The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
angeblich Tausende von Menschen Zuflucht gefunden hat ten. Ich fragte mich, was aus ihnen geworden war.
»Haben sich nicht viele Leute auf Schiffe gerettet, statt in die Bunker zu gehen?«, fragte ich.
Joshua starrte auf die Wellen. »Das habe ich auch ge hört. Keine Ahnung, was mit ihnen passiert ist. Das weiß niemand.«
Ich ließ meinen Blick über das Wasser schweifen, suchte den Horizont ab. »Vielleicht sind sie noch da draußen.«
»Die hätten doch schon lange nichts mehr zu essen. Ich glaube nicht, dass sie es drei Jahre auf einem Schiff ausgehalten hätten. Komm, sehen wir uns mal um.« Er riss mich aus meinen Gedanken.
Mit den Waffen im Anschlag durchkämmten wir den verlassenen Hafen. Der Regen hatte nachgelassen. Jetzt fielen nur noch vereinzelte Tropfen.
Die Größe des Hafens mit seinen vielen Lagerhäusern und Containern erschwerte unsere Suche. Von den Weepers war keine Spur zu sehen, aber wir durchsuchten auch nicht jedes Lagerhaus und jeden Container, geschweige denn auch nur die Hälfte davon. Das hätte ewig gedauert, und so viel Zeit hatten wir nicht – Dad würde auf keinen Fall so lange überleben. Doch darüber wollte ich lieber nicht nachdenken.
Meine Finger zitterten, aber ich hielt die Waffe fest in der Hand. Die Weepers konnten sich überall verstecken. Vielleicht sogar auf einem Schiff.
Das sechsstöckige Gebäude vor uns sah noch heruntergekommener aus als die anderen. Der Großteil der weißen Farbe war abgeblättert, und darunter kam ein schmutziges Grau zum Vorschein. Selbst vor der Zeit, als die Tollwut die Menschen gezwungen hatte, alles stehen und liegen zu lassen, war dieses Gebäude leer gestanden. Irgendwann einmal war es wohl der Büro komplex einer Reederei gewesen.
Eine Blutspur führte hinein. Das Blut war rot. Frisch. Es sah aus, als wäre vor Kurzem jemand in das Gebäude geschleift worden.
Plötzlich packte Joshua meinen Arm mit festem Griff und zog mich zu sich. Als seine Brust gegen meine prallte, trieb es mir die Luft aus den Lungen. Ich keuchte. Er drückte mich gegen die raue Wand des Gebäudes und spannte die Muskeln an. Ich sah ihn besorgt an und wollte gerade etwas sagen, doch er hielt mir seinen Zeigefinger an die Lippen. Bei seiner Berührung kribbelte es in meinem Bauch. Unsere Körper drückten sich so fest aneinander, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte. Ich reckte den Hals, um sein Gesicht sehen zu können. Das feuchte blonde Haar klebte an seiner Stirn. Es war fast bernsteinfarben. Um seinen Mund herum bildeten sich kleine Sorgenfalten.
Jetzt regnete es wieder stärker. Die Tropfen peitschten gegen mein Gesicht. Joshua beugte sich vor und flüsterte mir etwas zu, wobei sein Mund mein Ohr streifte. Sein warmer Atem kitzelte auf meiner Haut.
»Sie sind hier. Ich hab einen vor dem Fenster im zweiten Stock vorbeilaufen sehen. Das ist ein Nest.«
Ich schluckte hörbar und starrte ihn mit großen Augen an. »Glaubst du, dass mein Vater da drin ist?«, flüsterte ich.
»Vielleicht. Wir müssen reingehen und alles durchsuchen.«
Bibbernd atmete ich aus. Ob in diesem Gebäude gerade jemand verblutete? Ich hoffte inständig, dass es nicht Dad war.
Joshua trat einen Schritt zurück, damit ich mich besser bewegen konnte. Dann schlich er zur Tür, wobei er immer ganz nah an der Wand blieb. Ich versuchte, ihm so leise wie möglich zu folgen, aber meine verdammten Turnschuhe waren völlig durchnässt und quietschten. Ich zuckte bei jedem Schritt zusammen. Ob die Weepers mich hören konnten?
Wir schlichen um das Gebäude herum. Auf der Rückseite führte eine Feuerleiter auf das Flachdach. Besonders stabil sah sie allerdings nicht aus. Joshua deutete auf die Leiter. Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte, dann hob ich den Kopf und betrachtete sie genauer. Sie sah aus, als würde sie beim kleinsten Windstoß davonfliegen.
Joshua stieg mit entschlossener Miene hinauf. Er zögerte nicht, auch dann nicht, als die Leiter knarrte. Ich packte den kalten Stahl des Handlaufs so fest ich konnte und folgte ihm. Nach kurzer Zeit hatte ich aufgeholt. Mein Herz klopfte wie wild, und jedes Ächzen des Metalls fuhr mir durch Mark und Bein. Ein paar Mal rutschten meine Turnschuhe auf den nassen Streben ab, aber ich behielt das Gleichgewicht und fiel nicht herunter.
Als wir den dritten Stock erreichten, quietschte die Leiter so laut, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Eine der Streben war lose und gab unter Jo shuas Fuß nach. Wir
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