The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
ich will es nicht kaputt machen.« Seine Miene wird fürsorglich. Er berührt ihre Haare und gibt ihr einen platonischen Kuss. All das geschieht ohne Arglist, ohne jegliche Hintergedanken. Er küsst sie einfach auf die Schläfe, sehr zärtlich. »Willst du wissen, was ich mir denke? Die Wahrheit?« Er schaut ihr in die Augen. »Das Warten lohnt sich bei dir.«
Damit hüpft er die Treppenstufen hinunter und verschwindet im sich zusammenbrauenden Sturm.
Am Nachmittag regnet es in Strömen. Martinez und seine Truppe müssen die letzten Handgriffe an der nordöstlichen Ecke des Verteidigungswalls auf unbestimmte Zeit verschieben. Sie versammeln sich unter dem Vordach des verlassenen Bahnhofs, stehen herum, rauchen und beobachten das Wetter, stets ein Auge auf die Wälder im Norden gerichtet.
Während der letzten paar Wochen haben sich die Sichtungen von Zombies im Gestrüpp und den Sümpfen hinter der Palisade aus weißen Kiefern gehäuft. Jetzt aber kommt der Regen wie ein Vorhang herunter, bombardiert den Wald und wäscht die Wiesen sauber. Donner zerreißt den Himmel, Blitze erhellen den Horizont. Der Sturm wütet über ihren Köpfen, biblisch in Größe und Zorn, und Martinez ist nervös. Er raucht eine Zigarette ohne Filter nach der anderen – er dreht selbst –, zieht daran, bis sie so klein sind, dass er sie nicht mehr halten kann, ohne sich die Finger zu verbrennen. Das Letzte, was er jetzt noch braucht, ist ein unvorhergesehener Zwischenfall.
Aber genau in diesem Augenblick kommt er in der Form von Lilly Caul um die Ecke. Lilly eilt über das Grundstück, die Jeansjacke über den Kopf gestülpt, um den Regen abzuhalten. Sie nähert sich mit angespannter Miene, als sie unter dem Vordach Zuflucht sucht. Sie ist außer Atem, schüttelt den Regen von ihrer Jacke. »Wahnsinn, wie schnell der auf einmal über uns war«, schnaubt sie, an Martinez gewandt.
»Hallo Lilly«, begrüßt er sie und wirft die Zigarette fort.
Sie schnappt nach Luft und schaut sich um. »Wie läuft’s bei euch?«
»Es läuft.«
»Hast du schon irgendetwas von den Eindringlingen gehört?«
»Den was ?«
»Den Fremden«, erklärt sie und wischt sich das Gesicht ab. »Die Typen, die neulich angekommen sind.«
»Was soll mit ihnen los sein?« Martinez zuckt mit den Schultern und wirft einen nervösen Blick über die Schulter auf seine Männer. »Ich weiß absolut nichts von der Geschichte.«
»Ich dachte, die werden vernommen.« Sie schaut ihn an. »Was ist denn los?«
Er erwidert ihren Blick mit einem merkwürdigen Ausdruck im Gesicht. »Davon solltest du eigentlich überhaupt nichts wissen.«
»Wovon?«
Martinez ergreift sie und führt sie weg von der Truppe herumlungernder Männer zur anderen Seite des Vordachs. Der Regen hat sich mittlerweile zu einem normalen Guss beruhigt, und das Prasseln auf dem Vordach übertönt die Unterhaltung zwischen Lilly und Martinez. »Jetzt pass mal auf«, beginnt Martinez und wählt seine Worte vorsichtig. »Das Ganze hat nichts mit uns zu tun, und ich würde dir raten, dich da rauszuhalten.«
»Was soll denn das?«, empört sich Lilly. »Ich habe doch nur eine einfache Frage gestellt!«
»Der Governor will, dass es nie passiert ist. Er will nicht, dass die Leute sich Sorgen machen.«
Sie seufzt. »Ich mache mir keine Sorgen, ich wollte nur wissen, ob er schon etwas herausgefunden hat.«
»Ich hab keine Ahnung und will auch keine Ahnung haben.«
Wut sammelt sich in Martinez’ Bauch, wandert sein Rückgrat hoch und lässt seinen Mund trocken werden. Am liebsten würde er diese Wichtigtuerin erwürgen. Er packt sie an den Schultern. »Jetzt hör mir mal zu. Ich habe genügend Probleme. Schließlich muss ich auch mit der ganzen Scheiße fertigwerden! Halt dich einfach da raus. Lass es gut sein!«
Lilly befreit sich, weicht einen Schritt zurück. »Whoa, Alter! Jetzt krieg dich mal wieder ein!« Sie reibt sich die Schultern. »Ich weiß nicht, wer dir heute früh ins Müsli gepinkelt hat, aber du brauchst deine Wut nicht an mir auslassen.«
Martinez holt tief Luft und starrt sie an. »Okay, pass auf. Es tut mir leid. Aber wir arbeiten hier nach dem Need-to-know-Prinzip. Der Governor weiß schon, was er tut, und wenn wir etwas wissen müssen, dann wird er es uns schon mitteilen.«
Lilly winkt ab, dreht sich um und verschwindet im Regen, murmelt noch: »Wie auch immer.«
Martinez blickt ihr nach, wie sie im dichten Regen verschwindet. »Er weiß schon, was er tut«, wiederholt er leise,
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