The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
tut mir leid«, begrüßt sie der Governor. »Ich störe dich nur ungern.«
In der darauffolgenden Stille blitzt das linke Auge der Frau durch eine Lücke in ihren Locken. Nur das eine Auge. Es starrt die Eindringlinge unheilvoll an, die im Eingang wie Silhouetten vor ihr stehen, das Licht der Neonröhren im Rücken.
Der Governor geht auf sie zu, und Bruce folgt ihm. »Du hast ja eine nette, beherzte Unterhaltung geführt, aber – wenn du es mir überhaupt verraten willst – mit wem hast du dich eigentlich ausgetauscht? Ach was, du brauchst mir nicht zu antworten. Ist mir doch scheißegal. Hauptsache, wir fangen gleich an.«
Die Frau auf dem Boden erinnert an ein exotisches Tier, das in einem Käfig eingesperrt ist – dunkel und geschmeidig und trotz ihrer abgewetzten Kutte wie ein Panther –, ihr schlanker Nacken ist mit einem Seil an die Wand gebunden. Die Arme sind gefesselt und an den beiden Seitenwänden fixiert. Ihre espressofarbene Haut schimmert vor Schweiß, und ihre medusenartigen Dreadlocks fließen über ihre Schultern den Rücken hinab. Sie starrt den drahtigen Mann an, der mit bedrohlich erzwungener Beherrschung und finsterer Miene auf sie zukommt.
»Bruce, tu mir bitte einen Gefallen.« Der Governor spricht die Worte beinahe beiläufig, wie ein Handwerker, der ein Leck in einer Leitung oder ein Loch in der Wand flicken muss. »Zieh ihr die Hose aus und binde ein Bein an der Wand fest.«
Bruce schiebt sich aus dem Schatten des Governors und tut, wie ihm geheißen. Die Frau verkrampft, als der kahlköpfige Mann ihr die Hose vom Körper reißt. Bruce tut dies so sachlich und nüchtern, als ob er ein Pflaster von einer Wunde abziehen würde. Der große Mann weicht einen Schritt zurück, zieht ein Stück Seil von seinem Gürtel und bindet es um eines ihrer Beine.
»Ach, wenn du schon dabei bist, kannst du das andere auch gleich festmachen«, befiehlt der Governor.
Die Frau lässt den Blick nicht vom Governor ab. Finster starrt sie ihn durch ihre Haare an, die Augen so voller Hass, dass sie zu brennen scheinen.
Der Governor nähert sich ihr. »Du willst dich noch nicht allzu sehr wehren, Kleines.« Er öffnet den Hosengürtel, dann die Tarnhose. »Wirst deine Energie noch für anderes brauchen.«
Die Frau blickt ihn mit der Intensität eines schwarzen Lochs an, das sämtliche Materie in sich aufsaugt. Jedes Teilchen in der Zelle, jedes Molekül, jedes Atom wird von der schwarzen Leere in ihren Augen aufgesogen. Der Governor tritt auf sie zu. Er scheint ihren Hass regelrecht zu genießen.
»Bruce, wenn du hier fertig bist, kannst du uns allein lassen«, sagt der Governor, den Blick fest auf die Frau gerichtet. »Wir brauchen ein wenig Intimsphäre.« Er lächelt die Frau an. »Und schließ die Tür hinter dir!« Sein Lächeln breitet sich übers ganze Gesicht aus. »Verrate mir eines, Mädchen. Wie lange, glaubst du, brauche ich, um dein Leben zu ruinieren – dein Selbstbewusstsein ein für alle Mal zunichtezumachen, dich zu zerstören?«
Die Frau antwortet nicht, starrt ihn nur mit dem bestialischen Blick eines Tieres an, das sich auf den Kampf bis zum Tod vorbereitet.
»Ich glaube, eine halbe Stunde wird völlig ausreichen.« Das Lächeln. Dieses schlangenartige Starren. Jetzt trennen ihn nur noch wenige Zentimeter von ihr. »Aber mal nur so zwischen uns beiden Hübschen: Ich werde das tagein, tagaus so oft wiederholen wie nur eben möglich …« Er lässt seine Hose zu Boden fallen. Bruce schleicht sich in Richtung Garagentor, als der Governor aus den Hosenbeinen tritt. Er verspürt ein angenehmes Prickeln auf dem Rücken.
Bruce hat sich endlich zum Korridor hinausgeschlichen und lässt das Tor herab. Als es sich mit einem Knall schließt, zuckt die Frau kaum merkbar zusammen.
Die Stimme des Governors hallt durch die Zelle, während er sich auch seiner Unterhose entledigt. »Das wird ein Heidenspaß.«
Zurück auf der Erdoberfläche. In der kalten Nachtluft. Spät. Zwei Gestalten gehen Seite an Seite an den maroden Ladenfronten entlang.
»Ich schaffe es einfach nicht, mit diesem Scheiß wirklich fertigzuwerden«, meint Austin Ballard, die Hände in die Hosentaschen gesteckt, während er über den verlassenen Bürgersteig trottet. Er zittert vor Kälte. Die Kapuze hat er eng über die Locken gezogen, und der Horror dessen, was er heute Abend gesehen hat, erscheint in kurzen Abständen in seinem Gesicht, lässt es unfreiwillig zucken. Lilly schaut ihn an, sieht es in dem Licht, das
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