The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
begrüßt Lilly ihn und durchquert die Station mit Austin an ihrer Seite. Lilly kennt den bewusstlosen Mann auf der Krankentrage nicht, aber Austin scheint den Rotblonden sofort wiederzuerkennen und verpasst Lilly einen Stoß in die Rippen.
Austin flüstert: »Das ist er … der Typ, der sich mit dem Governor angelegt hat.«
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragt Dr. Stevens, blickt von der Krankentrage auf und über die Gläser seiner Drahtgestellbrille hinweg auf Lilly und Austin. Er sieht blutige Finger, wie sie gegen die Rippen pressen. »Setzt euch erst einmal, ich bin gleich da und schaue es mir an.« Der Arzt wirft einen Blick über die Schulter. »Alice, kannst du mir bitte kurz mit Austin helfen?«
Die Krankenschwester erscheint aus einem der anliegenden Lagerräume mit einer Ladung Bandagen aus Baumwolle, medizinischem Klebeband und Verbandsmull in den Armen. Sie trägt wie gewöhnlich ihren Kittel, und ihr Haar ist aus ihrem jungen Gesicht nach hinten zu einem Zopf geflochten. Sie macht einen erschöpften Eindruck. Ihre Blicke treffen sich kurz, aber sie begrüßt Lilly nicht, als sie durch die Station zu Dr. Stevens eilt.
Lilly hilft Austin zum Untersuchungstisch in der gegenüberliegenden Ecke.
»Wer ist denn der Patient, Doc?«, will Lilly wissen und spielt dabei die Ahnungslose, während sie Austin sanft unter die Arme greift, damit er auf den Tisch kommt. Austin zuckt bei der Bewegung vor Schmerz zusammen, scheint aber wesentlich interessierter an dem Unbekannten auf der Krankentrage zu sein. Alice kommt zu ihnen und öffnet vorsichtig den Reißverschluss von Austins Jacke, um die Wunde besser untersuchen zu können.
Der Arzt indessen zieht vorsichtig einen abgenutzten Krankenhauskittel über den Kopf des Bewusstlosen, führt die schlaffen Arme in die Ärmel. »Ich glaube, irgendjemand hat behauptet, dass er Rick heißt, aber ganz sicher bin ich mir nicht.«
Lilly geht zur Krankentrage und mustert den Mann angewidert. » Ich habe gehört, dass er den Governor angegriffen haben soll.«
Der Arzt würdigt sie keines Blickes, schürzt lediglich die Lippen, während er den Kittel behutsam zuknöpft. »Und wo, bitte schön, hast du das gehört?«
»Vom Governor selbst.«
Der Arzt lächelt kläglich. »So etwas in der Art habe ich mir schon gedacht.« Dann sieht er sie kurz an. »Und glaubst du etwa, dass er dir die Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesagt hat?«
»Wie bitte?« Lilly nähert sich ihm, betrachtet den Mann auf der Krankentrage mit neuen Augen. Mit dem ausdruckslosen, starren Gesicht in Bewusstlosigkeit, den Mund etwas geöffnet, die Atmung flach, könnte der rotblonde Mann alles sein: Metzger, Bäcker, Bestattungsunternehmer … Serienmörder, Heiliger … alles . »Warum sollte der Governor lügen? Was würde ihm das nützen?«
Der Arzt rückt den Kittel von dem Mann namens Rick zurecht und deckt ihn dann mit einem Laken zu. »Du scheinst vergessen zu haben, dass unser furchtloser Anführer von Natur aus auch ein hervorragender Lügner ist.« Stevens sagt das so beiläufig, als ob er mit Lilly über das Wetter reden würde. Er richtet sich auf und blickt ihr in die Augen. »Das ist nichts Neues, Lilly. Schlag einfach mal das Wort ›Soziopath‹ nach. Und siehe da, neben der Definition wirst du wahrscheinlich sogar ein Bild von unserem Governor finden.«
»Hey … Ich weiß schon, dass wir es hier nicht mit Mutter Teresa zu tun haben … aber was ist, wenn er genau das liefert, was wir brauchen?«
Dr. Stevens mustert sie angewidert. »Genau das, was wir brauchen? Ehrlich? Er liefert genau das, was wir brauchen?« Er schüttelt vehement den Kopf, wendet sich von ihr ab und geht zum Pulsoxymetrie-Monitor, der auf dem Tisch neben der Krankentrage steht. Die Maschine ist nicht eingeschaltet, die Anzeige schwarz. Sie ist an eine 12-Volt-Autobatterie angeschlossen und macht den Eindruck, als habe man sie vom Schrott gerettet. Stevens fummelt ein wenig an ihr herum. »Weißt du, was wir wirklich brauchen? Wir brauchen einen Monitor, der tatsächlich funktioniert.«
Lilly gibt nicht nach. »Wir müssen zusammenhalten. Diese Leute stellen eine Bedrohung dar.«
Der Arzt dreht sich wütend zu ihr um. »Seit wann hast du denn die Seiten gewechselt, Lilly? Du warst es doch, die immer gesagt hat, dass der Governor die größte Bedrohung für uns ist. Kannst du dich daran erinnern? Was ist aus der Freiheitskämpferin geworden?«
Lilly kneift die Augen zusammen. In der
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