Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
entfernt. Sie war ihm zu dem Haus gefolgt, wo Larry auf der Veranda geschlafen hatte. Larry drinnen schlafend, Joe draußen wartend, das Messer voll stummer Wildheit gezückt, und lediglich das dünne Fliegengitter dazwischen. Sie hatte ihn gezwungen, mit ihr zu kommen.
    Haß brandete in Nadine auf, schlug Funken wie Stahl auf Feuerstein. Die Coleman-Lampe bebte in ihrer Hand und ließ wilde Schatten springen und tanzen. Sie hätte ihn gewähren lassen sollen! Sie hätte Joe selbst die Tür aufhalten, ihn hineinlassen sollen, um zu stechen und zu zerfetzen und zu schneiden und zu schlitzen und zu töten. Sie hätte...
    Der Junge rollte sich herum und stöhnte leise, als würde er aufwachen. Seine Hände zuckten hoch und schlugen durch die Luft, als wollte er im Traum ein schwarzes Phantom abwehren. Nadine zog sich zurück; sie spürte heftigen Pulsschlag in den Schläfen. Es war immer noch etwas Seltsames in dem Jungen, und ihr gefiel nicht, wie er sich gerade bewegt hatte, als hätte er ihre Gedanken erraten.
    Sie mußte weitermachen. Sie mußte sich beeilen. Sie ging in ihr Zimmer. Auf dem Boden lag ein Teppich. Ein schmales Einzelbett - das Bett einer alten Jungfer. Mehr nicht. Nicht einmal ein Bild. Das Zimmer hatte überhaupt keine Individualität. Sie machte die Schranktür auf und wühlte hinter den aufgehängten Kleidern. Sie war jetzt auf den Knien und schwitzte. Sie nahm einen bunten Karton heraus, den ein Bild lachender Menschen zierte, die ein Party-Spiel machten. Ein Party-Spiel, das mindestens dreitausend Jahre alt war. Sie hatte das Spiritistenbrett in einem Scherzartikelladen in der Innenstadt gefunden, aber im Haus hatte sie es nicht anzuwenden gewagt, weil der Junge hier war. Sie hatte überhaupt noch nicht gewagt, es anzuwenden... bis jetzt. Etwas hatte sie getrieben, den Laden zu betreten, und als sie das Brett in seiner bunten Verpackung sah, war ein schrecklicher Kampf in ihrem Innern entbrannt - die Psychologen nennen so einen Kampf Aversion/Kompulsion. Sie hatte damals wie heute geschwitzt und zweierlei gleichzeitig gewollt: aus dem Geschäft fliehen, ohne zurückzusehen, und den Karton nehmen, den gräßlich fröhlichen Karton, und ihn nach Hause tragen. Der zweite Wunsch machte ihr mehr Angst, denn er schien gar nicht ihr Wunsch zu sein. Schließlich hatte sie den Karton mitgenommen.
    Das war vier Tage her. Der Zwang war jede Nacht stärker geworden, bis sie heute nacht, halb wahnsinnig vor Ängsten, die sie nicht begriff, in ihrem blaugrauen Kleid, unter dem sie nichts anhatte, zu Larry gegangen war. Sie hatte diesen Ängsten ein für allemal ein Ende machen wollen. Als sie auf der Veranda darauf gewartet hatte, daß die beiden von der Versammlung zurückkamen, war sie überzeugt gewesen, endlich das Richtige zu tun. Sie hatte dieses Gefühl in sich gehabt, dieses leicht trunkene, beschwingte Gefühl, das sie nicht mehr gekannt, seit jener Junge sie damals durch das taufeuchte Gras verfolgt hatte. Nur würde der Junge sie diesmal fangen. Sie würde sich fangen lassen. Das wäre das Ende. 
    Aber als er sie gefangen hatte, hatte er sie nicht gewollt. 
    Nadine stand auf, hielt den Karton vor die Brust und machte die Lampe aus. Er hatte sie abgewiesen, und hieß es nicht, daß die Hölle keine Schrecken kennt...? Eine abgewiesene Frau mochte sich leicht mit dem Teufel verbünden... oder seinem Henker. 
    Sie holte rasch noch die große Taschenlampe vom Tisch im Flur. Hinten im Haus schrie der Junge im Schlaf; sie erstarrte einen Moment, ihre Haare sträubten sich. Dann verließ sie das Haus.
    Ihre Vespa stand am Bordstein, die Vespa, mit der sie vor ein paar Tagen zu Harold Lauders Haus gefahren war. Warum war sie dorthin gegangen? Seit sie nach Boulder gekommen war, hatte sie kaum ein Dutzend Worte mit Harold gewechselt. Aber in ihrer Verwirrung wegen des Spiritistenbretts und in ihrer Angst vor den Träumen, die sie immer noch hatte, obwohl sie alle anderen nicht mehr quälten, schien ihr, als müßte sie unbedingt mit Harold sprechen. Auch vor diesem Impuls hatte sie Angst gehabt, erinnerte sie sich, während sie den Zündschlüssel der Vespa ins Schloß steckte. Wie der plötzliche Drang, das Spiritistenbrett zu nehmen ( Verblüffen Sie Ihre Freunde! Verschönern Sie Ihre Parties!  stand auf dem Karton), schien auch das ein Einfall gewesen zu sein, der nicht aus ihr selbst kam. Möglicherweise sein Einfall. Aber als sie sich gefügt hatte und zu Harold gegangen war, war er nicht

Weitere Kostenlose Bücher