The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
weitere Gewalt vergehen.
Während meiner Zeit im Bunker hatte ich mich nach Abenteuern gesehnt. 1 141 Tage der Langeweile. Aber nach drei Tagen, in denen ich ständig gekämpft, geblutet und gelitten hatte, kam mir diese Langeweile inzwischen ziemlich reizvoll vor.
Joshua ließ das Fenster herunter. Ein kalter Wind und Regentropfen schlugen in den Wagen.
»Können sie uns nicht wittern, wenn wir die Fenster geöffnet haben?«
»Dafür ist es zu spät. Sie verfolgen uns ja sowieso schon. Außerdem sehen dein Dad und die Frau so aus, als könnten sie ein bisschen frische Luft vertragen. Sonst kippen sie uns noch um.«
Die Pistole lag schwer in meiner rechten Hand. Ich ließ das Fenster auf meiner Seite herunter und steckte den Kopf hindurch. Wind und Regen schlugen mir ins Gesicht und nahmen mir für einen Augenblick die Sicht. Ich kniff die Augen zusammen.
»Sei vorsichtig«, mahnte Joshua.
Etwas huschte zwischen zwei Büschen vorbei. Ein Weeper.
»Nimm die Schrotflinte«, sagte Joshua.
Die Frau auf dem Rücksitz fing wieder an zu schreien – hörte das denn niemals auf? –, und Dad stöhnte leise.
»Was?« Ich wirbelte herum. Er hielt mir die Schrotflinte mit ruhiger Hand hin. Warum zitterte ich ständig und er nie?
Ich betrachtete die Waffe und zögerte. Mit einer Schrotflinte hatte ich noch nie geschossen. Ob ich dafür kräftig genug war?
»Nimm.« Joshua drückte sie mir in die Hand. Ich nahm sie mit einem mulmigen Gefühl entgegen. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns bis nach Safe-haven folgen. Wenn sie uns angreifen, verlieren wir unser Zuhause.«
Ich legte die Pistole auf meinen Schoß und lehnte mich mit der Schrotflinte aus dem Fenster.
Dann schoss ich auf jeden Weeper, der in Sicht kam, aber sie waren schnell und ziemlich clever. Der Wind rüttelte an den Büschen und Bäumen, und die vielen Bewegungen verwirrten mich.
Nach wenigen Minuten hatte ich so gut wie keine Munition mehr. Wenn ich nicht schnellstens lernte, besser zu schießen, waren wir auf verlorenem Posten.
Ein Weeper brach aus dem Gebüsch neben der Straße und rannte auf den Highway. Keuchend legte ich den Finger auf den Abzug. Er rannte auf allen vieren, sah aber noch sehr menschlich aus. Hautfetzen flatterten wie Krepppapier im Wind. Ich legte an. Bevor ich abdrücken konnte, war er im Gebüsch verschwunden. Ich schoss auf das Gestrüpp, bis die Waffe leer war. Dann tastete ich nach der Pistole auf meinem Schoß, bereit, sofort weiterzuschießen, wenn er sich wieder zeigte.
Du bist ja eine richtige Kriegerin geworden, was?
Ich lockerte den Griff um die Waffe und hielt den Atem an. Dann schloss ich die Augen. Ich musste mich zusammenreißen.
Nicht, weil ich es so wollte. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich niemals eine andere Kreatur töten.
Warum ließen sie uns nicht einfach in Frieden? Warum zwangen sie mich dazu, sie zu töten? Einerseits hasste ich sie dafür, dass sie mir keine Wahl ließen. Andererseits drohten mich meine Schuldgefühle zu erdrücken.
Schnell konzentrierte ich mich wieder auf das Hier und Jetzt. Ich sah mich um. Wo war der Weeper hin?
Alles wirkte friedlich.
»Sie sind weg.« Ich strengte die Augen an. Der Wind hatte gedreht. Er blies mir das Haar ins Gesicht, so dass ich nichts mehr sehen konnte. Ich wischte die Strähnen beiseite, aber sie wurden mir sofort wieder in die Augen geweht.
»Ich kann sie auch nicht mehr sehen.« Joshua klang wieder sehr ruhig. »Mach das Fenster zu. Vielleicht haben sie aufgegeben. Lange können sie mit einem Auto nicht mithalten.«
Es regnete wieder stärker. Als die ersten dicken Regentropfen auf mein Gesicht klatschten, zog ich den Kopf ein, schloss das Fenster und beobachtete weiter wachsam die Umgebung. Sobald sich in den Büschen etwas bewegte, würde ich darauf schießen. Sogar durchs Fenster, wenn es sein musste. Ich warf einen Blick über meine Schulter auf den Rücksitz.
Dad standen die Schweißtropfen auf der Stirn. Er hatte den Mund geöffnet und atmete kurz und stoß weise. Ich berührte sanft sein Knie. Er zuckte zusammen, riss erschreckt die Augen auf, schloss sie aber sofort wieder. Er wirkte so schwach, so verwundbar. Am liebsten hätte ich ihn umarmt und getröstet, aber momentan konnte ich nichts für ihn tun. Ich fühlte mich so hilflos. Wir mussten ihn so schnell wie möglich zu Karen bringen. Sie würde schon wissen, was zu tun war.
Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit der wimmernden Frau neben ihm zu. Sie zitterte am ganzen
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