The Sign Bd. 1 Nur zu deiner Sicherheit
nicht?«
»Grandpa kann sich glücklich schätzen, dass er das Bein bekommen hat, das er jetzt hat. Die Regierung hatte nicht die Absicht, etwas für ihn oder diesen anderen Mann zu tun. In Blogs haben sich viele Leute wütend zu diesem Vorfall geäußert, deswegen haben die Medien ihn irgendwann aufgegriffen und eine große Sache draus gemacht. Das setzte sie unter Druck. Was mich betrifft, ich bin der Meinung, dass das das einzige Mal war, dass die Medien etwas Nützliches bewirkt haben.«
Ich klang exakt wie Ginnie. Genau so etwas hätte sie auch gesagt.
»Heute würden sie nicht mehr so handeln«, meinte Sal. »Stattdessen würden sie sämtliche Blogs einfrieren und vielleicht sogar die Blogger selbst außer Gefecht setzen.« Er warf mir einen kurzen Blick von der Seite zu, fast so, als würde er sich überzeugen wollen, dass ich die Gefährlichkeit und das Ausmaß seiner Aussage begriffen hatte.
Das hatte ich. Das Erste, was mir in den Sinn kam, war Überwachung, und das brachte mich dazu, den Blick gen Himmel zu werfen.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Viel zu viele laute Spots, als dass sie mitkriegen könnten, was wir hier reden.«
Obwohl die Sonne schien, hatte ich plötzlich eine Gänsehaut. Ich zog den Sweater enger um mich, sagte aber keinen Ton, da ich mich auf gar keinen Fall auf ein Gespräch über die Regierung einlassen wollte. Und schon gar nicht mit einem Kerl, der sich wie ein Obdachloser verkleidete und unerwartet an Orten auftauchte, an denen er eigentlich nicht sein sollte – wie bei mir daheim –, und das mit Leuten, mit denen er nicht zusammen sein sollte – mit meinen Freunden.
Doch ein Teil von mir war durchaus neugierig und wollte mehr über Sal Davis und die Dinge, die er womöglich zu sagen hatte, wissen. Dinge, die mich an Ginnie erinnerten … und die Gesprächen der NonKons und des Widerstands gefährlich nahe kamen. Ich hätte ihn auf der Stelle stehen lassen und mich Mike und Derek anschließen sollen. Doch ich wollte nun mal hören, was er zu sagen hatte, auch wenn mich das ängstigte.
»Ich weiß alles über die Regierung und die Medien und was sie so treiben.« Der verbitterte Ton in Sals Stimme überraschte mich. »Mein Dad war Reporter für die Global Times. Der Regierungsrat bestand darauf, dass er eine fundierte Reportage über eine verdächtige Widerstandsgruppierung auf den Äußeren Hebriden machen sollte. Meine Mom kam mit ihm, da sie noch nie im Vereinigten Großen Inselreich gewesen war. Das Leviton, das sie von der Hauptinsel auf die Hebriden bringen sollte, stürzte ins Meer. Ihre Leichname wurden nie gefunden, weshalb die Regierung nicht bereit war, den Hinterbliebenen eine Rente zu bezahlen, bis die obligatorischen acht Jahre Wartezeit vorüber waren. Natürlich werde ich zu dem Zeitpunkt schon zu alt sein, um irgendwelche Beihilfen zu beziehen.« Er stieß ein hohles Lachen aus. »Die Times hat mir und John eine kleine Rente bewilligt, damit sie gut dastehen.« Er schob die Hände in die Hosentaschen. »Am liebsten würde man selbst aktiv werden und …«
Hinter seinem harten Blick entdeckte ich einen Anflug tiefer Traurigkeit. Wenigstens hatte ich dank der Unendlichkeitsmaschine die Möglichkeit gehabt, mich von Ginnie zu verabschieden. Instinktiv griff ich nach seinem Arm. »Tut mir leid.«
Er blieb stehen, starrte erst auf meine Hand, dann sah er mir ins Gesicht. Vielleicht konnte er, genau wie ich, nicht besonders gut mit Mitleidsbekundungen umgehen. Ich zog meine Hand zurück und wagte ein vorsichtiges Lächeln. Als er zurücklächelte, durchströmte es mich ganz warm, wie eine Tasse heißer Schokolade im Dezember. Ich war nicht an solche Situationen gewöhnt – ich brauchte irgendetwas, das mir vertraut war, und zwar sofort. Wo waren nur Derek und Mike? Ich entdeckte sie vor dem Elektroladen weiter die Straße runter, wo sie auf einem uralten Gerät Musik hörten. Schnell eilte ich zu ihnen, Sal mir hinterher.
»Hey, Leute, hört euch das an«, meinte Mike. »Das ist großartig!«
Ich erkannte die Melodie. »Hey, den Song kenn ich. Den spielst du doch immer, Derek, oder?«
»Jep, der ist von Van Morrison. Ziemlich cool, was?« Er wandte sich an Sal. »Mein älterer Bruder, Riley, hat eine ganze Menge von seinen Songs. Er studiert Frühgeschichte der Musik an der Universität und hat sich auf die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts spezialisiert. Wenn ich mal auf die Uni gehe, mache ich dasselbe. Ich hab mich sogar schon für ein
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