The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
gewechselt.
Er versteifte sich, und sein Kiefermuskel zuckte. Er sah mich an, dann wieder weg. »Das ist keine gute Idee.«
Ich verschränkte die Arme und lehnte mich zurück. Was war nur los mit ihm? »Warum nicht? Da wären wir sicher. Eine Stahltür können selbst die Weepers nicht aufbrechen.«
Er rutschte auf seinem Sitz herum und umklammerte das Lenkrad mit weißen Knöcheln. Ich wartete auf eine Antwort, aber er starrte nur schweigend auf die Straße. Ich sah ihn weiter an, fest entschlossen, eine vernünftige Antwort zu erhalten. Am besten eine Antwort, die aus mehr als nur einem Wort bestand.
»Also gut!« Er funkelte mich wütend an. »Dann blei ben wir eben die Nacht über in einem verdammten Bunker.«
Er nahm die linke Hand vom Steuer und fuhr sich durchs Haar. »Hör mal, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien.«
»Ist schon okay. Es ist nur … manchmal verstehe ich dich einfach nicht.« Ich schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte.
»Normalerweise bin ich allein auf der Jagd. Das ist viel einfacher.«
Ich fühlte mich, als hätte er mir ins Gesicht geschlagen. »Tut mir ja so leid, dass ich dich aufhalte.«
Er stöhnte auf. »Du hältst mich nicht auf. So war das nicht gemeint.«
»Hat aber so geklungen.«
Er schüttelte den Kopf. »Du verstehst das nicht.«
»Vielleicht ja doch.«
Er lachte. Es war kein fröhliches Lachen. »Hast du schon mal jemanden verloren, für den du verantwortlich warst?«
»Machst du Witze?«
Plötzliche Einsicht zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Ach so, dein Dad. Stimmt ja. Aber eigentlich hätte er auf dich aufpassen müssen und nicht umgekehrt. Er ist der Erwachsene.«
»Ich bin mitgekommen, um ihn sicher wieder zurück zu unserer Familie zu bringen. Ich hätte ihm helfen sollen, aber ich konnte nicht.« Auf einmal hatte ich einen Kloß im Hals. »Ich habe ihn im Stich gelassen.«
»Nein, hast du nicht.« Joshua wirkte sehr bestimmt. »Du hast gekämpft. Du hast versucht, ihm zu helfen, und jetzt riskierst du alles, um ihn zu retten.«
Ich wollte ihm so gerne glauben. Aber ich konnte nicht aufhören, mir weiter die Schuld zu geben. Der Kloß in meinem Hals wurde größer. Vielleicht wäre das alles nicht passiert, wenn Bobby Dad begleitet hätte. Ich holte tief Luft, dann sah ich Joshua an. »Ich weiß, was es bedeutet, jemanden zu verlieren, für den man verantwortlich ist. Und jetzt erzähl mir, was das mit der Jagd zu tun hat.«
»Wenn ich alleine auf die Jagd gehe, riskiere ich nur mein eigenes Leben. Wenn ich Mist baue, fällt es nur auf mich zurück. Nur ich muss den Preis dafür bezahlen, niemand sonst. Aber wenn du dabei bist, habe ich viel mehr zu verlieren. Mein Versagen kann deinen Tod zur Folge haben. Es wäre meine Schuld.«
»Aber du bist nicht für mich verantwortlich. Wir suchen nach meinem Vater. Du hilfst mir. Du riskierst dein Leben, obwohl du keinen Grund dazu hast. Wenn mir etwas zustößt, ist es ganz allein meine Schuld, nicht deine.«
»Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist? Ich würde mir immer Vorwürfe machen.«
Ich wusste ja, dass es nicht so einfach war. Ich machte mir schließlich auch wegen Dad schwere Vorwürfe, egal, was Joshua sagte. Wenn wir ihn nicht fanden, würde ich mir das nie verzeihen.
»Ich kann auf mich selbst aufpassen. Uns wird schon nichts passieren. Wir finden meinen Vater und fahren nach Safe-haven zurück. Alles wird gut.« Leider war die Zuversicht in meiner Stimme nur vorgetäuscht.
»Ja. Alles wird gut«, pflichtete Joshua mir bei.
Wir schwiegen die restliche Fahrt über.
Joshua parkte vor einer öffentlichen Bibliothek. Das Gebäude war aus weißem Stein mit einer früher sicher einmal sehr gepflegten Rasenfläche drumherum. Jetzt war das Gras viel zu hoch, und Unkraut wucherte auf den Gehwegen. Immerhin war die Bibliothek bei der Bombardierung nicht zerstört worden.
»Unter dem Gebäude ist ein Bunker.« Joshua nickte in Richtung Haupteingang.
Er nahm den Rucksack vom Rücksitz, dann gab er mir weitere Patronen und eine neue Pistole, da ich eine von meinen beiden heute Morgen verloren hatte. Wenn ich so weitermachte, würden wir bald ohne Waffen dastehen.
Wir stiegen aus und sahen uns um. Eine Gruppe von Raben hatte sich auf dem Bürgersteig versammelt und hackte kreischend aufeinander ein. Etwas Rotes blitzte zwischen ihnen auf. Sie kämpften offenbar um ein Stück Fleisch. Vielleicht nur eine tote Katze.
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