The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
Wasserspender etwas zu trinken holen wollte, aber keiner von den beiden würdigte mich auch nur eines Blickes. Ich beobachtete, wie sie zusammen den Flur runtergingen und verschwanden. Und dann versuchte ich mir einzureden, dass das leere Gefühl in meiner Magengegend nichts anderes als Hunger war.
***
Mike, Derek und ich aßen zusammen in Mickeys Diner zu Mittag, einem kleinen Café gleich neben der Schule. Es war voll mit Schülern aller Ränge. Die einzigen Erwachsenen weit und breit waren Mickey und seine Frau. Mickey akzeptierte die Kreditpunkte, die eigentlich für die Cafeteria der Schule gedacht waren, und es gab keinen, der sich nicht lieber mit Tempeh-Burgern und Tofufritten vollstopfte, als diese wässrige, künstliche Pampe aus texturiertem Soja zu essen, die die einem in der Schule auftischten.
Wir quetschten uns an einen Tisch am Fenster, von dem gerade ein paar Leute aufgestanden waren.
»Da ist so ein Mädchen bei mir in der Klasse, Wei heißt sie …«
»Die ist bei dir in der Klasse?«, meinte Derek erstaunt.
»Dann steht dir ja ein turbulentes Jahr bevor«, fügte Mike hinzu.
»Ihr Tattoo«, sagte ich. »Wie hat sie es geschafft, damit durchzukommen?«
»Die Distel berührt ja die XVI nicht«, erklärte Derek.
»Die Distel?«
»Ja, nach einem uralten Symbol, soviel ich gehört habe. Sie hat es sich vergangenes Frühjahr machen lassen. Einige Eltern haben sich fürchterlich darüber aufgeregt, deshalb sind ein paar Inspektoren von der Regierung aufgetaucht. Aber da es bei einem Handgelenks-Scan nicht störte, konnten sie nichts dagegen unternehmen. Außerdem ist sie eine Kreative, die dürfen ja sowieso so gut wie alles. Ich finde es cool.«
Mike würgte die letzten Bissen von seinem Essen runter. »Sie stammt aus einem der oberen Ränge – zehn, glaube ich.« Er langte über den Tisch. »Kann ich den Rest von deinem Burger haben?«
»Klar.« In der Hoffnung, möglichst uninteressiert zu klingen, fragte ich: »Ist sie die Freundin von Sal?«
»Keine Ahnung.« Mike zuckte mit der Schulter und biss schmatzend in das, was von meinem Burger übrig war.
»Er ist nach der Stunde vorbeigekommen, dann sind sie zusammen los.«
Derek runzelte unmerklich die Stirn. »Und was, wenn es so ist?«
Er wartete auf irgendeine Reaktion. »Auch nicht schlimm. Hat mich nur interessiert.«
In diesem Moment gingen Sal und Wei am Fenster vorbei. Sie entdeckte mich und lächelte mir zu – ich musste neidlos zugeben, dass sie ein total nettes Lächeln hatte, ich musste es einfach erwidern. Im Vorbeigehen sagte sie etwas zu Sal. Er blickte über seine Schulter zu mir, dann drehte er sich wieder zu Wei. Während sie sich entfernten, entging mir nicht, dass sie nicht Händchen hielten. Nicht dass es mir irgendetwas ausmachen würde, wenn sie es täten.
XV
Der restliche Schultag verging ohne irgendwelche besonderen Vorkommnisse. Ich traf noch ein paar Leute, die ich von der Mittelschule kannte, doch Wei oder Sal sah ich nicht mehr. Die Erleichterung, die ich empfand, als ich Dee wie verabredet an der Ecke auf mich warten sah, überraschte mich. Bis zu diesem Augenblick war mir gar nicht bewusst gewesen, wie sehr ich mir wegen Ed Sorgen machte. Sie war so aufgeregt nach ihrem ersten Schultag, dass sie den ganzen Weg nach Hause ununterbrochen schnatterte, ich selbst kam gar nicht dazu, auch nur ein Wort zu sagen.
Nach dem Abendessen legte Dee gerade ihre elektronischen Schulbuchchips bereit, als Grandpa fragte: »Soll ich dir dabei helfen?«
»Klar.« Dee rückte ihren Stuhl ganz nah an seinen heran und zog den AV -Bildschirm aus ihrem Rucksack.
»Was für Hausaufgaben hast du denn auf?«, erkundigte ich mich.
»Regionalgeschichte und …« Sie rümpfte die Nase. »Mathe.«
»Grandpa ist spitze in Mathe. Deshalb ist er ja auch Mechaniker.« Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Das ist schon eine neumodische Art, die Hausaufgaben zu machen auf diesen winzigen Bildschirmen.« Er holte seine Brille aus der Tasche. »Glaubst du, ich komm nahe genug ran?« Er presste seine Nase an den Bildschirm, sodass Dee lachen musste.
Als ich ihr Lachen hörte, fing mein Herz an, vor Freude zu hüpfen. Ich räumte schnell den Tisch ab und wollte gerade in mein Zimmer, in der Hoffnung, endlich ein bisschen Zeit zu haben, Dees Babybuch genauer unter die Lupe zu nehmen, als ich Grandma bemerkte. Sie saß auf dem Sofa und tupfte sich die Augen.
»Alles in Ordnung?«
»Komm her, Liebes.« Sie klopfte auf das Kissen neben
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