Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Kopfschütteln.
    »Bist du Joe?«
    Ein ebenso schwaches Nicken.
    »Na gut. Aber du mußt einsehen, daß es keine Rolle spielt, wer du bist«, sagte sie und versuchte, geduldig zu sein. Das irre Gefühl, dass sie eine Zeitreise hinter sich hatte, daß sie wieder auf dem Ausgangsfeld stand, ging nicht weg. Sie fühlte sich unwirklich und ängstlich. »Dieser Teil unseres Lebens der Teil, als wir allein und nur auf uns gestellt waren - ist vorbei. Du hast dich verändert, ich habe mich verändert, wir können uns nicht zurückverwandeln.«
    Aber seine seltsamen Augen blickten weiterhin starr in die ihren und schienen das zu bestreiten.
    »Hör auf, mich so anzusehen«, schnappte sie. »Es ist sehr unhöflich, Leute so anzustarren.«
    Nun schienen seine Augen leicht vorwurfsvoll zu werden. Sie schienen anzudeuten, daß es auch unhöflich war, Menschen im Stich zu lassen, und noch unhöflicher, Menschen seine Liebe zu entziehen, die sie noch brauchten und darauf angewiesen waren.
    »Es ist nicht so, daß du auf dich allein gestellt wärest«, sagte sie, drehte sich um und hob die Bücher auf, die sie fallen gelassen hatte. Sie kniete linkisch und ohne Anmut, und ihre Knie knackten dabei wie Holzscheite im Feuer. Sie stopfte die Bücher kunterbunt in den Rucksack zu den Monatsbinden und dem Aspirin und ihrer Unterwäsche - schlichte Baumwollunterwäsche, ganz anders als die Sachen, die sie trug, um Harolds ungestüme Lust anzustacheln.
    »Du hast Larry und Lucy. Du magst sie, und sie mögen dich. Nun, Larry mag dich, und darauf kommt es an, weil sie alles will, was er auch will. Sie ist wie ein Blatt Blaupapier. Für mich ist jetzt alles anders, Joe, und das ist nicht meine Schuld. Überhaupt nicht meine Schuld. Also hör gefälligst auf zu versuchen, mir Schuldgefühle zu machen.«
    Sie versuchte, die Riemen des Rucksacks zuzuschnüren, aber ihre Finger zitterten unbeherrscht, und es fiel ihr schwer. Das Schweigen um sie herum wurde immer schwerer und schwerer.
    Schließlich stand sie auf und schnallte den Rucksack auf die Schultern.
    »Leo.« Sie versuchte, ruhig und vernünftig zu sprechen wie mit den Problemkindern in ihrer Klasse, wenn sie Anfälle gehabt hatten. Es war einfach unmöglich. Ihre Stimme klang kieksig und zittrig, und sein schwaches Kopfschütteln angesichts des Wortes Leo machte es noch schlimmer.
    »Es ist nicht wegen Larry und Lucy«, sagte sie nachdrücklich. »Das hätte ich verstehen können, wenn es nur das gewesen wäre. In Wirklichkeit war es die alte Schlampe, für die du mich aufgegeben hast, oder nicht? Diese dumme alte Frau in ihrem Schaukelstuhl, die mit ihren falschen Zähnen in die Welt gegrinst hat. Jetzt ist sie fort, und du kommst wieder zu mir gerannt. Aber ich spiele nicht mit, hast du verstanden? Ich spiele nicht mit !«
    Joe sagte nichts.
    »Und als ich Larry angefleht habe... als ich auf die Knie gefallen bin und ihn angefleht habe... wollte er nicht belästigt werden. Er war zu sehr damit beschäftigt, den großen Mann zu spielen. Du siehst also, es ist nicht meine Schuld. Nichts ist meine Schuld! «
    Der Junge sah sie nur gleichgültig an.
    Ihr Entsetzen kam zurück und begrub ihre unschuldige Wut unter sich. Sie wich vor ihm zur Tür zurück und tastete hinter ihrem Rücken nach der Klinke. Schließlich fand sie sie, drückte sie nieder und riß die Tür auf. Der kalte Luftstrom von draußen an ihren Schultern war mehr als angenehm.
    »Geh zu Larry«, murmelte sie. »Lebwohl, Junge.«
    Sie ging linkisch hinaus, blieb einen Augenblick auf der obersten Stufe stehen und versuchte, den Kopf wieder klar zu bekommen. Plötzlich fiel ihr ein, das Ganze könnte eine Halluzination gewesen sein, hervorgerufen durch ihre eigenen Schuldgefühle...
    Schuldgefühle, weil sie den Jungen im Stich ließ, weil sie Larry zu lange hatte warten lassen, Schuldgefühle wegen dem, was sie und Harold miteinander trieben, und dem viel Schlimmeren, was ihnen noch bevorstand. Vielleicht war gar kein echter Junge in dem Haus gewesen. Er war ebenso wenig real wie die Hirngespinste von Poe - der Herzschlag des alten Mannes, der sich wie eine in Watte verpackte Uhr anhörte, oder der Rabe, der auf der Büste von Pallas Athene kauerte.
    »Als klopfe - klopfe jemand sacht ans Tor«, flüsterte sie laut und ohne nachzudenken, und darauf stieß sie ein entsetztes, krächzendes Lachen aus, das sich wahrscheinlich nicht sehr von den Schreien eines Raben unterschied.
    Aber sie mußte es wissen.
    Sie ging zum Fenster

Weitere Kostenlose Bücher