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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
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Mahlstrom.
    Marty rannte vor Entsetzen schreiend weg, wissend, dass es kein Entkommen gab, kein höher gelegenes Gelände, wissend, dass er innerhalb von Sekunden unter einer flüssigen Lawine aus Trümmern, Unrat und Leichen begraben sein würde.
    Das Gebäude der Quantum Insurance ragte vor ihm auf und er stürmte hinein, einzig weil es da war, weil er das Getöse der Wassermassen hören und ihre schlammige Gischt spüren konnte, während sie ihm zu Leibe rückten. Erst dort, als er durch die Lobby rannte und die offene Tür zum Treppenhaus sah, hatte er eine Idee, wie er sich vielleicht retten könnte.
    Er stürzte ins Treppenhaus und erklomm die Metallstufen so schnell er konnte. Die Welle schlug in das Gebäude, brachte es wie ein Boot zum Schwanken und riss Marty von den Füßen. Er bekam das Geländer zu fassen und kletterte weiter, während sich das Wasser von der Lobby aus in das Treppenhaus ergoss, eine wirbelnde, dunkle Masse, die sich gegen ihn erhob.
    Marty hastete wie wahnsinnig die Stufen hoch, den drängenden Wassermassen nur wenige Schritte voraus. Immer noch bebte das Gebäude unter dem Druck des Wassers und der enormen Trümmerteile, die gegen seine Mauern krachten.
    Plötzlich explodierten die Türen über ihm und mächtige Wassermassen ergossen sich auf die Stufen, überschwemmten ihn mit einer dreckigen Brühe aus Unrat, die sich anfühlte wie ein Strom von Rasierklingen, die seine Kleidung und seine Haut aufschlitzten.
    Marty schrie vor Frust und Entsetzen, er rutschte und schlitterte über die glitschigen Metallstufen, panisch darauf bedacht, nicht hinzufallen und in den Sog des Whirlpools zu geraten, der ihn die Treppe hinaufjagte.
    Ein Schreibtischstuhl kam durch eine offene Tür über ihm geschossen, vom Wasser vorwärtsgetrieben, und rotierte seinem Kopf entgegen. Marty drückte sich flach an das Geländer, und der Stuhl wurde von einer Wand an die andere geworfen, an ihm vorbei, klatschte in die schäumende Dreckbrühe und verschwand darunter. Marty kletterte weiter, so schnell er nur konnte, seine Schreie waren eine jubelnde Cheerleader-Truppe, die ihn anfeuerte, ihn hinauftrieb, immer weiter hinauf.
    Aktenschränke und Schreibtische stapelten sich vor den Türen, die er passierte, verstopften sie und verlangsamten so die Wasserfluten, die in das Treppenhaus strömten. Er schrie und kletterte einfach weiter, bis er endlich Türen passierte, aus denen kein Wasser herausquoll.
    Marty hielt an und riskierte einen Blick zurück. Einige Treppenabsätze weiter unten hatte das schäumende Monster seine Verfolgung aufgegeben und schien sich sogar langsam zurückzuziehen. Keuchend, triefend und blutend sackte er auf einer Stufe zusammen, um wieder zu Atem zu kommen, und starrte auf das Wasser hinab.
    Das Gesicht einer Frau stieg aus dem Morast auf, die Augen weit aufgerissen, die Haut zum Bersten gespannt und geschwollen. Er schrie auf und torkelte zurück.
    Beth.
    Es konnte nicht sein. Er blinzelte heftig und schaute noch einmal hin, gerade in dem Moment, als der abgetrennte Oberkörper wieder an die Oberfläche kam. Es war nicht seine Frau, es war eine andere junge Frau, vielleicht der Grund der strapaziösen Reise eines anderen Mannes. Sie war eine Frau, die einmal von jemandem geliebt worden war, jetzt war sie nur noch ein Stück Treibgut, das bereits zu verrotten begann. Niemand würde sie je finden, niemand würde je erfahren, was passiert war. Niemand außer ihm, und er wusste nicht einmal ihren Namen.
    Marty stieg weiter die Treppen hoch, unfähig, seinen Blick von der verstümmelten Leiche abzuwenden, bis sie sich endlich herumwälzte, das Gesicht unter Wasser. Er ging rückwärts durch die erste Tür, an der er vorbeikam, und fand sich in der Lobby der siebten Etage der Quantum Insurance wieder.
    Wie er so dastand, inmitten von holzvertäfelten Wänden und Ledermobiliar, und auf die offene Tür zum Treppenhaus starrte, schaffte Marty es fast, sich weiszumachen, dass das, was gerade passiert war, bloß ein Albtraum im Wachzustand war, eine Sinnestäuschung.
    Es war nicht möglich, im Treppenhaus eines Bürogebäudes zu ertrinken. Wie hatte ihm das beinahe passieren können?
    Doch seine klatschnassen Kleider, das Brennen der Schnittwunden, der Geruch der Verwesung, der sich bereits vom Treppenhaus her ausbreitete, bekräftigten nur, was er eigentlich bereits wusste.
    Es war tatsächlich passiert. Ein Berg aus Wasser war die Vine Street hinabgetost und hatte ihn die Treppen eines Gebäudes

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