The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
Krankenstation herrscht auf einmal völlige Stille, und Alice und Austin können die Anspannung knistern hören. Die Tatsache, dass keiner ein Wort von sich gibt, verbessert die Atmosphäre auch nicht. Schließlich sagt Lilly: »Er hätte uns damals umbringen lassen können, hat es aber nicht getan. Was mich angeht? Ich will nur überleben. Und überhaupt, was läuft denn zwischen euch beiden ab?«
»Was zwischen uns beiden abläuft, liegt direkt vor mir auf der Krankentrage«, antwortet Dr. Stevens und deutet auf den bewusstlosen Mann. »Ich glaube, der Governor hat ihn angegriffen.«
»Was soll das denn heißen?«
Der Arzt nickt. »Ohne Provokation. Das soll heißen, dass der Governor den Mann absichtlich und vorsätzlich verstümmelt hat.«
»Das ist doch reine Fantasie.«
Dr. Stevens mustert sie von oben bis unten. Seine Stimme verändert sich, wird eine Oktave tiefer, kälter. »Was ist nur mit dir passiert?«
»Wie schon gesagt, Doc. Ich versuche nur zu überleben.«
»Lilly, bitte schalte mal kurz dein Gehirn ein. Warum sollten diese Leute mit falschen Absichten bei uns einbrechen wollen? Die versuchen doch auch nur am Leben zu bleiben. Wie der Rest von uns.«
Er wirft erneut einen Blick auf den Mann auf der Krankentrage. Die Augen des Bewusstlosen schießen in einem verzweifelten Fiebertraum unter den Lidern hin und her. Sein Atmen wird schneller, beinahe panisch, ehe er sich langsam wieder beruhigt.
Stille legt sich wieder über die Krankenstation. Plötzlich erhebt Austin die Stimme: »Doc, es gibt noch zwei andere – einen jüngeren Typen und eine Frau. Wissen Sie, wo die sind?«
Dr. Stevens schüttelt den Kopf, senkt den Blick. Seine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. »Ich habe keine Ahnung.« Dann wendet er sich erneut an Lilly. »Aber ich kann euch so viel verraten … In deren Haut möchte ich jetzt nicht stecken.«
Aus einem geschlossenen Garagentor am Ende eines verlassenen Korridors in den Tiefen der Katakomben unter dem Stadion ertönt eine gedämpfte Stimme. Sie ist heiser vor Erschöpfung und vor nervöser Anspannung ganz dünn, und die beiden Männer vor dem Tor können die Frauenstimme kaum verstehen.
»Die brabbelt die ganze Zeit, seit der Minute, in der ich sie da reingesteckt habe«, erklärt Bruce dem Governor, der mit verschränkten Armen und bedächtiger Miene neben ihm steht. »Labert einfach sinnloses Zeug vor sich hin.«
»Interessant«, bemerkt der Governor. Seine Sinne sind dank der latenten Brutalität, die in der Luft liegt, geschärft. Er spürt das Rattern der Generatoren in seinen Knochen, riecht den Gestank der Verwesung, des Schimmels auf dem Putz.
»Diese Leute sind verrückt«, fügt Bruce hinzu und schüttelt seinen schimmernden, kahlen Kopf. Seine Hand ruht wie so oft auf dem Griff seines .45ers, den er um die Hüfte gebunden hat.
»Yeah … verrückt wie tolle Hunde«, murmelt der Governor. Sein Ohr pocht vor Schmerzen, und seine Nerven prickeln vor Vorahnung. Kontrolle . Die Gedanken drängen aus seinem tiefsten Unterbewusstsein an die Oberfläche. Frauen müssen kontrolliert … gelenkt … gebrochen werden .
Für einen kurzen Augenblick kommt es Philip Blake vor, als ob er außerhalb seines eigenen Körpers schwebt, sich selbst zuschaut, fasziniert von der Stimme, die ihm schon zur zweiten Natur geworden ist, zu einer zweiten Haut: Du musst herausfinden, was diese Leute wissen, woher sie kommen – was sie haben – und am wichtigsten von allem, wie gefährlich sie dir werden können .
»Die Frau da drinnen ist so zäh wie altes Schuhleder«, sagt Bruce. »Die wird nicht so leicht aufgeben.«
»Ich weiß schon, wie ich sie breche«, versichert ihm der Governor. »Lass mich nur machen.«
Er holt tief Luft, langsam, aber stetig, und bereitet sich innerlich auf die bevorstehende Aufgabe vor. Diese Leute könnten sehr leicht zu einer Gefahr für ihn werden – könnten seine Gemeinschaft zerstören –, deswegen muss er jetzt den Teil seiner selbst, der es versteht, Menschen wehzutun, hervorholen. Er muss den Teil, der weiß, wie man Frauen kontrolliert, Kontrolle von sich übernehmen lassen. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper.
Der Governor dreht sich zu Bruce um und befiehlt: »Öffne das Tor.«
Das Garagentor bewegt sich langsam auf den quietschenden, verrosteten Laufrollen in die Höhe. Auf dem Boden vor der gegenüberliegenden Wand zerrt die Frau überrascht an ihren Fesseln. Ihre langen Dreadlocks kleben ihr im Gesicht.
»Es
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