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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
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Leute hier sind sehr nervös, und die kleinste Kleinigkeit könnte sie explodieren lassen.«
    »Ich finde nicht, dass die nervös aussehen.«
    »Warum tragen sie dann Schnellfeuerwaffen mit sich herum?«
    »Ach so, jetzt wirst du nervös.« Buck winkte dem am nächsten stehenden bewaffneten Koreaner zu. »Yang chow, amigo-san.«
    Marty wandte den Blick ab und ging so schnell er konnte weiter. Er wollte nicht in der Nähe sein, wenn der Koreaner Buck niederschoss.
    Koreatown war nicht annähernd so, wie Marty es aus L. A. Seoul kannte, wo es klaustrophobisch, feucht und dunkel zuging und die Luft zum Schneiden dick war vor lauter Räucherwerk, Opium und gefährlichen Männern in Manchu-Jacken. Außerdem gab es, sehr zu Martys Verwunderung, für dieses Koreatown noch keine touristischen Pauschalangebote, die das gesamte Land und seine Kultur in disneyfizierten Pagoden und mit einprägsamen Sprüchen bedruckten Morgenmänteln aus Fake-Seide zusammenfassten.
    Das Einzige, was diese fade Einkaufsmeile in Martys Augen von jeder anderen abhob, waren die Dienstleistungen, die angeboten wurden – Akupunktur, Aromatherapie, Shiatsu-Massage –, sowie der Überfluss an Schildern, alle in leuchtend roter koreanischer Kalligrafie mit englischer Übersetzung in winziger Druckschrift darunter.
    Shong Hack Dongs Permanent Make-up. Jang Soo Bäckerei. Myung Ga Massage. Yum Park Sa Ne Restaurant. Yehs Schneiderei. Myong Dong Naturkräuter. Kentucky Fried Chicken.
    Marty blieb unvermittelt stehen.
    Dort, inmitten der Zerstörung und doch unbeschadet und strahlend, lächelte die fröhliche Karikatur von Colonel Sanders vom Dach eines schnittigen, aus Metallwürfeln, aerodynamischen Finnen und stählernen Schloten bestehenden Gebäudes auf Marty herab. Es sah aus, als ob der Colonel gerade aus dem All zurückgekehrt sei, mit einem Eimer voll extra knusprigem Hähnchen für den Ausnahmezustand.
    »Gute Idee, Marty«, sagte Buck. »Ich hab langsam auch ein bisschen Hunger.«
    »Ich glaube nicht, dass es offen ist.«
    »Keine Sorge, der Oberkellner kennt mich.« Buck ging auf das Restaurant zu.
    In diesem Moment hörten sie das Quietschen von Gummi auf Asphalt. Marty und Buck drehten sich um und sahen einen Lastwagen, dessen Reifen bei dem Versuch, mittels zweier Ketten einen Geldautomaten aus der Wand einer Bank zu reißen, durchdrehten und qualmten.
    Das Führerhaus des Trucks bockte wie ein Pferd, sodass die Vorderreifen vom Boden abhoben; dann landete es unsanft und sprang vorwärts, riss dabei den Geldautomaten heraus und zog ihn noch ein Stück weiter, bevor das Gespann schließlich in einer Wolke aus Stuck und Kleingeld zum Stehen kam.
    Zwei Mexikaner sprangen aus dem Truck, schnappten sich Taschen von der Ladefläche und begannen das Geld zusammenzuschaufeln, während ein dritter Mann zusah, eine Schrotflinte im Arm.
    Marty sah zu den Koreanern hinüber. Die unternahmen gar nichts, obwohl sie dem einen Mexikaner mit Knarre waffentechnisch hundert zu eins überlegen waren. Sie standen dort nur herum und schauten zu. Sie schienen sich überhaupt nicht für die Aktion zu interessieren, was für Marty eine große Erleichterung war, da er nicht in einer Schießerei sterben wollte. Doch warum sie so desinteressiert waren, hätte er schon gerne gewusst.
    Dann sah er das Wells-Fargo-Schild und verstand. Es war nicht ihre Bank. Nichtsdestoweniger wollte Marty rasch weiter, für den Fall, dass sie ihre Meinung änderten. Genau das wollte er Buck gerade mitteilen, als der Kopfgeldjäger lächelnd seine Waffe zog.
    »Das wird nur eine Minute dauern.« Buck ging auf die Männer zu.
    Marty packte ihn. »Was zur Hölle machst du da?«
    Doch Marty wusste es bereits, denn es war exakt das, wonach dieser Moment förmlich schrie: die Szene zu Ende zu denken, genau wie es in diesen Drehbuchkursen für 800 Dollar das Wochenende und in unzähligen Actionfilmen gepredigt wurde. Es war die unvermeidliche Szene, in der der Held beweist, was für ein wilder, gefährlicher Mann er ist, indem er zufällig in einen Überfall, eine Geiselnahme oder den Selbstmordversuch eines Typen stolpert oder auch in eine kreative Kombination aus allen dreien.
    Doch das hier war kein Film.
    »Sie rauben eine Bank aus«, Buck ließ seinen Arm gerade herunterhängen und versteckte so die Waffe hinter seinem Bein. »Das ist ein No-Go.«
    »Wen kümmert’s?«, sagte Marty. »Wir hatten hier gerade ein Erdbeben. Die Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht. Das Geld ist

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