The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
B-Trakts aber nicht dazu, von mir abzulassen. Als ich von einem Besuch meines Anwalts zurückkam, sagte man mir, ich hätte auch noch privaten Besuch. Ich bat darum, meine Rechtspapiere zuerst in meine Zelle zu bringen, denn ich hatte meinen Anwalt gebeten, die Namen der Wärter festzuhalten, die mein Leben bedroht hatten, und diese Namen standen auf meinen Papieren. Die Wärter sagten, das sei nicht nötig, ich könne die Papiere im Durchsuchungsraum neben dem Besuchsraum deponieren, und niemand würde sie ansehen. Also ging ich zur Durchsuchung und fand dort den Meuteführer des B-Trakts vor, der mich erwartete. Er nahm die Papiere, sah seinen Namen darauf, drückte auf den Alarmknopf und beschuldigte mich, ich hätte versucht, seinen Namen an meine Besucher zu verraten, damit sie ihn der IRA zutrügen. Das war eine absurde Anschuldigung, denn ich wollte meine Papiere ja zurück in den A-Trakt bringen, und außerdem hätte ich seinen Namen ja einfach vor meinen Besuchern aussprechen oder auch hinausschmuggeln können. Es reichte jedoch, um mich wieder in Einzelhaft hinter die Gitter des B-Trakts zu bringen, wo die Misshandlungen wieder von vorn begannen, während alle Verantwortlichen der Institution einfach wegschauten. Ich war über das ganze System im Gefängnis nun schon extrem verbittert.
Ich wurde schließlich einer IRA-Position im A-Flügel zugewiesen, was bedeutete, dass ich die Neuankömmlinge befragen musste, was sie im Verhör gesagt hatten, und was Polizisten zu ihnen gesagt hatten. Das notierte ich schriftlich und schmuggelte es hinaus an die IRA-Einheit, von der sie gekommen waren, damit diese eventuell nötige Schadensbegrenzung betreiben konnten. Schon innerhalb weniger Wochen war ich mit der Belfast-Brigade in Bezug auf die Frage der Anerkennung von britischen Gerichten in Konflikt geraten. Ich war nämlich dagegen, die Belfast-Brigade aber manchmal dafür. Das führte zu unterschiedlichen Voraussetzungen im Gefängnis: Manche IRA-Gefangene aus Belfast erkannten die Gerichte an, die über ihren Fall verhandelten, während Leute aus anderen IRA-Abteilungen Nordirlands dies nicht taten und entsprechend auch nicht vor Gericht kooperierten. Allein weil ich das in Frage stellte, entzog man mir diesen Posten wieder, aber da hatte ich mich bereits größeren Problemen zugewandt.
Ich war davon ausgegangen, ich sei der einzige Volunteer, der während des Waffenstillstands verhaftet worden war, aber jetzt stellte ich fest, dass in Belfast, wo ein regelrechter Sektierer-Krieg auf den Straßen tobte, tagtäglich Leute verhaftet wurden. Paramilitärische Protestanten ließen Bomben in katholischen Kneipen ohne vorherige Warnung detonieren, und die IRA übte Vergeltung, indem sie die Kneipen, in denen paramilitärische Protestanten verkehrten, aufs Ziel nahm. Paramilitärische Protestanten erschossen regelmäßig Katholiken, und die IRA-Einheiten vor Ort schlugen unter dem Druck, den die Bevölkerung auf sie ausübte, zurück. In Derry hatten wir nie geglaubt, dass so etwas tatsächlich passierte, weil wir dachten, die protestantischen Opfer seinen immer die paramilitärischen, aber jetzt musste ich erfahren, dass viele von den Opfern schlicht und einfach nur Protestanten und sonst gar nichts waren. Ich lernte nämlich diejenigen Volunteers kennen, die solche einfachen Protestanten erschossen hatten.
Schon bald wurde klar, dass der Waffenstillstand in Belfast kaum wirklich gültig war. Zwar waren Aktionen gegen die britische Armee eingestellt worden, aber der Krieg gegen die paramilitärischen Protestanten ging unvermindert weiter. Ein Waffenstillstand, von dem die paramilitärischen Protestanten, die ausschließlich protestantische Polizei und das Ulster Defence Regiment ausgenommen blieben, hatte überhaupt keinen Wert. Wie lange konnte er überhaupt noch andauern?
Den Sommer 1975 verbrachte ich im Gefängnis von Belfast, größtenteils – wann immer die Sonne schien – auf dem Hof, von wo man das Knallen der Explosionen, die erst katholische und dann protestantische Kneipen zerstörten, und die Schüsse, die erst in katholisches und dann in protestantisches Fleisch eindrangen, hören konnte. Es war ein schrecklicher Sommer in Nordirland. Im September erreichten mich dann eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute war, dass das Gericht, als es über eine wöchentliche Untersuchungshaft für mich entscheiden sollte, die Anklage gegen mich fallenließ und ich freikam. Die schlechte war, dass draußen
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