The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)
Du bist hirntot und ein Arschloch.« Buck ging davon in Richtung Treppenhaus.
Marty schätzte, er habe es wohl nicht anders verdient. Er streifte die ledernen Arbeitshandschuhe über, die er aus dem Kamera-Truck am Set hatte mitgehen lassen, rückte die Staubmaske über Mund und Nase zurecht, warf sich die prall gefüllte Sporttasche über die Schulter und folgte Buck ins Treppenhaus.
8:04 Uhr. Mittwoch.
Im Treppenhaus war der widerwärtige Gestank der Fäulnis unerträglich, doch es war ein Rosengarten im Vergleich zur Straße, die sie bereits riechen konnten, als sie den Feuerwehrschlauch aus dem ersten Stockwerk nach unten ließen.
Überall lagen Leichen und Leichenteile verstreut. Und zwar nicht nur Männer, Frauen und Kinder, sondern auch Hunde, Katzen, Pferde, sogar Vögel. Die Leichen hatten sich in gewaltigen, sich zersetzenden Ansammlungen aus verrottendem Essen, elektrischen Leitungen, Betonbrocken, Kleidern, Motorrädern und ganzen Sitzreihen aus Bussen verheddert, um nur einige der großen und kleinen Dinge zu nennen, die eine Stadt ausmachen.
Marty und Buck mussten durch all das durchwaten, klettern und kriechen, während sie sich aus der natürlichen Angst heraus, der Tod könnte ansteckend sein, Mühe gaben, nichts davon zu sehen, einzuatmen oder zu berühren.
Die beiden Männer waren nicht die Einzigen auf der Straße. Es gab Überlebende, die in den Trümmerhaufen herumstocherten und verzweifelt nach ihren verloren gegangenen Liebsten suchten, und Rettungskräfte, die ihnen halfen, all den Schutt zu durchwühlen, und die ihre sinnlose Hoffnung auf ein Wunder teilten.
Doch Marty beachtete diese Menschen nicht. Er konzentrierte sich nur darauf, vorwärtszukommen, und lenkte sich von dem überwältigenden Geruch und dem grotesken Mosaik des gewaltsamen Todes ab, indem er an Beth dachte, an das Leben, zu dem er zurückkehren würde, das Leben, das sie gehabt hatten, bevor ihre Welt auf den Kopf gestellt wurde.
Ich weiß, dass es keinen Sinn hat. Wir sind beide verheiratet, und wir lieben unsere Partner beide. Aber du kannst nicht bestreiten, dass da etwas Großes mit uns passiert.« Beth stand vor ihm und kam einen Schritt näher, sie begab sich damit in diesen nur wenige Zentimeter umfassenden Raum zwischen zwei Menschen, der Liebenden vorbehalten ist.
»Doch, kann ich.« Marty las die Worte aus dem Drehbuch vor, er versuchte erst gar nicht, sie zu spielen. Er hätte nicht gewusst, wie. Das war einer der vielen Gründe, warum er sich unbeholfen fühlte, wenn er Beth beim Einstudieren half.
»Schwachsinn«, sagte Beth. »Schau mir in die Augen und sag mir, dass du mich nicht küssen willst.«
»Ich will dich nicht küssen.«
Sie kam noch einen Schritt näher, ihre Körper berührten sich fast. »Was willst du dann?«
Marty blickte auf die Seiten in seiner Hand, es war ihm peinlich, dass sie zitterte, und las laut: »Logan packt sie plötzlich am Hemd und zerreißt es, Knöpfe fliegen davon, und in einer von Lust befeuerten Raserei vergräbt er sein Gesicht gierig zwischen ihren Brüsten.«
»Tu’s«, sagte sie mit heiserer Stimme, immer noch in der Rolle.
»Was?«
»Tu es.«
Er ließ das Drehbuch auf den Boden fallen, schnappte die Vorderseite ihrer Bluse und versuchte, sie aufzureißen, doch die verdammten Knöpfe gingen einfach nicht ab. Er riss noch einmal daran. Und noch einmal. Beth musste lachen, und Marty auch.
»Was hast du gemacht«, fragte Marty grinsend, »die Knöpfe angeschweißt?«
»Schwächling«, neckte sie ihn.
»Okay, Wonder Woman, versuch du es mal.«
Beth schob seine Hände beiseite und versuchte ihrerseits, ihre Bluse aufzureißen. Die Knöpfe wollten auch bei ihr nicht abgehen, was die ganze Sache nur noch lustiger machte. Keiner von beiden konnte aufhören zu lachen.
»Vielleicht, wenn ich ein paar Knöpfe aufmache.« Sie zog ihre Bluse aus dem Bund und öffnete von oben ein paar Knöpfe, sodass ein Hauch von Dekolleté zu sehen war. »Versuch’s noch einmal.«
Marty ließ seine Finger zwischen die Knöpfe gleiten, achtete darauf, den Stoff gut festzuhalten, und zog, so kräftig er nur konnte. Ein armseliger Knopf platzte ab, die anderen waren wie festgetackert. Beide brachen erneut in Lachen aus, gegeneinandergelehnt wie in einer unbeholfenen Umarmung.
»Ich wette, Lorenzo Lamas hätte keine Probleme damit«, sagte sie.
»Ach, fick den doch«, antwortete Marty.
»Werd’ ich«, lächelte Beth spitzbübisch.
»Ach ja?« Marty packte sie an der
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