The Weepers - Wenn die Nacht Augen hat: Band 2 - Roman (German Edition)
zu spät«, sagte Quentin und rieb sich mit der Hand über das Gesicht.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Wir wollten euch nicht in Gefahr bringen.«
Quentin sah mich an. Er wirkte müde, aber nicht verärgert. »Es war nur eine Frage der Zeit. Wir haben schon viel zu lange am selben Ort gelebt. Wir werden uns irgendwo anders in der Kanalisation häuslich einrichten.«
Ich sah zu Joshua hinüber. Dachte er dasselbe wie ich?
»Warum kommt ihr nicht mit uns?«, fragte ich.
»Wohin denn?«
Plötzlich verstummten die Undergrounders und sahen sich verwundert an.
»Ins Ödland, meint ihr?«, fragte Alexis.
Angst zeichnete sich auf den Gesichtern der Jüngeren ab.
»Ja. Da ist es auch nicht schlimmer als hier. Auf unserer Seite müsst ihr wenigstens nicht in der Kanalisation hausen und Ratten essen. Wir leben in einem alten Missionsgebäude in Santa Barbara, direkt neben dem Ozean. Dort gibt es kein Militär. Zumindest jetzt noch nicht«, erklärte ich.
»Aber da wimmelt es doch von Mutanten«, flüsterte Marty.
»Das stimmt, aber die Weepers bleiben in den Städten. Außerdem sind es nicht so viele, wie ihr vielleicht denkt. Hundertprozentig sicher ist es dort nicht, aber wir passen aufeinander auf. Außerdem ist es heutzutage nirgendwo mehr sicher«, sagte Joshua.
»Heißt das, dass wir draußen rumlaufen können?«, fragte ein Mädchen, das nur wenige Jahre älter als Mia sein konnte. Ihr Gesicht war schmutzig, die Wuschelhaare verfilzt.
»Ja. Wir haben einen Innenhof, in dem wir Gemüse anbauen. Dort gibt’s auch Rosen und Vögel.« Meine Beschreibung des neuen Safe-haven kam mir idyllischer vor, als ich es tatsächlich in Erinnerung hatte. Trotzdem bemerkte ich noch eine leichte Unentschlossenheit auf ihren Gesichtern.
»Warum nicht?«, sagte Alexis nachdenklich. »Hier hält uns ja nichts mehr, oder? Unsere Familien sind tot. Wir werden gejagt.«
»Aber was ist mit den anderen? Sie könnten überall sein«, sagte Quentin. Zwei Dutzend Undergrounders wurden noch vermisst. »Momentan können wir nicht nach ihnen suchen. Gut möglich, dass das Militär die Umgebung beobachtet. Aber wir können sie nicht zurücklassen.« Er holte tief Luft und scharrte mit den Füßen im Staub.
»Wir können auch von der anderen Seite des Zauns etwas unternehmen«, sagte ich. »Wir haben ja noch die Kamera mit den Aufnahmen …«
Siedend heiß fiel mir ein, dass die Flut alles mit sich gerissen hatte. Mir wurde übel – keine Ahnung, ob das an den Nachwirkungen des Virus lag oder der Erkenntnis, dass unsere Anstrengungen umsonst gewesen waren.
»Schon okay«, sagte Joshua. »Ich bin nur froh, dass wir es heil rausgeschafft haben. Wir können den Zaun auch von der anderen Seite aus filmen. Dummerweise haben wir auch die Aufnahmen der Undergrounders verloren.«
Gegen jeden Instinkt, gegen das verzweifelte Verlangen, Dad das Heilmittel zu bringen, ergriff ich das Wort: »Dann müssen wir eben etwas anderes filmen. Die Menschen wissen doch bereits, dass es den Zaun gibt; das reicht nicht. Außerdem brauchen wir einen neuen Camcorder.«
Joshua starrte mich an, bevor er meine Hand nahm. »Willst du das wirklich, Sherry?«, fragte er.
»Du bist echt fest dazu entschlossen, oder?«, fragte Quentin. Seltsamerweise schien Bewunderung in seiner Stimme mitzuschwingen.
»Ja«, sagte ich und dachte fieberhaft nach. Ich drängte einen weiteren Übelkeitsanfall zurück – dafür hatte ich jetzt keine Zeit. »Vielleicht sollten wir uns aufteilen«, sagte ich. »Joshua und ich könnten weitere Aufnahmen machen – vielleicht von der nahegelegenen Militärbasis, in der man dich gefangen gehalten hat. Tyler, du bringst alle anderen und das Heilmittel auf die andere Seite. Was haltet ihr davon?«
Obwohl ich die Frage an Joshua gerichtet hatte, beant wortete sie Quentin als erster.
»Dann führe ich euch zu dieser Basis und schleuse euch ein«, sagte er.
Joshua kniff die Augen zusammen. »Warum? Was springt für dich dabei raus? Ich dachte, du wolltest dich da raushalten.«
Quentin sah mich an. »Ihr habt doch gerade erlebt, was passiert ist. Egal, wo wir uns verstecken – die Regierung wird uns früher oder später aufspüren. Ich habe dieses Versteckspiel satt.« Er holte tief Luft. »Heute haben wir zwanzig von unseren Leuten verloren. Ich werde nicht zulassen, dass diese Arschlöcher noch mehr von uns erwischen.«
Trotz allem gelang es mir zu lächeln. Quentin starrte uns mit grimmiger Entschlossenheit an. »Ihr habt mich
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