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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gottverlassene Wildnis durchschnitt, und er würde sich umschauen und riechen und lauschen, während das Klima immer trockener wurde, bis die Vegetation nur noch aus Salbei und Steppengras bestand, würde die Berge sehen, die wie Saurierknochen aus der Erde ragten. Morgen früh in der Dämmerung oder einen Tag später würde er in Nevada sein und zuerst Owyhee erreichen und dann Mountain City, und in Mountain City lebte ein Mann namens Christopher Bradenton, der dafür sorgen würde, daß er ein Auto bekam und Papiere, die beide clean waren, und dann würde sich ihm das Land in all seinen strahlenden Möglichkeiten erschließen, ein Körper, dessen Haut von einem wunderbaren, Kapillargefäßen gleichen Straßennetz durchzogen war, welches ihn, das dunkle Fleckchen fremder Materie, irgendwo hinbringen würde, oder überallhin - Herz, Leber, Augen, Gehirn. Er war eine Embolie, die nach einer Stelle suchte, wo sie passieren konnte, ein Knochensplitter auf der Suche nach einem weichen Organ zum Durchbohren, eine einsame Krebszelle, die nach einer Gefährtin suchte - dann würden sie einen Hausstand gründen und sich einen niedlichen kleinen bösartigen Tumor großziehen.
    Er stapfte weiter und ließ die Arme an den Seiten schwingen. Er war bekannt, gut bekannt, an diesen verborgenen Straßen, auf denen die Armen und Verrückten reisen, die Berufsrevolutionäre und jene, die so gut hassen gelernt haben, daß sich der Haß in ihren Gesichtern zeigt wie Hasenscharten und die nirgends willkommen sind, außer bei ihresgleichen, die sie in billige Räume mit Parolen und Postern an den Wänden einlassen, in Keller, in denen abgesägte Rohre in gepolsterten Schraubstöcken eingeklemmt sind und mit Sprengstoff gefüllt werden, in Hinterzimmer, in denen wahnwitzige Pläne ausgeheckt werden: ein Kabinettmitglied zu ermorden, das Kind eines Würdenträgers zu entführen oder mit Handgranaten und Maschinengewehren in eine Aufsichtsratssitzung der Standard Oil einzudringen und im Namen des Volkes zu morden. Er war dort bekannt, und selbst der Verrückteste unter ihnen konnte ihm nur von der Seite in das dunkle, grinsende Gesicht sehen. Die Frauen, die er mit ins Bett nahm, nahmen ihn mit starren Gliedmaßen in sich auf, auch wenn Geschlechtsverkehr für sie etwas so Nebensächliches war, wie einen Snack aus dem Kühlschrank zu holen. Sie empfingen ihn wie einen Widder mit goldenen Hörnern oder einen schwarzen Hund - und wenn es vorüber war, war ihnen kalt, so kalt , es schien unmöglich, daß ihnen jemals wieder warm werden würde. Wenn er in einer Versammlung erschien, hörte das hysterische Schreien auf - die Verleumdungen, die Beschuldigungen, die Anklagen, die ideologische Rhetorik. Einen Augenblick lang herrschte Totenstille, und alle sahen ihn an und wandten sich ab, als wäre er mit einem schrecklichen alten Instrument der Zerstörung hereingekommen, tausendmal schlimmer als der Plastiksprengstoff, der in den Kellern abtrünniger Chemiestudenten hergestellt wurde, oder die Waffen, die auf dem schwarzen Markt von einem geldgierigen Magazinverwalter der Armee verkauft wurden. Es schien, als wäre er mit einem Instrument zu ihnen gekommen, das, rostig von Blut und seit Jahrhunderten in unzählige Schreie eingehüllt war, jetzt aber in ihre Versammlung getragen wurde wie ein Geschenk der Hölle, ein Geburtstagskuchen mit Kerzen aus Nitroglyzerin. Und wenn die Gespräche wieder auflebten, dann rational und diszipliniert - so rational und diszipliniert, wie es unter Fanatikern möglich ist -, und man wurde sich einig. 
    Er ging weiter, seine Füße fühlten sich wohl in den Stiefeln, die genau an den richtigen Stellen Risse hatten. Seine Füße und diese Stiefel waren alte Freunde. Christopher Bradenton in Mountain City kannte ihn als Richard Fry. Bradenton half politisch Verfolgten, in den Untergrund zu gehen, und organisierte Reisen. Ein halbes Dutzend verschiedene Organisationen, von den Weathermen bis zur Guevara-Brigade, sorgten dafür, daß Bradenton Geld hatte. Er war Dichter und lehrte gelegentlich an der Freien Universität oder reiste in die westlichen Staaten Utah, Nevada und Arizona, wo er vor Schulklassen Vorträge hielt und die Schüler und Schülerinnen der Mittelschicht (hoffte er) mit der Nachricht verblüffte, daß Dichtung lebte - sie war zwar bettlägerig, aber nichtsdestotrotz bösartig aktiv. Er war jetzt Ende Fünfzig, aber Bradenton war vor über zwanzig Jahren von einer Hochschule in Kalifornien entlassen

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