The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
Situation.
»Wo fahren wir hin?«, fragte ich in die Stille.
Joshua griff nach dem Handschuhfach. Sein Arm streifte meine Beine. Ich rutschte herum und betete, dass er meine glühenden Wangen nicht bemerkte. Bei seiner Berührung fuhr ein Prickeln durch meinen ganzen Körper. Ob das an meiner Angst oder an Joshua lag? Jedenfalls war es ein seltsames Gefühl. Er öffnete das Handschuhfach und nahm eine Karte heraus.
»Da.« Er legte sie auf meinen Schoß, klopfte einmal darauf und sah wieder auf die Straße. »Auf der Karte sind mehrere Orte markiert. Ich habe beobachtet, dass sich die Weepers dort versammeln. Ich nenne sie Nester.«
Nester.
Ich faltete die Karte auf und studierte sie. Es war eine Straßenkarte von Los Angeles und Umgebung. Ich packte sie so fest an den Rändern, dass das Papier verknitterte. Auf der Karte war ein Dutzend Kreuze eingezeichnet. So viele. Die Suche würde ewig dauern.
»Wir müssen jedes einzelne Nest überprüfen. Ich glau be, die in Westlake und Jefferson Park sind inzwischen verlassen, aber wir werden trotzdem dort vorbeifahren.«
»Glaubst du, dass dort Weeper sind?«, fragte ich.
»Wahrscheinlich schon. Normalerweise schlafen sie tagsüber. Aber ein paar sind vielleicht auch auf der Jagd. Das ist immer ganz verschieden. Sie sehen sogar unterschiedlich aus. So ähnlich wie Hunde. Ein Chihuahua und eine Dänische Dogge sehen vollkommen unterschied lich aus, aber es sind beides Hunde. Mit den Weepers ist es das Gleiche. Manche sind richtige Ungeheuer mit Fell, andere könnten fast als normale Menschen durchgehen.«
Ich versuchte, mir das vorzustellen. Bisher hatte ich nur einen Weeper gesehen, und das im Halbdunkel des Supermarkts. Seine wilden Augen allerdings würde ich niemals vergessen.
»Karen hat mir erzählt, dass du sie jagst.«
»Seit dem Tag, an dem ich diesen verdammten Bunker verlassen habe.« Seine Stimme klang sehr hart.
»Hast du keine Angst? Sie hat mir auch gesagt, dass du schon öfter verwundet worden bist. Sie könnten dich töten.«
Joshua sah mich an, als läge die Antwort auf diese Frage klar auf der Hand. Tat sie aber nicht – zumindest nicht für mich.
»Manchmal, wenn ich nachts auf die Jagd gehe und spüre, wie sie in den Schatten lauern, habe ich Angst.« Er zuckte mit den Schultern, als wäre das keine große Sache. »Aber dann denke ich daran, was sie getan haben und wie viele Menschen ich retten könnte, und dann ist meine Wut stärker als die Angst. Das sind Bestien. Sie schlafen, essen und töten. Das ist alles, was sie tun. Mehr nicht.«
Ich holte tief Luft. Das war nur schwer zu verdauen. Er schien sich so wenig um seine eigene Sicherheit, um sein Leben überhaupt zu kümmern. »Hast du denn schon mal jemanden gerettet?«
»Ich habe ein paar Leute nach Safe-haven gebracht. Aber nur Tyler hat überlebt.«
»Sie sind alle gestorben?« Ich musste meine schweißnassen Hände an meiner Jeans abwischen. Was, wenn Dad auch starb? Riskierten wir unser Leben dann ganz umsonst?
Joshua nickte. »Einige waren sehr schwer verletzt und erlagen ihren Wunden. Andere sind an der Tollwut gestorben. Ein paar haben die Krankheit überlebt, aber sie haben sich verwandelt.« Er biss die Zähne zusammen, das einzige Anzeichen einer Gefühlsregung. »Sie wurden zu Weepers.«
»Und was ist dann mit ihnen passiert?« Ich hielt die Luft an. Meine Fingernägel bohrten sich in den Stoff meiner Jeans. Ich hatte ein sehr ungutes Gefühl.
Joshua lachte bitter auf. »Was glaubst du denn? In Safe-haven konnten sie nicht bleiben. Hätten wir sie laufen lassen sollen?«
Ich atmete aus. Die Luft wich hörbar aus meiner Lunge. Mein Mund war ganz trocken. »Hast du sie umgebracht?«
»Geoffrey oder ich. Wir hatten keine Wahl. Sie wussten, wo Safe-haven lag. Sie wären zurückgekommen und hätten uns alle getötet.«
Ich leckte mir über die Lippen, aber mein Mund war immer noch staubtrocken. »Du hast das Richtige getan.«
»Manchmal bin ich mir da gar nicht so sicher. Es ist leichter zu ertragen, einen Weeper zu töten, der die Straßen unsicher macht. Aber jemanden umzubringen, den man vorher als Mensch gekannt hat ...« Seine Stimme versagte.
Einen Augenblick lang saßen wir schweigend da. Ich rutschte auf meinem Sitz herum. »Karen hat gesagt, dass Tyler schwer verletzt war.« Ich zupfte an den Rändern der Karte herum.
»Ja, Tyler war ziemlich fertig. Erst lag er in einem Fieberdelirium. Er hat ständig irgendwas vor sich hin gemurmelt, aber sobald er wieder
Weitere Kostenlose Bücher