The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
ihn voller Dankbarkeit an. Dann begriff ich, dass ich im Grunde meines Herzens Joshua und Quentin dabei helfen wollte, Beweise gegen die Regierung zu sammeln. Es war von Anfang an meine Idee gewesen, und jetzt wollte ich auch dafür sorgen, dass sie ein Erfolg wurde.
»Ich nehme das Heilmittel mit«, sagte Tyler. »Geoffrey und ich können zu eurem Haus in L.A. fahren. Wir müssen ja nicht auf dich warten.«
Ich konnte nicht glauben, dass Tyler dieses Risiko für mich eingehen wollte. »Willst du das nicht selbst machen?«, fuhr Joshua dazwischen.
»Das ist immer noch möglich«, sagte Quentin. »Ich will nicht länger als nötig auf dieser Seite des Zauns bleiben. Wir können es in einem Tag schaffen. Wenn wir uns beeilen, könnten wir die anderen sogar einholen. Je größer die Gruppe, desto langsamer kommt sie voran.«
Ich sah Joshua an. Er wollte mich nicht dazu über reden, mit ihm zu kommen, doch seine Augen verrieten ihn. Egal, was passierte – er wollte mich an seiner Seite haben. Und er wollte in meiner Nähe sein, um mich zu beschützen.
Ich nahm alle Röhrchen bis auf eines aus dem Rucksack – nur für den Notfall – und reichte sie Tyler, der sie in seine eigene Tasche stopfte.
»Könntet ihr ein Auto auf der anderen Seite des Zauns für uns abstellen?«, fragte Joshua. »Gut möglich, dass wir verfolgt werden und keine Zeit haben, lange nach einem Fahrzeug Ausschau zu halten.«
»Klar. Ich verstecke es im Gebüsch neben dem Tunneleingang.«
Ich umarmte Tyler. »Viel Glück«, flüsterte ich. Nach einem Augenblick erwiderte er die Umarmung. »Euch auch«, sagte er. »Und pass schön auf Joshua auf, ja?«
»Das werde ich.« Jetzt fiel mir ein weiterer Grund ein, weshalb ich nicht mit Tyler und den Undergrounders kommen konnte: ich wollte Joshua ebenso beschützen wie er mich. Ich musste dafür sorgen, dass er es mit heiler Haut nach Hause schaffte.
Als ich mich von Tyler löste, traten mir Tränen in die Augen. Vielleicht war es das letzte Mal, dass wir uns sahen.
Joshua und Tyler standen sich mit den Händen in den Hosentaschen gegenüber. »Sei vorsichtig«, sagte Tyler und umarmte Joshua kurz.
Quentin streichelte Alexis’ Rücken. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Brust. Zum ersten Mal sah ich die bei den so vertraut miteinander umgehen. Mit einem ver schämten Lächeln trat sie zurück, damit Marty Quentin die Hand geben konnte. Die übrigen Undergrounders scharten sich um ihren Anführer, umarmten ihn und verabschiedeten sich von ihm. Jetzt erst begriff ich, was er für ein Risiko einging, indem er sie in Tylers Obhut begab und uns bei unserem Vorhaben half.
Schließlich stieg Quentin zu Joshua und mir in den alten Nissan, mit dem wir unsere Reise antreten wollten.
Quentin und Joshua saßen vorne, ich auf der Rückbank. Als der Wagen sich entfernte, starrte ich aus dem Rückfenster. Tyler hob die Hand zu einem letzten Abschiedsgruß. Ich winkte ihnen langsam zu, bis sie außer Sichtweite waren.
Eine Eule schrie – ein unheimlicher, beunruhigender Laut. Unser Zelt flatterte im Wind. Äste knarrten, das Laub raschelte in den Bäumen.
Ich starrte in den Schein der Campinglampe. Bobby lag mir gegenüber. Obwohl er sich den Schlafsack bis zu den Ohren hochgezogen hatte, war er noch wach. Dad las ein Buch und passte auf, dass der Sturm das Zelt nicht wegwehte.
Irgendetwas kitzelte mich am Schienbein. Ich schüttelte den Fuß. Wahrscheinlich nur ein Grashalm, der in meinen Schlafsack gerutscht war. Doch dann wanderte das Kribbeln zu meinem Knie hinauf. Ich öffnete den Schlafsack und streckte das Bein heraus. Dad sah von seinem Buch auf.
Ein schwarzer Käfer kroch über meine Haut.
Mit einem Kreischen sprang ich auf und tanzte wild herum, um das Insekt loszuwerden, das sich an mein Knie klammerte. »Nimm es weg!«
Bobby setzte sich lachend auf. »Ist doch nur ein Käfer!«
»Nimm ihn runter!«
Dad stand auf und packte meinen Arm. »Halt still.«
Zitternd hörte ich auf zu zappeln.
Dad beugte sich vor und hob den Käfer auf. »Der ist doch harmlos.«
Er hielt ihn mir hin. Ich wandte mich ab und spürte, wie ich vor Scham errötete.
Bobby lachte sich immer noch kaputt. »Ich kann’s kaum erwarten, Mom von deinem kleinen Tänzchen zu erzählen.«
Dad lächelte mich an. »Alles okay?«
Ich nickte und legte mich wieder auf den Schlafsack. Bobby grinste mich über die Campinglampe hinweg an. Ich streckte ihm die Zunge raus, konnte mir dabei aber ein Grinsen nicht ver
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