weg gegangen und hatte mich gefürchtet davor, sechzehn zu werden, sowie vor allem, was damit einherging. Ich wusste, ich würde die Bilder aus Eds Pornofilmen nie im Leben vergessen können. Und jetzt musste ich auch noch auf Dee aufpassen und meinen Vater finden … und das alles musste ich ohne meine Mom meistern. Das war echt zu viel für mich.
Vielleicht war ich aber auch einfach zu empfindlich. Die meisten Mädchen in meinem Alter machten sich allenfalls Sorgen um unbedeutende Dinge, wie zum Beispiel, was sie anziehen sollten, mit welchen Leuten aus welchen Rängen sie abhängen sollten, welchen Slang sie sprechen sollten und welche Jungs die richtigen waren. Sie alle hielten es nicht für nötig, sich Sorgen zu machen, was sein würde, wenn sie sechzehn wurden – ganz anders als ich. Selbstverständlich hatte jede von ihnen Respekt vor der Tätowierung, auch wenn sie das nie im Leben zugegeben hätten. Sie behaupteten nur, sie hätten Angst vor der Nadel oder dass es wehtun könnte. Doch nie verloren sie ein Wort darüber, dass sie noch nicht bereit wären für Sex oder dass sie sich durch die Annäherungsversuche der Jungs leicht angreifbar fühlten. Vielleicht hatten sie ja tatsächlich keine Angst davor, aber ich fürchtete mich sehr.
Und dann waren da noch die Bewerbung für We LS und die Auswahl. Wenigstens konnte ich das von der Liste meiner Sorgen streichen, da Ginnnie mich ja rausgekauft hatte. Aber dafür machte sich Sandy einen gigantischen Stress, dass sie auch ja auserwählt wurde. Denn We LS war nun mal ihre beste Chance, aus den unteren Rängen aufzusteigen. Ich hatte ja meine Kunst, aber Sandy war einfach nicht schlau genug, um ein Stipendium zu ergattern, und sie war darüber hinaus auch gar nicht interessiert an kreativem Schaffen. Es bestand noch die Möglichkeit, dass sie einen Jungen aus einem höheren Rang kennenlernte, aber das erhoffte sich geradezu jedes Mädchen von niedrigem Rang. Und das hieß noch lange nicht, dass das allzu oft passierte. Vielleicht sollte ich ihr eine gute Freundin sein und Ed anrufen – aber wie konnte ich ihn in unser Leben lassen, wenn ich doch eigentlich alles tun musste, um ihn von Dee fernzuhalten? Wer konnte schon so genau sagen, was er für einen kleinen Gefallen im Gegenzug von mir verlangen würde? Ein Schauder überkam mich.
Für mich persönlich hatte ich geplant, entweder immer in den unteren Rängen zu bleiben oder ein Stipendium zu erlangen. Meine Noten waren gut, und da ich den kreativen Zweig gewählt hatte, hatte ich gute Chancen, auf das Kunstinstitut wechseln zu können. Kreative, die aus unteren Rängen stammten, nahmen ihre Kunst normalerweise besonders ernst, ob es sich nun um Musik, Malerei, Schauspielerei oder Schriftstellerei handelte, und der Regierungsrat ließ einen in Ruhe, es sei denn, man übertrat gewisse Grenzen und wagte es, mit seinen Werken zu politisch zu werden. Solche Kreativen verschwanden einfach von der Bildfläche. Niemand verlor je ein Wort darüber, was mit ihnen geschah. Daher hatte ich auch keine Ambitionen, jemals politisch aktiv zu werden.
Die ganze Grübelei ließ mich immer niedergeschlagener werden, bis Derek mich aus meinen Gedanken riss. »Weißt du was, Sal ist echt cool. Er mag Musik und sein Bruder hat diese ganzen tollen Trannies. Wie hast du ihn eigentlich kennengelernt?«
»Äh, wenn ich ehrlich bin …« Sollte ich es ihnen sagen? Bisher wusste nur Sandy von dem Vorfall im Park. Aber was konnte es schon schaden? Sie waren ja ebenfalls meine Freunde. Und bei dem ganzen Lärm hier im TJ s musste ich keine Angst haben, dass die Polizeibeamten von der Audio-Überwachung sich dafür interessieren könnten, wenn ein Mädchen irgendwas von einem Jungen erzählte.
»Da waren so ein paar Athleten im Lincoln Park, die haben ihn verprügelt. Ich, äh, ich hab ihnen gesagt, sie sollen sich verpissen.«
»Athleten.« Derek verzog das Gesicht, wobei er Kopf und
Weitere Kostenlose Bücher