The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)
vor
dem ich nun auf mein Schicksal wartete – so wie die Sutherlands unwissentlich auf das ihre warteten.
Damon und ich standen Seite an Seite in der großen Halle von Woodcliff Manor – die hübsche Familienkapelle ganz in der Nähe war für Bridgets Geschmack viel zu klein gewesen. Die Richards waren so freundlich, uns ihr Zuhause an der Nordspitze von Manhattan Island zur Verfügung zu stellen. Es war tatsächlich eher eine Burg denn ein Zuhause, mit grauen Türmchen und Zinnen und dekorativen Fallgittern, alle aus dem grauen Fels gehauen, der nahtlos aus dem Vorsprung ragte, auf dem das Haus stand.
Nicht allzu weit entfernt von den gotischen Bogenfenstern lagen die Überreste von Fort Tryon, dem Schauplatz einer traurigen Niederlage der amerikanischen Streitkräfte unter George Washington gegen die Briten.
Meine Gedanken schweiften ab, während ich mir Rotröcke und kampflustige amerikanische Soldaten vorstellte und kleine Wölkchen von Schießpulver … Und dann kam mir plötzlich etwas in den Sinn. Katherine hätte eine solche Schlacht beobachten können. Ich hatte nie nach ihrem Alter gefragt – vielleicht hatte Damon es getan –, aber sie war weitaus älter gewesen, als ihr Aussehen vermuten ließ. Sie war wahrscheinlich Zeitzeugin von Ereignissen, die ich nur aus Geschichtsbüchern kannte.
Ich schauderte bei dem Gedanken, aber das Frösteln
ging sofort in der unglaublichen Hitze der Halle unter. Damon und ich standen vor einer Menschenmenge aus mehr als zweihundert Mitgliedern der höchsten Kreise New Yorks, die alle auf unbequemen, hastig zusammengestellten Bänken saßen. Sie hatten keine Ahnung, in welcher Gefahr sie hier schwebten.
Ich nestelte an meinem Kragen und an meiner Krawatte, die sich plötzlich viel zu eng anfühlten, und mir wurde fast schwarz vor Augen. Der Raum um mich herum verwandelte sich, und für eine einzige Sekunde schmolzen der Feststaat und die Haut sämtlicher Hochzeitsgäste, als seien sie von einer Flamme getroffen worden. Die Haut schälte sich ab wie Getreidehülsen und legte strahlend weiße Knochen und verdrehte Sehnen frei.
»Stefan!«, zischte Damon und stieß mich mit dem Ellbogen an. In diesem Moment begriff ich, dass ich seinen Arm umklammerte. »Muss ich dir einen Sanitäter rufen?«, fragte er sarkastisch.
Ich schüttelte den Kopf und überlegte, welche Krankheit mich wohl ereilt haben mochte. Jetzt sah ich die Menge wieder klar, lebendig, glücklich, lachend, während die Menschen sich diskret Luft zufächelten.
Selbst ich musste zugeben, dass Mrs Sutherland zusammen mit Mrs Richards und ihren Haushälterinnen fantastische Arbeit geleistet hatten. Auf dem Boden lag ein dicker roter Teppich und darauf waren so viele Rosenblätter verteilt, dass man den Teppichstoff kaum
mehr sehen konnte. Rosa, Weiß und dunkles Rot – es sah aus wie in einem prächtigen Rosengarten. Die Bänke waren mit Girlanden aus teuren und exotischen Blumen verziert und in der Luft lag der schwere Geruch von Orangen und Zitronen. Über unseren Köpfen hingen riesige Blumenbälle wie ein Feuerwerk aus Blütenblättern. In jedem gotisch gewölbten Winkel standen Vasen mit eleganten Arrangements aus Gräsern und blühenden Quittenzweigen, die den Eindruck vermittelten, man befände sich in einem Wald.
Alle waren in ihrer vollen offiziellen Pracht erschienen, die Herren in Frack mit diplomatischer Schärpe, die älteren Damen in schwerer, die jungen Damen in leichterer Moiré-Seide; Meter um Meter kräuselte sich der Stoff um ihre Füße wie weitere Rosenblätter. Hüte waren mit Federn und Juwelen geschmückt und manchmal sogar mit ganzen Vögeln. Zu diesem Anlass war natürlich der echte Familienschmuck hervorgeholt worden, Perlen, Diamanten und Rubine hingen an jedem Hals und an jedem Handgelenk; einige der Edelsteine waren so groß wie mein Daumen.
Alle Damen hielten zudem Fächer aus Seide in der Hand, bemalt in Japan oder England, und versuchten, sie möglichst elegant zu bewegen; die meisten aber wedelten damit einfach, so schnell sie konnten. Doch der Teint der Damen blieb unnachgiebig rosig, trotz ihrer Bemühungen, blass zu wirken.
Alle tuschelten und redeten aufgeregt miteinander,
und natürlich konnte ich mit meinem geschärften Gehör jedes Gespräch verfolgen, das ich belauschen wollte. Doch ich war versucht, es nicht zu tun, weil es von überall her gleich erschallte:
»… so schnell … haben sich doch gerade erst kennengelernt … Haben Sie die Geschichte
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