The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Schatten des Schicksals: Band 5 (German Edition)
das Unterholz und über das Gras gelaufen waren. Mit ihren scharfen Augen hätte Cora eine gute Jägerin abgegeben. Ich selbst hatte jedoch einen Fuchs aufgespürt, und während ich trank, saß Cora an meiner Seite, genauso wie ich, wenn sie die Brötchen aus der Bäckerei aß.
Es war nicht seltsam. Es war sogar sehr schön.
Jetzt warteten wir schweigend auf Violet. Es kam mir vor, als sei eine Ewigkeit vergangen, seit die Uhr zwei geschlagen hatte. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren. Cora schauderte leicht. Es war kalt, doch während ringsum allmählich der Herbst Einzug hielt, wirkte der Garten von Lansdowne House frisch wie im Frühling. Ich fragte mich, ob auch das einem Zauber zu verdanken war.
Cora zitterte vor Kälte, aber sie hielt den Blick fest auf den Haupteingang des Hauses gerichtet.
» Violet ist vielleicht nicht mehr die Violet, die Sie in Erinnerung haben, aber das bedeutet nicht, dass es die echte Violet nicht irgendwo tief in ihrem Innern noch gibt«, brach ich das Schweigen. » Es könnte nur eine Weile dauern, zu ihr vorzudringen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich kurz nach meiner Verwandlung auf einen Menschen gehört hätte. Seien Sie auf alles gefasst.«
Cora nickte. » Ich weiß. Aber bei mir und Violet ist das etwas anderes. Wir stehen uns mehr als nah. Es ist, als teilten wir alle Gedanken. Und ihr Vampirdasein wird das nicht ändern. Ich werde es nicht zulassen«, fügte sie entschlossen hinzu.
Sie werden vielleicht keine Wahl haben, dachte ich, sprach es aber nicht aus. Ich hatte sie bereits gewarnt. Aber vielleicht hatte Cora sogar recht. Ich stellte fest, dass ich mich Cora gegenüber mehr und mehr so benahm wie Lexi einst mir gegenüber: Wie der ältere, weltenmüde Mentor, der seinem Schützling zeigen wollte, wie es richtig gemacht wurde. Aber Cora war nicht mein Schützling und sie wollte bestimmt nicht so sein wie ich. Außerdem– falls Cora recht behielt– würde sich zwischen ihr und Violet vielleicht gar nichts ändern. Vielleicht waren Damon und ich nur monströse Ausnahmen, die ihr geschwisterliches Band zusammen mit ihren Seelen verloren hatten. Vielleicht war gar nicht ich derjenige, von dem Violet lernen konnte, auch als Vampir ein moralisches Leben zu führen, sondern Cora. Vielleicht…
Genau in diesem Moment hörte ich in weiter Ferne die Schläge von Big Ben. Eins … zwei … drei.
» Es ist Zeit«, sagte Cora, ergriff meine Hand und grub die Fingernägel so tief in meine Haut, dass ich scharf die Luft einsog. Da wusste ich, dass Cora in Wahrheit Angst hatte, ihre Schwester für immer verloren zu haben.
Eine seltsame Stille senkte sich über uns. Nichts regte sich. Es war, als befänden wir uns unter einer schützenden Kuppel, wo niemand hören oder sehen konnte, was geschah.
Da kam Violet aus der Eingangstür getaumelt, das Gesicht blutverschmiert und außer Atem, als wäre sie gerannt. Sie trug ein dunkelrotes, bis zum Kinn zugeknöpftes Kleid, aber ihre Unterarme waren nackt. Violets Augen glitzerten in der Dunkelheit. Da war keine Spur mehr von dem verängstigten Ausdruck, den sie als Mensch gehabt hatte.
» Violet!«, flüsterte Cora aus dem Gebüsch.
Violet hielt inne und blickte verwirrt um sich. Sie wirkte so orientierungslos, dass ich mich nur mit Mühe beherrschen konnte, nicht aus dem Gebüsch zu springen, sie in die Arme zu nehmen und in Sicherheit zu bringen.
» Violet!«, rief Cora erneut.
Sobald Violet entdeckt hatte, woher die Stimme kam, stürzte sie sich auf Cora und rang sie zu Boden. Coras überraschter Aufschrei durchdrang die Nacht.
Rasch kam ich Cora zu Hilfe und zog Violet von ihr weg. Aber ich spürte, wie energiegeladen sie war, gestärkt von ihrer jüngsten Nahrungsaufnahme. Das Blut pulsierte in ihren Adern. Ich fragte mich, wie viele Opfer sie bereits getötet hatte, und hoffte, dass es nicht ebenso viele waren, wie auf meinem Gewissen lasteten.
Violet versuchte ganz offensichtlich, sich zu konzentrieren, und ihr wilder Gesichtsausdruck verwandelte sich in einen nachdenklichen.
» Warum… Stefan?«, stammelte sie und schüttelte den Kopf, als sei sie sich nicht sicher, ob sie träumte. Für einen Sekundenbruchteil schimmerte Violets früheres Wesen durch: ein naives, unschuldiges Mädchen, das versuchte, die Welt zu verstehen. Sie drehte sich zu ihrer Schwester um. » Und… Cora? «, fragte sie, als könne sie ihren Augen kaum trauen. » Was machst du hier?«
» Oh, Violet. Du lebst«, stieß Cora hervor, sprang auf
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