The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Am Anfang der Ewigkeit (German Edition)
lassen und mit den älteren Frauen in einer Ecke die Einzelheiten ihrer Hochzeitsnacht zu erörtern. Ich stellte mir vor, wie sie über den Rasen gelaufen war und dann Schritte hinter sich gehört hatte– und wie sie, als sie sich umdrehte, blitzende weiße Zähne im Mondlicht glitzern gesehen hatte. Ich schauderte.
Damon legte mir eine Hand auf die Schulter. Plötzlich brach der Strom furchterregender Bilder ab. » Der Tod kommt im Allgemeinen binnen weniger als einer Sekunde. So ist es im Krieg, und ich bin mir sicher, dass es bei Rosalyn genauso war.« Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl und rieb sich die Schläfen. » Man glaubt, es war ein Kojote. Der Krieg verlagert sich Richtung Osten und vermutlich folgen die Tiere der Blutspur der Schlachtfelder.«
» Kojoten«, wiederholte ich und meine Stimme stolperte bei der zweiten Silbe. Ich hatte das Wort noch nie gehört. Es war lediglich ein weiterer neuer Begriff, wie getötet und Witwer, die in Kürze zu meinem Wortschatz gehören würden.
» Natürlich gibt es Leute, unter ihnen auch Vater, die glauben, es sei das Werk von Dämonen.« Damon verdrehte die dunklen Augen. » Genau das, was unsere Stadt braucht. Massenhysterie, die sich wie eine Seuche verbreitet. Was mich an diesem kleinen Gerücht wahnsinnig macht, ist vor allem Folgendes: Wenn die Leute davon überzeugt sind, dass ihre Stadt unter der Belagerung einer dämonischen Macht steht, konzentrieren sie sich nicht mehr auf die Tatsache, dass ein Krieg unser Land zerreißt. Diese Spielart von Ich stecke den Kopf in den Sand verstehe ich einfach nicht.«
Ich nickte, hörte aber nicht wirklich zu. Ich war außerstande, Rosalyns Tod als Teil irgendeiner Argumentation gegen den Krieg zu betrachten. Während Damon weitersinnierte, sank ich noch tiefer in meine Kissen und schloss die Augen. Ich rief mir Rosalyns Gesicht ins Gedächtnis, so, wie ich sie gefunden hatte. Dort, in der Dunkelheit, hatte sie anders ausgesehen. Ihre Augen waren groß und leuchtend gewesen. Als hätte sie etwas Schreckliches entdeckt. Als hätte sie grauenhaft gelitten.
Kapitel Zehn
Mitternacht. Zu spät, um einzuschlafen, zu früh, um wach zu bleiben. Eine Kerze brennt auf meinem Nachttisch, die flackernden Schatten wirken unheilvoll.
Dabei werde ich bereits heimgesucht. Kann ich mir je verzeihen, dass ich Rosalyn erst gefunden habe, als es zu spät war? Und warum geht sie – die, die zu vergessen ich mir geschworen habe – mir immer noch nicht aus dem Sinn?
Mein Herz hämmert. Cordelia kommt ständig herein, bietet mir Getränke an, Pastillen, pulverisierte Kräuter. Ich nehme sie wie ein Kind auf dem Weg zur Genesung. Vater und Damon betrachten mich zweifelnd, wenn sie denken, dass ich schlafe. Wissen sie von den Albträumen?
Ich dachte, die Ehe sei ein Schicksal, schlimmer als der Tod. Ich habe mich geirrt. Ich habe mich in so vielen Dingen geirrt, in zu vielen Dingen. Und jetzt kann ich nur um Vergebung beten und hoffen, dass ich irgendwie, irgendwo aus den Tiefen meiner Existenz die Kraft heraufbeschwören kann, entschlossen wieder auf den rechten Pfad zu treten. Ich werde es tun. Ich muss es tun. Für Rosalyn.
Und für sie.
Jetzt werde ich die Kerze löschen und hoffen, dass der Schlaf – wie bei den Toten – mich schnell umarmen wird …
» Stefan! Zeit, aufzustehen!«, rief mein Vater und riss die Tür zu meinem Schlafzimmer auf.
» Was?« Mühsam rappelte ich mich hoch. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war oder welcher Tag heute war oder wie viel Zeit seit Rosalyns Tod verstrichen war. Tag und Nacht glitten ineinander über, ohne dass ich richtig schlief; ich konnte nur in beängstigenden Träumen dösen. Ich hätte nichts gegessen, wenn Cordelia nicht ständig mit Speis und Trank in mein Zimmer gekommen wäre, um sie mir mit dem Löffel einzuflößen und sicherzustellen, dass ich sie auch zu mir nahm. Sie hatte Brathuhn und Okra gekocht und einen dickflüssigen Brei, den sie Eintopf für Leidende nannte und von dem sie behauptete, ich würde mich besser fühlen, wenn ich ihn aß.
Auch jetzt hatte sie etwas auf meinen Nachttisch gestellt, ein Getränk diesmal. Ich nahm es hastig zu mir.
» Mach dich fertig. Alfred wird dir helfen, dich herzurichten«, sagte mein Vater.
» Wofür soll ich mich fertig machen?«, fragte ich. Ich schwang die Beine über die Bettkante und humpelte zum Spiegel. Mein Kinn war stoppelig und mein braunes Haar stand wirr vom Kopf ab. Meine Augen waren gerötet und
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