The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)
einem in Größe L. Das war jetzt schon das dritte Mal, dass Buck die Knarre auf ihn gerichtet hatte, und die Wirkung hatte sich abgenutzt. »Ich lasse das Geld an der Kasse liegen, zusammen mit den Preisschildchen von den Dingen, die ich mitnehme.«
»Du machst eine Pause, um shoppen zu gehen? Was zum Teufel ist nur los mit dir? Ich dachte, du hast es so eilig, nach Hause zu kommen.«
»Hab ich auch, aber meine Füße sind voller Blasen und meine Schuhe nur noch Fetzen. Ich brauche neue Schuhe, wenn ich es schaffen will. Und schau mich doch mal an. Was, glaubst du, wird meine Frau sagen, wenn sie mich so sieht?«
»Es wird ihr scheißegal sein, wie du aussiehst, sie wird froh sein, dass du am Leben bist – und wenn nicht, kann sich die Schlampe selber ficken und wir beenden diesen langen Marsch genau jetzt.«
»Okay, vergiss die Klamotten. Aber ich brauche die Schuhe«, Marty entdeckte etwas am Boden. »Und Socken.«
Marty schnappte sich die Socken, rückte einen umgefallenen Stuhl zurecht und setzte sich, um seine Schuhe auszuziehen. Er musste Buck nicht einmal anschauen, um seinen Zorn zu spüren. »Es geht nicht um Bequemlichkeit, Buck. Es geht um Notwendigkeit.«
»Ja, klar.«
Martys Socken schälten sich von seinen Füßen wie eine Schicht toter Haut. Die Füße waren rot und geschwollen und übersät mit bereits aufgeplatzten sowie neuen, eiternden Blasen.
Buck hob ein Paar Doc Martens auf und warf sie gegen Martys Füße. »Hundert Scheine, in bar.«
»Ich hab das Geld.« Vorsichtig zog Marty das frische Paar Socken an, doch als er den Stoff über seine wunde Haut zog, brannte es trotzdem. Er schlüpfte in die Schuhe und schnürte sie zu.
Marty stand auf und ging ein paar Schritte. Seine Füße waren zwar wund, aber es war eine Verbesserung. Die Schuhe waren steif, auf eine gute Art und Weise. Es fühlte sich an, als seien seine Füße in Beton gegossen. Damit würde er auf alles drauftreten können.
»Du solltest auch welche anprobieren, Buck.«
Er drehte sich zu Buck um, und in diesem Moment registrierte er die Spiegelung in dem gesprungenen Spiegel hinter dem Kopfgeldjäger, die Spiegelung eines Typen mit orangefarbenen Haaren, der gerade aus dem Hinterzimmer trat, eine abgesägte Schrotflinte in seiner Hand.
Marty wirbelte herum und stellte fest, dass es durchaus noch eine Wirkung auf ihn hatte, wenn statt einem gleich zwei Gewehrläufe auf ihn gerichtet waren – besonders wenn sie von den zittrigen Händen eines nervösen Typen gehalten wurden, dessen Gesicht vorsätzlich von einem Dutzend Bohreraufsätze durchlöchert war.
»Hi«, sagte Marty, und seine Stimme überschlug sich dabei. »Netten Laden haben Sie hier. Das ist Ihr Laden, richtig?«
Doch der Typ beachtete ihn überhaupt nicht, er starrte an Martys Schulter vorbei. Da wusste Marty, ohne sich umzudrehen, dass Buck ebenfalls seine Knarre gezückt hatte und dass er nun von beiden Seiten in die Mangel genommen wurde.
Es war eine Szene wie aus einem Hongkong-Film, nachgestellt in Tausenden von billigen amerikanischen Hommagen, Remakes und Plagiaten. Das Patt. Zwei Männer, die sich Auge in Auge gegenüberstehen, Gewehrlauf gegen Gewehrlauf, der ultimative und unvermeidliche Showdown. Nur dass da eigentlich kein unbewaffneter Mann zwischen ihnen stehen sollte. Vielleicht eine Frau, vorzugsweise die vollbusige Angebetete des Helden, aber bestimmt nicht ein verängstigter Programmverantwortlicher eines Fernsehsenders, der in seinen neuen Doc Martens vor Angst schlotterte.
Es war eine heikle Situation, und was auch immer Marty als Nächstes sagte, konnte für sie alle drei Leben oder Tod bedeuten. Und Marty wollte nicht wegen eines Paars Schuhe sterben, er würde seine Worte also sorgfältig wählen müssen.
Dummerweise sagte Buck zuerst etwas.
»Hey Hackfresse, wenn ich so sehe, wie du auf Bodypiercing stehst, hättest du wahrscheinlich sogar Spaß daran, ein paar Kugeln ins Gesicht geballert zu kriegen. Wenn du also nicht innerhalb von drei Sekunden deine Flinte fallen lässt, tu ich dir den Gefallen und schieße.«
»Warte«, sagte Marty. »Keine Schießerei. In Ordnung? Alle entspannen sich. Das ist einfach nur ein Missverständnis.«
»Du trägst meine Ware, du Made, das ist mein Verständnis«, lispelte der Typ mit der Schrotflinte. Es war nicht so einfach, mit Bohreraufsätzen in Zunge und Lippen deutlich zu sprechen, und er gab sich auch keine besondere Mühe.
»Ich hatte vor, sie zu bezahlen«, Marty wies mit dem Kinn
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