The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
hielten inne und lauschten. Alles war ruhig. Ob die Weepers das Knacken der Strebe gehört hatten?
Nach ein paar Minuten standen wir auf dem Dach. Von hier aus konnte man fast den gesamten Hafen überblicken. In weiter Entfernung bemerkte ich eine Bewegung in der Nähe einer der Werften.
Weepers?
Die Werft war zu weit entfernt. Ich konnte nichts erkennen, so sehr ich meine Augen auch anstrengte. Dann bemerkte ich einen Notausgang auf der gegenüberliegenden Seite des Dachs und machte Joshua darauf aufmerksam. Er nickte und schlich darauf zu. Ich folgte ihm und achtete darauf, dass meine Schuhe keine Geräusche machten. Dann blieb ich ein paar Schritte hinter ihm stehen. Er legte die Hand auf den Türgriff und zog vorsichtig. Ich hielt den Atem an und spähte in das Gebäude. Ich rechnete damit, dass jeden Augenblick ein Weeper auf mich losstürzen würde. Doch uns erwartete nichts als Stille. Eine enge Treppe führte in die tiefergelegenen Stockwerke. Wir betraten das Gebäude und zogen die Tür hinter uns zu. Als sie ins Schloss fiel, zuckte Joshua zusammen. Mit dem Handrücken wischte ich mir die Regentropfen aus dem Gesicht.
»Wir dürfen jetzt nicht das kleinste Geräusch machen. Wenn sie uns zu früh bemerken, sind wir geliefert«, flüsterte Joshua. Seine Augen huschten zum Treppenhaus.
»Okay.« Ich keuchte, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen.
Wir gingen die Treppe hinunter. Das einzige Licht kam durch ein paar kleine Fenster im Treppenhaus. Genug, um einigermaßen etwas erkennen zu können. Wir würden auf jeden Fall mitkriegen, wenn uns etwas angriff. Das hoffte ich zumindest.
Im sechsten Stock betraten wir einen langen Flur mit Dutzenden von Türen. Der Linoleumboden dämpfte unsere Schritte. Er war teilweise mit getrocknetem Blut bedeckt. Ein Anblick, an den ich mich langsam gewöhnte. Die Luft war fast unerträglich feucht. Es stank nach nassem Hund. Angeekelt rümpfte ich die Nase.
»Wir müssen zusammenbleiben.« Joshua warf mir einen besorgten Blick zu.
Ich nickte.
Wir brauchten fast zwanzig Minuten, bis wir in jeden Raum gesehen hatten. Die Zimmer waren völlig leer, daher konnte sich auch nichts darin verstecken. Von Menschen keine Spur.
Auch im fünften Stock hatten wir kein Glück.
So würden wir Dad nie finden. Seite an Seite betraten Joshua und ich den vierten Stock. Der Geruch von nassem Hund und Verwesung wurde stärker. Ich sah Joshua an. Er legte einen Finger auf die Lippen.
In der Nähe ertönte ein Wimmern, das mich zusammenzucken ließ. Ich brachte die Pistole in Anschlag. Es hatte menschlich geklungen – wie ein verängstigtes Kind. Meine Kehle schnürte sich so eng zusammen, dass ich fast nicht mehr schlucken konnte. Joshua ging vorsichtig auf die nächstgelegene Tür zu und öffnete sie einen Spalt. Einen Moment später schüttelte er den Kopf und ging zur nächsten Tür. Ich folgte ihm und warf einen Blick an ihm vorbei in den Raum.
Nur mit Mühe konnte ich einen Schrei unterdrücken. Ich taumelte zurück, bis ich gegen die Wand stieß, und hob die Pistole.
Joshua blieb reglos stehen und richtete ruhig die Waffe auf den Weeper, der zusammengerollt auf einem Stapel alter Zeitungen lag. Er atmete, aber er schien fest zu schlafen. Oder tat er nur so? Er trug eine zerrissene Nadelstreifenhose mit Bundfalten, die vor Jahren wohl zu einem schicken Business-Anzug gehört hatte. Blutige Kratzer und Narben bedeckten seinen haarigen Rücken. Violettes Fleisch schimmerte an den Stellen, an denen sich die Haut abgelöst hatte. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber ich bezweifelte, dass es noch sehr menschlich war. Dass sich ein Mensch in so ein seelenloses Ungeheuer verwandeln konnte, machte mich traurig. Wenn das Ding wüsste, dass wir in der Nähe waren, würde es versuchen, uns zu töten. Ohne Erbarmen. Erbarmen lag nicht in seiner Natur. Erbarmen und Mitgefühl waren menschliche Eigenschaften, die die Weepers einfach abgelegt hatten – so wie ihre Haut.
Wir sollten ihn erschießen.
Ich starrte die schlafende Kreatur an. Sie war früher genau wie Joshua und ich gewesen. Vielleicht hatte ich sie sogar gekannt.
Solange er uns nicht angriff, konnte ich ihn auch nicht töten. Unmöglich. Er konnte ja nichts dafür.
Ich ließ die Waffe sinken, blieb aber weiter vor der Wand stehen. Joshua starrte den Weeper ebenfalls an. Ob er ihn töten wollte?
Sollte ich das verhindern?
Ich zögerte.
Zu meinem Erstaunen schloss er die Tür und wandte sich mir zu.
Er formte
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